Levodopa wird in der Therapie von Morbus Parkinson und des Restless-Legs-Syndroms eingesetzt. Dass eine proteinreiche Kost seine Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt vermindern kann, ist vielen bekannt. Weniger geläufig ist jedoch die Wechselwirkung zwischen Levodopa und Pyridoxin, also Vitamin B6. Muss bei der Einnahme von Levodopa auf das B-Vitamin verzichtet werden, oder ist eine Ergänzung sogar sinnvoll?
Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der Nervenzellen in der Substantia nigra zugrunde gehen. Diese Region des Gehirns ist an der Steuerung von Bewegungsabläufen beteiligt. Die Ursache für das Absterben dieser dopaminproduzierenden Zellen ist nicht abschließend geklärt. Durch den Dopaminmangel kommt es zu den typischen Symptomen: verlangsamte Bewegungen, Zittern sowie Sprech- und Schluckstörungen.
Dopamin selbst kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, seine unmittelbare Vorstufe Levodopa jedoch schon. Ist Levodopa im Gehirn angekommen, wird es über das Enzym Dopa-Decarboxylase in seine wirksame Form, Dopamin, umgewandelt. Damit diese Umwandlung nicht schon in der Peripherie stattfindet, was zu Nebenwirkungen führen und die zentrale Wirkung reduzieren würde, wird Levodopa immer gemeinsam mit einem peripher wirksamen Dopa-Decarboxylase-Hemmer wie Benserazid verabreicht. Das verbessert die Wirkung deutlich und reduziert Nebenwirkungen.
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Vitamin B6, auch Pyridoxin genannt, gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen. Es spielt eine wesentliche Rolle im Aminosäurenstoffwechsel und ist an der Bildung verschiedener Neurotransmitter, darunter Serotonin, GABA und Dopamin, beteiligt. Zusätzlich reguliert es den Homocystein-Stoffwechsel und trägt zur Hämoglobin-Synthese bei.
Bei neurologischen Erkrankungen werden B-Vitamine oft eingesetzt, um Mangelzustände zu vermeiden. Allerdings können hochdosierte B-Vitamine, darunter auch Pyridoxin, mit Arzneistoffen Wechselwirken.
Vitaminmangel bei Morbus Parkinson
Die Parkinsonstiftung weist darauf hin, dass Vitamin-B12- und Vitamin-B6-Mangel bei Menschen mit Parkinson offenbar häufiger auftreten können. Ursache hierfür könnten Wechselwirkungen zwischen Levodopa und dem B-Vitamin-Stoffwechsel sein. Bei hoher Levodopa-Dosis empfiehlt die Parkinsonstiftung eine Bestimmung der Serumkonzentrationen und gegebenenfalls eine Substitution nach ärztlicher Rücksprache.
Auch die aktuelle Leitlinie „Parkinsonkrankheit“ (Stand 01/2025) beschreibt Polyneuropathien, die durch Wechselwirkungen zwischen L-Dopa-Gel und dem Vitamin-B6- bzw. Vitamin-B12-Stoffwechsel begünstigt werden können. Wiederkehrende Mangelsituationen wurden beobachtet, die im schlimmsten Fall zu Lähmungserscheinungen von Füßen und Beinen führen. Insbesondere Vitamin B6 fällt bei hohen Dosen Levodopa oder Carbidopa rasch ab, heißt es in der Leitlinie „Parkinson Krankheit“. Für Patient:innen mit L-Dopa-Gel-Pumpen wird daher eine (prophylaktische) Gabe von Vitamin B12, Vitamin B6 und Folsäure empfohlen.
Warum Vitamin B6 eine Rolle spielt
Die Umwandlung von Levodopa zu Dopamin erfolgt durch die Dopa-Decarboxylase – ein Enzym, das Vitamin B6 als Cofaktor benötigt. Aus pharmakologischer Sicht würde man daher annehmen, dass hohe Vitamin-B6-Dosen die Decarboxylierung verstärken und damit die Wirkung von Levodopa beeinflussen könnten.
Tatsächlich wurde bereits in den 1970er-Jahren beobachtet, dass die Gabe von Vitamin B6 bei Parkinsonpatient:innen, die Levodopa ohne peripheren Decarboxylase-Hemmer erhielten, die Wirkung des Arzneistoffes deutlich abschwächte. Vermutlich wurde die Decarboxylase im Darm durch Pyridoxin aktiviert, wodurch weniger Levodopa in den systemischen Kreislauf gelangte und die Serumkonzentrationen abfielen.
Seit der Einführung der kombinierten Therapie mit peripheren Decarboxylase-Hemmern ist dieses Problem deutlich geringer geworden. Dennoch sind die Empfehlungen nicht immer einheitlich.
Allgemein gilt jedoch:
- Niedrige Vitamin-B6-Dosen gelten bei gleichzeitiger Gabe eines Decarboxylasehemmers als unproblematisch.
- Hohe Vitamin-B6-Dosen können weiterhin eine Wirkungsabschwächung verursachen, insbesondere wenn Levodopa ohne Hemmer gegeben wird.
In der Gebrauchsinformation von B-Vitamin-Kombinationspräparaten (beispielsweise Neurobion, 200 mg Pyridoxin-HCl) wird explizit darauf hingewiesen, dass eine Kombination mit Levodopa zu einer Wirkungsverminderung führen kann.
Auch in der Fachzeitschrift NeuroGeriatrie wird berichtet, dass hohe Vitamin-B6-Dosen die Wirkung schwächen können. Eine tägliche Dosis von etwa 10 mg wird hingegen als unbedenklich eingestuft, sofern Levodopa mit peripherem Hemmer eingenommen wird.
Fazit: Die Dosis macht die Wirkung
Bei der Abgabe von Levodopa sollte auf die mögliche Wechselwirkung mit Vitamin B6 hingewiesen werden.
Niedrige Vitamin-B6-Dosen gelten bei gleichzeitiger Einnahme eines Decarboxylasehemmers als in der Regel unbedenklich, während hohe Dosen oder eine Gabe von Levodopa ohne Hemmer eine Wirkungsabschwächung verursachen können.
Zusätzlich sollte bei Patient:innen mit hoher Levodopa-Dosis oder L-Dopa-Gel-Pumpe regelmäßig der B-Vitamin-Status durch einen Arzt überprüft und gegebenenfalls supplementiert werden.
