Apotheken sind für die Arzneimittelberatung unverzichtbar und können durch ihre Aufklärungsarbeit auch erheblich zum Klimaschutz beitragen. Mit dem Ziel, genau hier anzusetzen, wurden die Pharmacists for Future (P4F) in Österreich gegründet. Präsidentin und Krankenhausapothekerin Mag. Nina Gludovatz erklärt TARA24 was Narkosegase und Spot-On Präparate mit Klimaschutz zu tun haben. Weiters teilt sie praktische Tipps für den Umgang mit potenziell umweltschädlichen Wirkstoffen.
Eine Leitlinie des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in Großbritannien weist darauf hin, dass eine Optimierung der Arzneimitteltherapie nicht nur die Therapiequalität steigert, sondern auch Ressourcen einsparen kann. Hier können Apothekerinnen und Apotheker einen wichtigen Beitrag leisten.
Trockenpulver-Inhalator als klimafreundliche Alternative
Ein besonders Thema ist der Einsatz von Druckgasinhalatoren. Ein Gerät verursacht laut einer Studie des NICE pro Jahr bis zu 440 Kilogramm CO₂-Emissionen aufgrund seines Treibhausgases, ein Pulverinhalator hingegen nur 17 Kilogramm. „In Zusammenarbeit mit Ärzt:innen kann in der Beratung auf Trockenpulver-Inhalatoren als klimafreundlichere Alternative hingewiesen werden. Natürlich nur wenn dies auch aus klinischer Sicht möglich ist”, erklärt Gludovatz. Dass dies einen spürbaren Unterschied macht, zeigen ebenfalls Daten aus Großbritannien: Bei einer Optimierung der Arzneimitteltherapie können pro 100.000 Einwohner:innen bis zu 202 Tonnen Treibhausgasemissionen sowie 24 Tonnen Müll eingespart werden.
Unterschätz: Spot-On Präparate
Ein weiteres, oft unterschätztes Thema, betrifft die sogenannten Spot-On-Präparate, die bei Haustieren zur Parasitenabwehr eingesetzt werden. „Diese Produkte enthalten Pestizide, deren Wirkung auf die Umwelt vielfach nicht bekannt ist. Während vergleichbare Wirkstoffe in der Landwirtschaft längst streng reguliert oder verboten sind, werden sie bei Tieren nach wie vor nahezu unkontrolliert verwendet“, berichtet Gludovatz. Sie betont, dass diese Chemikalien empfindliche Ökosysteme stören können. Etwa durch die Belastung von Gewässern oder die Gefährdung von Bienenpopulationen.
Katzen oder Hunde sollten daher nach der Anwendung mindestens 48 Stunden lang weder gebadet noch in natürlichen Gewässern schwimmen gelassen werden. „Beim Bürsten und Kämmen der Tiere empfiehlt es sich, das ausgekämmte Haar nicht achtlos in den Garten zu werfen, sondern über den Restmüll zu entsorgen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Vögel die kontaminierten Haare als Nistmaterial verwenden – und damit die Pestizide erneut in die Umwelt gelangen”, gibt sie als Tipp mit.
Diclofenac und Ibuprofen
Ein Beispiel, das häufig in der Beratung auftaucht, betrifft die topische Anwendung von Diclofenac- und Ibuprofen-Gelen. Laut Gludovatz sollte bei der Abgabe solcher Präparate stets der Hinweis erfolgen, dass die Hände nach dem Auftragen zunächst mit einem Papiertuch abgewischt werden – noch vor dem Händewaschen mit Wasser. Das benutzte Tuch sollte anschließend im Restmüll entsorgt werden. Auch ein direktes Duschen nach dem Auftragen solle möglichst vermieden werden, um die Wirkstoffe nicht unnötig in den Wasserkreislauf zu bringen.
