Eine junge Apothekerin will den Familienbetrieb auf Vordermann bringen. Weil die Bank den Kredit verwehrt, startet sie Crowdfunding. Die Stammkunden unterstützen die Aktion und gaben bereits 80.000 Euro. Auf die “Funder” wartet eine lukrative Verzinsung und auch für die Apotheke lohnt sich das Konzept.
„Am Anfang waren alle erstaunt“, erinnert sich Apothekerin Mag. Susanne Falkensammer. „Auch der Steuerberater hat an der Idee gezweifelt. Von anderen Branchen kennt man diese Form der Geldbeschaffung, aber bei der Apotheke ist es neu.“ Das Prinzip ist einfach und für Apotheke wie Kundschaft eine Win-Win-Situation. „Das geliehene Geld wird mit einer Verzinsung von 10 Prozent in Gutscheinen der Apotheke zurückbezahlt“, erklärt Falkensammer. „Das kleinste Paket, das wir anbieten, sind 500 Euro.“ Einbezahlt wird das Geld auf ein Treuhandkonto. Ab 2026 gibt es dann fünf Jahre in Folge für jeden Unterstützer einen Apotheken-Gutschein in Höhe von 110 Euro. „Dieser ist auch übertragbar und man kann ihn sogar als Geschenk verwenden”, so die kreative Initiatorin.
Erste Stufe erreicht
Bisher sind 80.000 Euro im Crowdfunding-Topf gelandet. Damit ist das erste Ziel erfüllt, das bis zum 1.6. erreicht werden sollte. Im besten Falle werden es noch 350.000 Euro. Dann lassen sich alle Umbaupläne der jungen Pharmazeutin verwirklichen. Die will nämlich möglichst bald die Apotheke auf Vordermann bringen. „Die Offizin ist sehr klein und finster, die Einrichtung eher dunkel und wir haben überhaupt keine Parkplätze“, berichtet die Jungapothekerin von nicht mehr zeitgemäßen Umständen. Die Apotheke hat sie aus einer Zwangslage heraus übernommen. „Meinem Vater ging es gesundheitlich nicht gut, deshalb wollte er den Familienbetrieb verkaufen. Aber der Erlös, den er erzielen hätte können, war schlichtweg nicht ausreichend.“
Also startete die Tochter, die zu dem Zeitpunkt im Sport- und Ernährungsbereich erfolgreich selbstständig war, einen zweiten Anlauf im Pharmaziestudium, legte auf die zwei Semester, die sie bereits früher absolviert hatte, noch sieben drauf und hatte nach Corona ihr Diplom in der Tasche. Nun ist ihr Ziel, die Bilanz der Apotheke zu verbessern. Das erfordert Einsatz, denn die Umstände sind nicht günstig. „Als mein Großvater die Apotheke vor 71 Jahren gegründet hat, war das hier eine Top-Lage. Mitten im Zentrum.“ Jetzt ist im Umfeld kein einziges Geschäft mehr angesiedelt. Die Frequenz bringenden Supermärkte sitzen am Stadtrand – so wie die zweite Apotheke der Stadt. Weiteres Manko: „Außerhalb der Stadtgrenze finden sich praktisch nur Ärzte mit Hausapotheke“, erklärt Falkensammer. „Deshalb müssen wir uns verändern. Ich glaube fest, dass wir mit Beratung, Service und Parkplätzen punkten können.“
Auf Apothekensituation aufmerksam machen
Die ursprünglichen Bedenken ihres Steuerberaters, dass man durch die offensive Aktion die schlechte finanzielle Lage der Apotheke publik macht, teilt die Apothekerin nicht. „Ich finde, man darf ruhig sehen, dass es den Apotheken nicht mehr so gut geht, wie früher“, sagt die Unternehmerin selbstbewusst. „Und zum Glück haben wir eine Kundenklientel, der es wichtig ist, dass die Apotheke bestehen bleibt.“ Die Neo-Chefin blickt optimistisch in die Zukunft und hat für die Apotheke auch selbst einen hohen Preis bezahlt: „Dass ich meinen alten Job aufgebe und das Studium nachhole, war eine Familienentscheidung. Die musste auch mein Partner mittragen.” Und letztendlich hat die Apothekerin für das Studium – und damit in Folge den Fortbestand der Apotheke – nicht nur viel Zeit, sondern auch ihre Ersparnisse geopfert.

Startschuss für das Bauprojekt ist bereits nächste Woche. “Wir gehen es im Stufenverfahren an”, erzählt Falkensammer, „Quasi erst die Offizin, dann mit etwas mehr Crowdfunding-Budget, das hoffentlich noch kommt, das Kosmetikinstitut, die Parkflächen und so weiter.” Bis Ende des Jahres wird feststehen, wie groß die Veränderung ausfallen kann. Geldgeber:innen sind also weiterhin herzlich willkommen.