Diphenhydramin: Gute Nacht nach guter Beratung


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Schlafpillen in Form von „Z-Z-Z“ sind aus einem Glas verstreut.
Das Allergiemittel Diphenhydramin wird aufgrund seiner (Neben)Wirkung auch als Schlafmittel verwendet.Bohdan/AdobeStock_1378066852

Diphenhydramin ist ein Antihistaminikum der ersten Generation. Aufgrund seiner sedierenden Wirkung wird es oral auch als Schlafmittel eingesetzt. Ein Präparat ist in Apotheken rezeptfrei erhältlich. Es sollte mit sorgfältiger Beratung abgegeben werden. Dabei ist besonders auf Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und die begrenzte Anwendungsdauer hinzuweisen.

Diphenhydramin zählt zu den Antihistaminika der ersten Generation, die die Blut-Hirn-Schranke passieren und dadurch zentral dämpfend wirken.
Es bindet kompetitiv an H₁-Rezeptoren und verdrängt Histamin, wodurch allergische Symptome gemindert und eine sedierende Wirkung ausgelöst wird.

Seine antiemetische Wirkung beruht auf der H₁-Blockade in der Area postrema (dem Brechzentrum).
Darüber hinaus besitzt Diphenhydramin eine ausgeprägte anticholinerge Aktivität durch Bindung an Muskarinrezeptoren, was typische Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit und Benommenheit erklärt.
Aufgrund seiner Serotonin-Wiederaufnahmehemmung gilt Diphenhydramin als strukturelles Vorbild des Antidepressivums Fluoxetin.

Diphenhydramin wird topisch in Salben und Gelen zur Linderung von Juckreiz und allergischen Hautreaktionen eingesetzt.
In oraler Form (Tabletten oder Tropfen) findet es zumeist Anwendung bei der kurzzeitigen Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen.

Empfohlen wird die Einnahme etwa 30 Minuten vor dem Schlafengehen – idealerweise vor Mitternacht, um einen morgendlichen „Hangover“ zu vermeiden. Die die Halbwertszeit beträgt durchschnittlich 5 Stunden.
Bei zu kurzer Schlafdauer (unter sieben Stunden) ist das Risiko für Müdigkeit und Reaktionsverzögerung am Folgetag erhöht.

Hinweise zur Abgabe und Anwendung

Gerade bei der Abgabe des rezeptfrei erhältlichen Arzneimittels (z. B. Calmaben) sollten Patient:innen auf Folgendes hingewiesen werden:

  • In der Selbstmedikation ist Diphenhydramin nur für eine kurzzeitige Anwendung von maximal zwei Wochen vorgesehen.
  • Danach sollte eine Einnahmepause erfolgen und die Situation neu bewertet werden.
  • Generell gilt: Die Behandlungsdauer so kurz wie möglich halten, da bei längerer oder unsachgemäßer Anwendung ein Risiko einer Abhängigkeit besteht.
  • Die Tablette wird mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen, nicht mit alkoholischen Getränken, da Alkohol die sedierende Wirkung additiv verstärkt.
  • Nach der Einnahme ist die Verkehrstüchtigkeit eingeschränkt.

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen typische anticholinerge Symptome wie Müdigkeit, Benommenheit, Mundtrockenheit, Sehstörungen sowie Trockenheit der Nasen- und Rachenschleimhaut.
Bei älteren Patient:innen ist auf die erhöhte Sturzgefahr hinzuweisen.

Gemeinsam mit anderen Anticholinergika etwa Atropintrizyklischen Antidepressiva oder MAO-Hemmern kann es zu Wechselwirkungen kommen. Lebensbedrohliche Komplikationen wie eine Darmlähmung, Harnverhalt oder der akute Anstieg des Augeninnendrucks können folgen.

Eine Kombination mit Antihypertensiva (Clonidin, Methyldopa) kann zu verstärkter Müdigkeit oder Blutdruckabfall führen.
Zudem wurde eine Verlängerung des QT-Intervalls bei der gemeinsamen Einnahme mit Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron), Antiemetika (z. B. Domperidon), Antimykotika (z. B. Fluconazol) oder Antidepressiva (z. B. Escitalopram) beobachtet. Daher ist es essenziell, vor der Abgabe nach Begleitmedikationen zu fragen.

Bei Personen mit Asthma, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, erhöhtem Augeninnendruck, einer Hyperthyreose sollte Diphenhydramin nur mit Vorsicht angewendet werden. Bei einem Alter über 65 Jahren können verstärkte Nebenwirkungen auftreten.

Eine Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht empfohlen. Der Wirkstoff kann in die Muttermilch übergehen und weiters die Milchbildung hemmen.

Sehr selten können sogenannte paradoxe Reaktionen auftreten mit Symptomen wie Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit oder Schlaflosigkeit.
Diese Reaktionen betreffen vor allem Kinder; bei Kindern unter 12 Jahren soll Diphenhydramin nicht angewendet werden.

Vor Allergietests ist die Einnahme mindestens drei Tage vorher abzusetzen, um falsch-negative Ergebnisse zu vermeiden.



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