Gut vernetzt: Die Kunst der Gelbildung in der Apotheke


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Eine Gel-Portion ist herzförmig auf einem Untergrund aufgeschmiert.
Bei der Herstellung eines Gels gibt es einiges zu beachten.Bidzilya/AdobeStock_486278852

Ob kühlend, pflegend oder wirksam – Gele sind wahre Allrounder. Doch Gel ist nicht gleich Gel: Die Auswahl des passenden Gelbildners entscheidet über Stabilität, Verträglichkeit und Arzneistofffreisetzung. Dieser Artikel bietet einen kompakten Überblick über die wichtigsten Geltypen, ihre Eigenschaften und praktische Anwendungstipps – von Carbomeren bis zu Cellulose-Derivaten.

Gele sind definitionsgemäß gelierte Flüssigkeiten, die mithilfe eines geeigneten Quellmittels hergestellt werden. Dabei handelt es sich um fein disperse Systeme, die aus mindestens zwei Phasen bestehen, welche sich vollständig durchdringen. In der galenischen Einteilung unterscheidet man grundsätzlich zwischen lipophilen Oleogelen und hydrophilen Hydrogelen.

Merkhilfe: Gelbildner-Konzentrationen

  • Lipogele: ca. 7 Prozent Aerosil
  • Cellulose-Gele: 1 bis 5 Prozent, je nach benötigter Viskosität
  • Carbopol-Gele: 0,1 bis 2 Prozent
    • wässrige Grundlage: 0,1 bis 0,5 Prozent
    • ethanolhaltige Grundlage: 0,5 bis 1 Prozent (über 70 Prozent Ethanol bis zu 2 Prozent)

Oleogele

Oleogele bestehen üblicherweise aus flüssigem Paraffin in Kombination mit Polyethylenen oder fetten Ölen. Die Gelbildung erfolgt hier durch Zusatz von kolloidalem Siliciumdioxid (Aerosil), Aluminium- oder Zinkseifen. In der magistralen Rezeptur der Apotheken spielen Oleogele allerdings nur eine untergeordnete Rolle.

Ein typischer anorganischer Gelbildner für diese Zubereitungen ist das hochdisperse Siliciumdioxid, bekannt unter dem Handelsnamen Aerosil.

Hydrogele

Hydrogele finden in der Apothekenpraxis deutlich häufiger Anwendung. Ihre Grundlage besteht meist aus Wasser, Glycerol oder Propylenglykol. Durch Zugabe eines geeigneten Gelbildners – zum Beispiel StärkeCarbomereCellulose-Derivate oder Silikate – wird die Lösung zum Quellen gebracht.

Nicht selten enthält die wässrige Grundlage auch Alkohol, wobei hier besonders auf die Verträglichkeit geachtet werden muss, insbesondere bei sensibler oder geschädigter Haut.

Carbomer-Gele

Carbomer-Gele zählen zu den synthetischen Gelbildnern. Sie bestehen aus Polyacrylsäure-Derivaten, die zur Gelbildung zunächst neutralisiert werden müssen. Erst durch Zugabe einer alkalischen Lösung kann sich die Polyacrylsäure „entrollen“, wodurch es zur Quervernetzung und Gelbildung kommt.

Zur Neutralisation kommen verschiedene Basen infrage:

  • Ammoniak (NH₃) – in älteren Rezepturen, praktisch nicht verwendet
  • Natronlauge (NaOH)
  • Trometamol (TRIS) – in der Praxis bevorzugt
  • Triethanolamin (TEA) – heute obsolet, da potenziell karzinogene Nitrosamine entstehen können

Achtung: Der häufig verwendete Begriff „Carbopol“ ist ein geschützter Markenname! In der Praxis wird Carbopol® 980 bevorzugt für kutane Anwendungen, während Carbopol® 974P eher auf Schleimhäuten eingesetzt wird.

Wichtige Hinweise zur Verarbeitung von Carbomer-Gelen:

  • stark elektrolytempfindlich, daher kann eine Kombination mit Natriumchlorid problematisch sein
  • inkompatibel mit kationischen Wirkstoffen wie Lidocain oder bestimmten Antiseptika. Für diese empfiehlt sich ein nicht-ionischer Gelbildner, z. B. HEC
  • reaktiv gegenüber dreiwertigen Kationen, wie Aluminium (Al³⁺) – daher sind Aluminiumtuben innen beschichtet, um Wechselwirkungen zu vermeiden
  • pH-empfindlich – keine Kombination mit basischem Erythromycin oder saurer Milchsäure
  • alkoholempfindlich – bei hohen Gehalten an Ethanol muss entweder die Carbomer-Konzentration erhöht oder ein anderer Gelbildner gewählt werden.

Herstellungstipp:
Das eingewogene Carbomer sollte zunächst mit etwas Wasser angerieben, anschließend neutralisiert und dann das restliche Wasser schrittweise zugegeben werden. Zur besseren Haltbarkeit empfiehlt sich die Abfüllung in Tuben.

Cellulose-Ether-Gele

Cellulose-Ether zählen zu den halbsynthetischen Gelbildnern und stehen in zahlreichen Modifikationen zur Verfügung. Die Verarbeitung variiert je nach gewähltem Typ und kann maßgeblich die Konsistenz und Anwendbarkeitdes Gels beeinflussen.

Verschiedene Möglichkeiten der Herstellung:

  • Der Gelbildner wird gleichmäßig auf die Flüssigkeit aufgestreut und unter kräftigem Rühren dispergiert.
  • Alternativ kann der Gelbildner vorab mit Propylenglykol angerieben werden – das erleichtert die Verteilung, führt aber noch nicht zur Quellung.
  • Bei bestimmten Cellulose-Derivaten, z. B. HEC, kann das Einrühren in heißes Wasser die Klumpenbildung minimieren.

Eine Quellzeit von mindestens 30 Minuten ist in allen Fällen empfohlen – in manchen Fällen sind mehrere Stunden ideal.

Wichtig: Zu hohe Alkoholkonzentrationen oder hohe Anteile an Gerbstoffen können die Gelstruktur destabilisieren – hier ist auf Kompatibilität zu achten!

Eigenschaften einiger Cellulose-Derivate:

  • Methylcellulose (MC)
    • Kolloidal löslich in kaltem Wasser, Ethanol und Methanol
    • Unlöslich in heißem Wasser über 50 °C
    • Wird meist in kaltem Wasser aufgestreut
  • Hydroxypropylcellulose (HPC)
    • Löslich in Wasser unter 40 °C und Ethanol
    • Unlöslich in heißem Wasser
    • Inkompatibel mit hohen Elektrolytkonzentrationen (führt zu Aussalzen)
  • Hydroxyethylcellulose (HEC / Natrosol®)
    • Sehr gute Elektrolytverträglichkeit
    • Praktisch unlöslich in Ethanol
    • Kann in Wasser >50 °C gequollen werden, geringere Klumpenbildung
  • Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC / Hypromellose)
    • Kolloidal löslich in Wasser bis 60 °C und in Ethanol
    • Unlöslich in Wasser über 60 °C
    • Inkompatibel mit Phenolen, alkalischen Wirkstoffen und Tanninen

Gelbildner sind unverzichtbare Hilfsstoffe in der modernen Rezeptur. Die Wahl des passenden Gelbildners richtet sich nach dem Arzneistoff, der Anwendungsform und der Kompatibilität.



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