Was für die Gesundheit gilt, gilt auch für rechtliche Themen: Vorbeugen ist besser als heilen. Juristin Dr. Karma Hohl weiß, welche Probleme gerade in der Anfangsphase der Apothekengründung auftreten können – und wie man sie vermeidet. TARA24 traf die Rechtsexpertin zum Gespräch über falsche Standort, richtige Zeitpunkte und jüngste gesetzliche Änderungen.
Bei der Apotheken-Neugründung gilt es vieles zu bedenken, von rechtlichen Grundlagen über Standortwahl bis hin zur Finanzierung. Anwältin und Apothekenrechtsexpertin Dr. Karma Hohl weiß, worauf man achten muss und welche Fallstricke es zu umschiffen gilt. Beim von ihr initiierten ApoTalk, einem Netzwerktreffen für zukünftige Apothekenbesitzer:innen, sorgte sie mit Geschichten aus ihrem reichen Erfahrungsschatz für viele Aha-Momente. Mit TARA24 spricht die Juristin über rechtliche Fragen und neue gesetzliche Bestimmungen bei der Apothekengründung.
TARA24: Was ist der Unterschied zwischen einer Neugründung und der Übernahme einer bestehenden Apotheke? Gibt es Unterschiede hinsichtlich des Zeitaufwandes und der Kosten?
Dr. Karma Hohl: Bei der Neugründung einer Apotheke, ich nenne es auch gerne eine „Apotheke auf der grünen Wiese“, kann das Konzessionsverfahren zwischen zwei und fünf Jahren dauern. Die Anlaufkosten einer Neugründung, also die Kosten für Errichtung des Gebäudes, Grundstück, Mietaufwand, Umbau, Betriebsausstattung mit Einrichtung und IT sind jedoch zumeist im Vergleich zu der Übernahme, also dem Kauf einer bestehenden Apotheke, deutlich geringer. Der Kaufpreis einer Apotheke orientiert sich an deren Jahresumsatz, zwischen 80-140 Prozent. Zuzüglich müssen noch der Wert des Warenlagers sowie unter anderem Posten wie die Abfertigung alt und nicht konsumierter Urlaub seitens der Mitarbeiter als Abzugsposten eingerechnet werden.
TARA24: Zu welchem Zeitpunkt der Apothekengründung sollte man sich idealerweise an eine Anwältin/einen Anwalt wenden?
Hohl: Idealerweise sollte der Erstkontakt am Beginn des Weges in die Selbständigkeit erfolgen, um vermeidbare Fehler zu verhindern, sei es die Beantragung einer Konzession am „falschen Standort“ oder etwa der Kauf eines Apothekenunternehmens zu unpassenden Konditionen.
Tara24: Die Haftung des Konzessionärs/der Konzessionärin ist nicht beschränkt – welche Konsequenzen kann das haben? Was sollte man dazu wissen?
Hohl: Eine Apotheke kann in der Form eines Einzelunternehmens oder auch in Form einer Personengesellschaft betrieben werden. Als Einzelunternehmer haftet der Konzessionär unbeschränkt mit seinem gesamten Betriebs- und Privatvermögen. Ebenso im Rahmen einer Kommanditgesellschaft haftet der Konzessionär, als Komplementär dieser Gesellschaft, unbeschränkt wie ein Einzelunternehmen. Sollte die Apotheke in der Rechtsform einer Offenen Gesellschaft betrieben werden, haften jeder Gesellschafter – so auch der Konzessionär – haftungsrechtlich wie ein Einzelunternehmer. Persönlich, unbeschränkt und unbeschränkbar.
TARA24: Welche rechtlichen Neuerungen gab es zuletzt, die für eine Neuübernahme relevant sein können?
Hohl: Die am 29. März 2024 in Kraft getretene Apothekengesetz-Novelle hat zwei wesentliche Neuerungen hervorgebracht:
Erstens, die Festlegung eines Höchstalters für die Erlangung einer Apothekenkonzession auf das 65. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Einbringung des Konzessionsantrags. Die Verfassungskonformität dieser Bestimmung wurde auch vor Kurzem vom Verfassungsgerichtshof bestätigt.
Zweitens, die Erhöhung der notwendigen Anfangsbeteiligung des Konzessionärs am Apothekenunternehmen. Nun liegt die Anfangsbeteiligung in der Rechtsform einer Personengesellschaft bei 51 Prozent. Vor der Apothekengesetz-Novelle 2024 konnte der Konzessionär zunächst mit einer Anfangsbeteiligung von 25 Prozent starten. Dies ging unter anderem mit einer Aufstockungsverpflichtung innerhalb von 10 Jahren einher.
TARA24: Gibt es etwas, das Ihnen besonders wichtig erscheint und Neugründer:innen unbedingt wissen sollten?
Hohl: Sollte das Apothekenunternehmen in Form einer Gesellschaft betrieben werden, ist es ratsam alle Eventualitäten und möglichen Szenarien im zu errichtenden Gesellschaftsvertrag abzubilden. Der Gesellschaftsvertrag wird zu einem Zeitpunkt errichtet, wenn noch ein „gutes Einvernehmen“ zwischen den Mitgesellschaftern besteht. Dies bedeutet auch, dass man sich zu diesem Zeitpunkt noch alle Parameter gut ausverhandeln kann.
Die Denke „das machen wir uns dann schon aus!“, ist nicht ratsam, da es erfahrungsgemäß im Falle von Streitigkeiten viel einfacher ist auf die eine oder andere Vertragsklausel zurückzugreifen. Der Gesellschaftsvertrag sollte daher wohldurchdacht sein und die wechselseitigen Rechte und Pflichten möglichst klar und konkret regeln.