Im Rahmen der Selbstmedikation stehen die Notfallkontrazeptiva Levonorgestrel (LNG, Vikela) und Ulipristalacetat (UPA, EllaOne) rezeptfrei zur Verfügung. Beide Wirkstoffe verschieben den Eisprung – doch es gibt Unterschiede.
Kondom gerissen, Pille vergessen – eine Verhütungspanne ist keine Seltenheit und Betroffene suchen in der Apotheke Rat und Hilfe. Empfohlen werden die Abgabe und die Beratung zu Notfallkontrazeptiva an die Frau persönlich. Auch eine Belieferung auf Vorrat ist im Regelfall nicht angezeigt. Die Abgabe an Mädchen jünger als 14 Jahre wird ohne Einverständnis eines Erziehungsberechtigen nicht empfohlen und die Minderjährigen sollten eine gynäkologische Praxis aufsuchen.
LNG und UPA können zwar vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen, vor sexuell übertragbaren Krankheiten wie Hepatitis, HIV, Tripper, Gonorrhö, Syphilis oder Chlamydien sind die Wirkstoffe jedoch nicht protektiv.
Die Sache mit dem Eisprung
Die Notfallkontrazeptiva können bei rechtzeitiger Einnahme den Eisprung verschieben. Hat dieser bereits stattgefunden, sind beide Substanzen unwirksam. Außerdem besteht nach der Einnahme der Notfallkontrazeptiva kein Verhütungsschutz für den Rest des Zyklus. Nach Anwendung der „Pille danach“ sollte – wenn angewendet – die hormonelle Kontrazeption fortgeführt und bis zum Zyklusende zusätzlich mit einer Barrieremethode verhütet werden.
Im Durchschnitt dauert der weibliche Zyklus 28 Tage. Doch der Zeitraum ist variabel und kann zwischen 21 und 35 Tagen andauern. So individuell wie der Zyklus ist somit auch der Eisprung, zu dessen Zeitpunkt die Konzentration des luteinisierenden Hormons (LH) am höchsten ist. Der Spiegel steigt zwei Tage vor der Ovulation an. In der Theorie kommt es in der Zyklusmitte – also am 14. Tag – zum Eisprung. Nun ist die Eizelle für zwölf bis 24 Stunden befruchtungsfähig. Die größte Chance auf eine Schwangerschaft besteht daher kurz vor dem Eisprung, denn die Spermien können bis zu fünf Tage im weiblichen Körper überleben.
Weil der genaue Zeitpunkt des Eisprungs also nicht genau vorhergesagt werden kann, wird die Einnahme beider Wirkstoffe zu jedem Zykluszeitpunkt empfohlen. Generell sollten Notfallkontrazeptiva nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr so schnell wie möglich am besten innerhalb von zwölf Stunden nach der Verhütungspanne eingenommen werden. Ein 100-prozentiger Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft besteht jedoch nicht.
LNG vs. UPA
LNG ist ein synthetisches Gestagen und kann bis zu 72 Stunden (drei Tage) nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr zum Einsatz kommen. Gleiches gilt für den Progesteron-Rezeptor-Modulator UPA, der darüber hinaus bis zu 120 Stunden (fünf Tage) geschluckt werden kann. Denn: UPA verzögert den Eisprung auch dann noch, wenn der LH-Anstieg bereits begonnen hat.
Levonorgestrel benötigt eine Anlaufzeit von zwei Tagen, diese ist nötig, um den Eisprung zu verschieben. Das bedeutet: Wird der Arzneistoff erst 24 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen, wird der Eisprung erst nach drei Tagen verschoben, vorausgesetzt er hat noch nicht stattgefunden. Ulipristalacetat besitzt eine Anlaufzeit von sechs Stunden.
Liegt der Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehrs länger als fünf Tage zurück, ist die Frau an eine gynäkologische Praxis zu verweisen. Gleiches gilt bei Verdacht einer bestehenden Schwangerschaft.
Wechselwirkungen
CYP3A4-Induktoren können die Wirksamkeit von LNG und UPA mindern. Interaktionen sind unter anderem mit Rifampicin, den HIV-Therapeutika Efavirenz und Ritonavir, den Antiepileptika Phenytoin und Carbamazepin oder Johanniskraut möglich.
Frauen, die innerhalb der letzten vier Wochen vor der Verhütungspanne einen CYP3A4-Induktor eingenommen haben, sollten auf die Anwendung von UPA verzichten. In diesem Fall ist die Kupferspirale, die auch noch fünf Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingesetzt werden kann, eine sichere Alternative. Möglich wäre auch die Gabe der doppelten Menge LNG (3 mg statt 1,5 mg) innerhalb von 72 Stunden nach der Panne.
No-go und zweite Dosis
- Liegen schwere Leberfunktionsstörungen vor, ist die Anwendung beider Wirkstoffe nicht empfohlen.
- Kommt es innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme des Notfallkontrazeptivums zu Erbrechen, ist die Einnahme einer zweiten Dosis empfohlen.
Keine Panik: Menstruation kann sich verspäten
Nach der Einnahme von LNG und UPA kann sich die nächste Menstruation verspäten. In Einzelfällen ist eine Verzögerung um mehr als 20 Tage möglich. Bleibt die Monatsblutung mehr als sieben Tage nach dem errechneten Termin aus, sollte ein Schwangerschaftstest durchgeführt oder eine gynäkologische Praxis aufgesucht werden.
Stillpause einlegen
LNG geht in die Muttermilch über, die Einnahme wird demnach direkt nach dem Stillen empfohlen. Die Frauen sollten zudem eine Stillpause von mindestens acht Stunden einhalten.
Nach der Einnahme von UPA ist eine Stillpause von mindestens einer Woche empfohlen. In der Zeit sollte regelmäßig Muttermilch abgepumpt und verworfen werden. So wird die Milchbildung aufrechterhalten.