Bisphosphonate senken das Frakturrisiko, doch können sie auch das Leben verlängern? Genaue Daten fehlten bislang, daher befasste sich ein Projekt mit der Auswirkung des Bisphosphonats Alendronat auf eines der am schnellsten alternden Wirbeltiere: dem Türkisen Killifisch (Nothobranchius furzeri). Die Lebensspanne des Fisches konnte verlängert werden, daher vermuten die Wissenschaftler nach Abschluss der Studie eine positive Einwirkung auf das Immunsystem und eine mögliche regulatorische Wirkung bei Tumorzellen.
Alendronat gehört zur Gruppe der Bisphosphonate und wird als First-Line-Therapie bei Osteoporose eingesetzt. Aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Pyrophosphat wird es in den Knochen eingebaut und stoppt dort die Knochenresorption durch eine Hemmung der Osteoklastenaktivität. Der Wirkstoff wird einmal pro Woche verabreicht und, wegen seiner schlechten Absorption, auf nüchternen Magen eingenommen. Aufgrund seiner reizenden Wirkung auf die Speiseröhre sollte Alendronat mit reichlich Leitungswasser und in aufrechter Körperhaltung eingenommen werden. Unlösliche und nicht resorbierbare Verbindungen bilden sich, wenn der Wirkstoff mit Ionen aus Mineralwasser oder Calciumpräparaten reagiert.
Im höheren Alter sind osteoporotische Frakturen mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert. Durch die Reduktion von Femur- oder Wirbelkörperfrakturen senken Bisphosphonate wie Alendronat erwartungsgemäß die Mortalität ihrer Anwender:innen. Studien zeigen jedoch zusätzliche lebensverlängernde Effekte, die darüber hinauszugehen scheinen, heißt es in der Studienbeschreibung. Der zugrunde liegende Mechanismus blieb bislang unerforscht.
Effekte bei onkologischen und kardiovaskulären Erkrankungen vermutet
Um der Frage nach der Lebensverlängerung auf den Grund zu gehen, wurde das Projekt „Wirkungen eines Bisphosphonats bei Nothobranchius furzeri“ ins Leben gerufen. Es wurde vom Wissenschaftsfonds (FWF) bis Ende September 2025 gefördert. Ziel war es, anhand des Modellorganismus Nothobranchius furzeri, dem Türkisen Killifisch, die lebensverlängernde Wirkung der Bisphosphonate zu bestätigen und die zugrunde liegenden zellulären Prozesse zu identifizieren.
„Bisherige Beobachtungen lassen Effekte von Bisphosphonaten nicht nur bei Osteoporose, sondern auch bei onkologischen und kardiovaskulären Erkrankungen vermuten“, berichtet Peter Pietschmann, Leiter des Projekts. „Wir haben mit einer umfassenden Testreihe an der Fischart Nothobranchius furzeri nach Anhaltspunkten gesucht, wie dieser generelle mortalitätssenkende Effekt zustande kommt.“
Türkise Killifische altern wie Menschen
Der Türkise Killifisch hat eine sehr kurze Lebensspanne von durchschnittlich drei bis sieben Monaten, was ihn für die Forschung besonders geeignet macht. Er durchläuft in kürzester Zeit verschiedene Entwicklungsstadien und zeigt bereits ab dem dritten Lebensmonat deutliche Alterserscheinungen, die dem Menschen ähnlich sind: ein signifikanter Rückgang der Osteoblastenzahl, ein reduziertes Knochenvolumen und eine verminderte Wundheilung. Das macht ihn zu einem beliebten Tiermodell in der Altersforschung.
19 statt 18 Lebenswochen
In den Testreihen untersuchten die Forschenden mögliche Ursachen des beobachteten mortalitätssenkenden Effekts. Dazu erhielten 44 Fische im fortgeschrittenen Alter Alendronat über das Aquarienwasser, um die orale Einnahme bei älteren Menschen nachzuahmen. Die Kontrollgruppe bestand aus 45 Tieren.
Signifikante Unterschiede zeigten sich in der Lebensspanne: Bei einer definierten Wirkstoffkonzentration verlängerte sich die Lebensdauer der Killifische von durchschnittlich 18 auf 19 Wochen. Knochenanalysen belegten Veränderungen in der Mineralisation. Es handle sich eher um einen Hinweis auf die tatsächliche Aufnahme des Wirkstoffs, als um eine direkte Beteiligung am lebensverlängernden Effekt, erläutert Pietschmann. Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System konnten nicht festgestellt werden, wohl aber Anzeichen auf positive Effekte im Immunsystem und bei der Tumorregulation.
Verminderte Expression von Zinkfinger-Proteinen
In genetischen Analysen stießen die Forschenden auf eine verringerte Expression bestimmter Zinkfinger-Proteine in der Verum-Gruppe. Diese Proteine stehen im Verdacht, an der Entstehung von Brustkrebs beteiligt zu sein. Ein geringeres Auftreten dieser Proteine könnte somit auf eine potenziell krebshemmende Wirkung hinweisen. Außerdem fanden sich Hinweise auf eine positive Wirkung von Alendronat auf das Immunsystem.
Weitere Studien seien notwendig, um die regulatorische Funktion dieser Proteine besser zu verstehen, betont Pietschmann. Langfristig könnten daraus neue Ansatzpunkte für Krebstherapien entstehen.