Aspiranten von heute sind Apotheker von morgen. Das Aspirantenjahr ist eine Übergangsphase voller Erwartungen, Herausforderungen und Prüfungsstress. Die Ausbildungszeit, um die Berufsberechtigung zu erhalten, ist nicht immer leicht: Eine 40-Stunden-Arbeitswoche trifft auf intensives Selbststudium. Wie es dem pharmazeutischen Nachwuchs geht und was die nächste Generation bewegt hat TARA24 bei Aspirant:innen und dem Aspirantenkurs-Votragenden Mag. René Gerstbauer nachgefragt.
Ende Dezember 2024 waren an der Universität Wien 1.638 Studierende im Bachelorstudium Pharmazie inskribiert, davon absolvierten 208 dieses erfolgreich. Den Masterstudiengang schlossen 129 der 561 eingeschriebenen Studierenden ab. Im Wintersemester 2019 erlangten dagegen nur rund 80 die Möglichkeit ihr Aspirantenjahr in der Apotheke zu beginnen.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Ähnlich wie die Anzahl der Studienabschlüsse steigt auch die Zahl der Aspirantenstellen in den letzten Jahren. Im Jahr 2014 traten österreichweit 243 Menschen ihre Ausbildung in einer Apotheke an. Den Höchststand erreichte die Zahl im Jahr 2021 während der Corona-Pandemie: Damals befanden sich 340 Aspirant:innen in Beschäftigung. In den darauffolgenden Jahren sank die Zahl wieder leicht, und aktuell absolvieren 300 Pharmazeut:innen ihr Aspirantenjahr in einer österreichischen Apotheke.
Aspirantenzahlen: Zur Coronazeit auf Höchstwert
Jemand, der engen Kontakt zur neuen Generation hat, ist Apotheker René Gerstbauer. Er unterrichtet im Rahmen des Aspirantenkurs in Wien Spezialitätenkunde. „Während Corona hatte ich die höchste Anzahl im Kurs“, berichtet der Vortragende. „Damals waren es 90 Teilnehmer:innen, derzeit sind wir wieder bei 60 bis 65 pro Kurs.”
Ähnlich wie die Zahl der fertigen Absolvent:innen schwankt auch das Angebot der offenen Stellen. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte sind in Wien tendenziell mehr Stellen ausgeschrieben, jedoch dürfte in Oberösterreich derzeit eine besonders hohe Nachfrage an Personal bestehen.
Neben der regionalen Verteilung der Stellen beschäftigen viele Aspirant:innen auch andere Fragen – etwa zur Motivation, dem Berufsbild und ihrer Zukunft in der Apotheke.
Was will die neue Generation? Motivation und Berufswahl
Was wünscht nun sich die zukünftige Generation von ihrem Ausbildungsplatz und späterem Arbeitsplatz? Neben einer sinnstiftenden Arbeit mit Menschenkontakt wünschen sich die jungen Pharmazeut:innen vor allem Flexibilität und Verständnis. Variable Arbeitszeiten in der Apotheke, die dem Privatleben und auch der Lernzeit entgegenkommen, ist einer der größten Wünsche. Die Work-Life-Balance rückt immer mehr in den Fokus. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer wichtiger, nicht zuletzt, weil rund vier von fünf Apothekenangestellten Frauen sind.
Die Wertschätzung der Vorgesetzten ist neben der Möglichkeit von Weiterbildungen oder Spezialisierungen essenziell. Auch das gesellschaftliche Ansehen des Berufes zählt zu den treibenden Motivatoren. „Es gibt kaum was Besseres auf der Welt, als wenn ein Kunde zu dir kommt und sich bedankt. Das ist so ein tolles Gefühl“, erzählt eine Aspirantin aus ihrem Berufsalltag.
Darüber hinaus zählen Arbeitsplatzsicherheit, faire Bezahlung und eine wohnortnahe Beschäftigung zu den Kriterien, die eine Stelle attraktiv machen.