Der Hintergrund ist alarmierend: „Diclofenac kann bei Fischen Schäden an Augen und Kiemen verursachen und hat nachweislich zum Massensterben von Geierpopulationen geführt. Diese Vögel fehlen dann als natürliche Aasbeseitiger – mit potenziellen Folgen für die Ausbreitung von Krankheiten.“ Auch Ibuprofen birgt Risiken: Gelangt es ins Wasser, kann es bei Regenbogenforellen Zellschäden hervorrufen und das Wachstum von Wasserflöhen und Schnecken erheblich beeinträchtigen. „In einigen nordischen Ländern dürfen derartige Präparate nur mehr mit begleitender Umweltberatung abgegeben werden“, eine Regelung, die laut Gludovatz auch für Österreich denkbar wäre.
Fachgerechte Entsorgung
Bei der Entsorgung von Medikamenten können Apotheken durch gezielte Aufklärung viel bewirken. „Immer noch werden vermeintlich leere Inhalatoren bedenkenlos in den Hausmüll geworfen. Zum einen stellen sie eine Explosionsgefahr im Restmüll dar und zum anderen enthalten sie häufig noch Rückstände von Wirkstoffen oder Treibgasen. Eine sachgerechte Rückgabe über Apotheken oder offizielle Sammelstellen kann hier helfen, Kontaminationen der Umwelt zu vermeiden“, so Gludovatz.

Ein oft unterschätzter Beitrag sind scheinbar kleine Maßnahmen im Alltag – etwa das Anbieten von biologisch abbaubaren Tragtaschen. Für Gludovatz sind gerade diese kleinen Veränderungen entscheidend: „Die Gesundheit unseres Planeten hängt von vielen Dingen ab. Schon eine kleine Änderung kann eine große Auswirkung zeigen, wenn sie von vielen umgesetzt wird.“
Umweltschutz im Krankenhaus
Auch im intramuralen Bereich gewinnt das Thema „Nachhaltigkeit“ zunehmend an Bedeutung. Die Krankenhausapothekerin Gludovatz berichtet, dass Umweltteams sich etwa mit dem Einsatz von Narkosegasen beschäftigen: Denn das stark umweltbelastende Desfluran – ein Fluorkohlenwasserstoff – hat ein sehr hohes Treibhauspotenzial. „Es wird deshalb unter anderem auf Filter gesetzt. Sie sollen ein unkontrolliertes Entweichen verhindern. Zudem gibt es erste Ansätze, Narkosegase während der Operationen zu recyclen, um den Gesamtverbrauch zu reduzieren. Die Umstellung auf alternative Verfahren oder Gase ist ein wichtiger Beitrag für mehr Nachhaltigkeit in der Anästhesie.“
Ein weiteres Feld ist das sogenannte „Antimicrobial Stewardship“, also der gezielte und rationale Einsatz von Antibiotika. Dies schont nicht nur Ressourcen, sondern beugt auch der Resistenzbildung vor. Gleichzeitig wird die Menge an Antiinfektiva, die in die Umwelt gelangt, gesenkt und somit das Ökosystem entlastet.
Aber auch das bewusste Anpassen von Prozessen kann in Betrieben wie Krankenhäusern einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. So kann auf eine Minderung des ökologischen Fußabdrucks durch ein rationales Bestellwesen geachtet werden. Bestellungen werden hierzu möglichst gebündelt. „In manchen Krankenhäusern werden die Hersteller auch hinsichtlich ihrer Lieferketten und anderer Umwelt-Kriterien beurteilt, auch wenn dies aufgrund fehlender Daten und Informationen oft nicht ganz einfach ist“, so Gludovatz. „Die Interessensvertretungen der Krankenhausapotheker:innen haben zum Thema Nachhaltigkeit in der Krankenhauspharmazie gemeinsam mit der Apothekerkammer bereits ein Positionspapier mit diesem und anderen Punkten verfasst“, fügt sie abschließend hinzu.
Was bleibt, ist ein klarer Appell: Umweltbewusstes Handeln in der Apotheke ist möglich und wichtig. Durch Aufklärung und kleine Verhaltensänderungen lässt sich bereits viel bewirken.