P.Tag in Graz: Haltung macht den Serviceunterschied


Nadine Tröbitscher

P-Tag Graz
Haltung macht den echten Unterschied, weil wir uns Haltung über Jahre erarbeiten, erklärt Hübner.Foto: TARA24

Service ist kein Projekt, sondern eine Haltung, machte Service-Expertin Sabine Hübner heute auf dem P.Tag der Phoenix in Graz deutlich. Für die Wahl-Düsseldorferin kommt es dabei auch auf den Unterschied zwischen Haltung und Einstellung an. Denn ihr zufolge haben viele eine Einstellung, aber nur wenige eine echte Haltung.

Hübner machte den Unterschied deutlich: „Haltung ist eine bewusste Entscheidung, die jeder für sich trifft“ und somit eine persönliche Entscheidung. „Haltung fängt immer bei einem selber an. Haltung ist immer Handeln – ist immer das, was wir tun, wenn keiner hinschaut.“ Stichwort Service: „Die Servicehaltung ist nicht kopierbar und macht uns einzigartig – wie menschlich, wie persönlich sind wir.“

Haltung macht den echten Unterschied, weil wir uns Haltung über Jahre erarbeiten, erklärt Hübner weiter. Somit ist sie die Persönlichkeit eines Unternehmens. Wir leben in zunehmend digitalen Zeiten – wird es da überhaupt noch Raum für persönlichen Service geben, fragt die Expertin. Die Antwort ist deutlich: „Es ist kein ,Entweder-oder‘, sondern ein ,Sowohl-als-auch‘.“

Je digitaler die Welt wird, desto größer wird der Anspruch an die Qualität der persönlichen Begegnung, ist Hübner sicher. Der persönliche Kontakt wird wichtiger und somit erhöht sich der Anspruch an Zuwendung, Empathie und Persönlichkeit. „Wenn wir als Menschen in der digitalen Welt einen Unterschied machen wollen, müssen wir menschlicher werden.“

Exzellente Servicekultur

Die Servicekultur von Apotheken steht für Hübner auf drei Säulen. Zum einen Dienstleistungen mit Mehrwert flankierend zum Kernprodukt. Dabei gelte es herauszufinden, welche Engpässe Kund:innen haben. Denn nur wenn Engpässe bedient werden, sind Dienstleistungen erfolgreich, ist Hübner sicher. Engpässe wie beispielsweise Zeitmangel oder fehlendes Know-how zeigen sich, wenn Kund:innen Fragen stellen und Apotheken reflektieren, warum diese Frage gestellt wird. Möglicherweise verbergen sich dahinter ein Engpass und zugleich eine Dienstleistung für die Apotheke.

Service und Dienstleistungen können nicht angefasst werden und erfordern Vertrauen. Dabei gelte das Schlüsseldienstprinzip und die Dienstleistung braucht viel Inszenierung und viel mehr Kommunikation. Denn der Wert der Dienstleistung lässt sofort nach, wenn diese vollbracht ist.

Die zweite Säule sind Abläufe, Prozesse und Standards für Services. Dabei müssen die Abläufe so optimiert und standardisiert werden, dass viel werthaltige, menschliche Zeit für die Beratung und Zuwendung zu Kund:innen da ist. Konkret geht es um eine bessere Kombination von Prozessen – auch digital und automatisiert – und Freiraum, um mehr Ressourcen für die menschliche Begegnung zu haben. Apotheken müssen herausfinden, wo es aus der Sicht der Kund:innen nicht-werthaltige Kontaktpunkte gibt, die digitalisiert werden können, um mehr Zeit für echte Kontaktpunkte zu haben.

Die dritte Säule sind Menschen, die sich kümmern und Zuwendung schenken – um Menschlichkeit. Und die zeigt sich auch in der Fehlerkultur. Ein Fehlverhalten entschuldigen Kund:innen nicht, einen Fehler hingegen schon, wenn Gesicht gezeigt und sich nicht weggeduckt wird, ist Hübner sicher.

Was könnte fehlen?

Gelebte Servicekultur ist die Summe der Geschichten, die sich die Menschen erzählen, so Hübner. Nur dann können auch neue Geschichten geschrieben werden. Dabei stelle sich die Wenn-Dann-Frage: „Wenn ich die Geschichte eines Menschen kenne, macht das den Unterschied zum Online-Handel. Die digitale Welt kann nicht einfühlsam sein.“

Wie bewerten Kund:innen Qualität?

Qualität wird in vier Merkmale unterschieden:

  • Potenzialqualität: Was brauchen wir, um ein Geschäft zu betreiben? Dazu gehören beispielsweise Parkplätze, Produktpalette, Einrichtung, Lage, Schaufenster und Licht. Die Faktoren entscheiden, ob Kund:innen in eine Apotheke gehen. 
  • Prozessqualität: analog und digital – beschreibt alle Abläufe
  • Begegnungsqualität: Sie bleibt den Menschen am präsentesten und spielt die größte Rolle bei der Frage, ob Kund:innen wieder in die Apotheke kommen.
  • Ergebnisqualität: Summe der ersten drei Qualitäten

Drei Arten von Wow-Effekt

Auch beim Wow-Effekt wird in drei Arten unterschieden – den standardisierten Wow-Effekt, der einen festen Ablauf darstellt, beispielsweise die Art, wie eine Probe übergeben wird. Der situative Wow-Effekt entsteht aus der Interaktion. Empathie und Kreativität spielen eine entscheidende Rolle. Der Effekt kann nicht multipliziert werden, da er aus der Situation entsteht. Der systematisierte Wow-Effekt – dahinter stecken Daten – ist die Kombination aus allen drei Wow-Effekten und entsteht aus der Datengrundlage. „Ich habe einen Standard und reagiere auch situativ“, so Hübner – ein anlassbezogenes Wow. „Service ist nicht nur etwas, was wir für den Kunden machen, sondern auch für uns selbst. Service ist auch ein bisschen egoistisch.“



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