„Großer Respekt vor der Prüfung“
Seit einigen Jahren bietet Gerstbauer gemeinsam mit seinen fünf Kolleg:innen Prüfungssimulationen für Aspirant:innen im Rahmen seines Vereins „Austrian Young Pharmacists“ an. Teilweise mehrmals wöchentlich bekommt er so Einblick in die Sorgen und die Motivation der neuen Generation.
Auf die Aspirantenprüfung angesprochen, erzählt Gerstbauer: „Die Aspirant:innen haben schon großen Respekt vor der Prüfung. Einige sind sehr motiviert, andere wiederum sind geschockt, dass sie wieder ein Pharmakologiebuch in die Hand nehmen müssen.“
Die Simulationen seien sehr gefragt und zumeist vollständig ausgebucht, so der Fachmann. „Bei den Simulationen habe ich zunehmend gut vorbereitete Prüfungsanwärter. Sie sind definitiv motiviert und möchten die Prüfung bestmöglich abschließen. Ich fürchte, die etwas uninformierteren Kolleg:innen melden sich gar nicht an“, erzählt der Prüfer und weist damit auf eine gewisse Verzerrung seiner Wahrnehmung in den Simulationen hin.
Dieser Weg wird (k)ein leichter sein
„Meine Prüfung habe ich Ende dieses Jahres. Derzeit arbeite ich Vollzeit und habe auch noch ein kleines Kind zu Hause. Da liegen die Nerven teilweise blank. Manchmal bekomme ich Panik wegen des Lernstoffs“, berichtet eine Aspirantin aus Niederösterreich über die Herausforderungen des Aspirantenjahres.
„Das Aspirantenjahr ist wirklich eine fordernde Zeit. Tagsüber sammelt man Praxiserfahrung im Beruf und abends lernt man noch für die Prüfung. Nach der Prüfung werde ich wohl zunächst eine Teilzeitstelle annehmen. 40 Stunden pro Woche an der Tara zu stehen ist schon sehr anstrengend“, erzählt ein junger Berufseinsteiger. Diese Flexibilität der Stundenanzahl im Job schätzen auch rund 80 Prozent der in Teilzeit arbeitenden Angestellten.
Betrieb und Aspirant:in müssen zusammenpassen
“Nicht immer deckt das Gelernte im Kurs die Anforderungen im Apothekenalltag ab. Da ist es dann schon manchmal stressig, sich das Wissen selbst anzueignen. Auch die Inhalte, die in den Apotheken vermittelt werden, schwanken – das merke ich im Aspirantenkurs beim gemeinsamen Austausch”, erklärt ein weiterer Aspirant.
Über die Zufriedenheit im Betrieb meint Gerstbauer: „Zwei Menschen können in derselben Apotheke völlig unterschiedliche Erfahrungen machen. Die eine hat das Gefühl, nichts zu lernen, während die andere Person die Prüfung mit Auszeichnung besteht und die Ausbildungsstelle als ideal empfindet. Meiner Meinung nach kommt es eher darauf an, dass die Person und die Ausbildungsapotheke zusammenpassen.“ Über schwierige Zeiten in der Ausbildung berichtet er: „Es gibt immer wieder junge Menschen, die Probleme in ihrer Apotheke haben. Gerade in der Coronazeit habe ich davon vermehrt gehört. Manche hatten das Gefühl, dass ihre Ausbildung in der Ausnahmesituation etwas zu kurz kam. Aktuell nehme ich keine ungewöhnlich hohe Unzufriedenheit wahr.“
Das Aspirantenjahr stellt junge Pharmazeut:innen vor Herausforderungen – fachlich, organisatorisch und persönlich. Doch mit der richtigen Begleitung, Wertschätzung und Flexibilität wird daraus eine spannende Erfahrung, die nicht nur auf die Prüfung, sondern auf ein ganzes Berufsleben vorbereitet.