Wer die Wahl hat, hat die Qual – Hilfe beim Apothekenstandort


Viktoria Gamsjäger

Sachverständiger Schmit bei seinem Gründungsevent. Er steht mit gefalteten Händen vor einem Bildschirm, an dem seine Vortragsfolien zu sehen sind. Er trägt einen Schwarzen Anzug und ein blaues Hemd.
Fachmann Schmit erklärt worauf es bei der Apotheken-Standortsuche ankommt.TARA24

Das Sprichwort „Wer die Wahl hat, hat die Qual“ bewahrheitet sich besonders bei der Suche nach dem passenden Apothekenstandort. Für die Neugründung einer Apotheke reicht es nicht nur, einen verfügbaren Ort zu finden, dieser muss auch vielversprechend sein. Ein Gutachten zur Standorteinschätzung durch einen Experten oder einer Expertin kann die Suche erheblich erleichtern und das Risiko einer Konzessionsablehnung deutlich verringern. Wann man sich idealerweise an eine Fachperson wendet und worauf sonst noch zu achten ist: TARA24 hat beim zertifizierten Sachverständigen mit Spezialisierung auf Bedarfsprüfungen, DI Thomas Schmit, nachgefragt.

Die Gründung einer Apotheke ist ein äußerst komplexer Prozess, der fundiertes Fachwissen erfordert. So kann es nicht schaden, in dieser Phase jemanden an seiner Seite zu haben, der einen begleitet und gezielt auf die Hürden der Bedarfsprüfung hinweist. Ist ein potenzieller Apothekenstandort gefunden, wäre ein „Ansuchen auf gut Glück“ fatal, das betonte DI Thomas Schmit, Experte für Bedarfsprüfungen nach dem Apothekengesetz, bereits bei seinem Apothekengründer-Event “Apotalk”, das er gemeinsam mit Rechtsanwältin Dr. Karma Hohl ins Leben gerufen hatte. Bei einem ungünstig gewählten Standort kann eine Ablehnung drohen und aufgrund des Kumulierungsverbots ist ein weiteres, zeitgleiches Ansuchen nicht zulässig. Diese und viele weitere Aspekte gilt es zu bedenken, wie uns Schmit im Interview erzählt.

TARA24: Wann sollte man sich idealerweise an Sie wenden – sobald ein Standort in Aussicht ist oder bereits früher?

DI Thomas Schmit: Das hängt maßgeblich von der konkreten Aufgabenstellung ab. Besteht bereits eine klare Standortidee, empfiehlt es sich, frühzeitig eine Vorprüfung in Form eines sogenannten „First Checks“ durchzuführen. Dadurch können bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt zentrale Rahmenbedingungen und mögliche Hürden identifiziert werden. Sollte hingegen lediglich ein grob umrissenes Zielgebiet bestehen, ist es aus meiner Sicht ratsam, bereits die systematische Standortsuche einem Experten zu überlassen. Dies spart in der Regel nicht nur Zeit und Kosten, sondern minimiert vor allem das Risiko unerwarteter negativer Beurteilungen im Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer.

TARA24: Wie lange dauert ein Konzessionsverfahren typischerweise? Was gilt es hier bezüglich des Standorts besonders zu beachten?

Schmit: Ein Konzessionsverfahren ist, realistisch betrachtet, mit einem Langstreckenlauf vergleichbar und weniger mit einem Sprint. Der Zeitraum vom ersten Standortkonzept bis zur tatsächlichen Eröffnung der Apotheke bewegt sich erfahrungsgemäß zwischen zwei und fünf Jahren.
Je klarer und eindeutiger das Gutachten der Apothekerkammer ausfällt, desto effizienter verläuft in der Regel das gesamte Verfahren. Von wesentlicher Bedeutung ist auch die Wahl einer erfahrenen rechtsanwaltlichen Vertretung sowie die Einbindung spezialisierter Dienstleister. Fachliche Expertise, aber auch belastbare Netzwerke, können den Verfahrensverlauf erheblich positiv beeinflussen.

TARA24: Warum sind Umsatzpotenzial-Berechnungen für einen Apothekenkauf so entscheidend?

Schmit: In Zeiten zunehmend sinkender Deckungsbeiträge kommt der Wahl eines wirtschaftlich tragfähigen Standortes eine zentrale Rolle zu. Eine rechtskräftig erteilte Konzession verliert ihre Relevanz, wenn der voraussichtliche Umsatz in einem Bereich liegt, in dem trotz effizienter und professioneller Apothekenführung die Fixkosten, etwa für Personal, Miete und Betrieb, nicht gedeckt werden können.
Ohne fundierte Umsatzpotenzialanalyse kann die Verwirklichung des Traums von der eigenen Apotheke schnell in eine wirtschaftliche Fehlentscheidung münden. Daher ist es unabdingbar, den Standort unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten vorab detailliert prüfen zu lassen.

TARA24: Können Sie die „TU-Studie“ kurz erklären? Was könnte sich durch die neue Studie künftig ändern? Welche Auswirkungen hätte das auf Apotheken?

Schmit: Die sogenannte TU-Studie wird seit rund sieben Jahren als Grundlage in der Apothekenbedarfsprüfung herangezogen. Sie definiert unter anderem, wie sogenannte „Einfluter“, also Einflussfaktoren außerhalb der Einwohnerzahl, in die Standortbewertung einfließen. Hierzu zählen beispielsweise Nebenwohnsitze, Beschäftigte, Ambulanzen sowie Verkehrsknotenpunkte.
Die TU-Studie ist ein statistisches Modell. Wie alle Modelle kann auch dieses in bestimmten Einzelfällen von der Realität abweichen. So werden Einkaufszentren derzeit kaum als Einflussfaktor berücksichtigt, obwohl diese für Apotheken im Alltag durchaus relevante Frequenzbringer darstellen. Umgekehrt wird der Tourismus mit einem vergleichsweise hohen Gewicht berücksichtigt, obwohl sich dessen tatsächlicher Effekt auf den Apothekenumsatz oftmals als geringer erweist.
Derzeit ist eine neue, aktualisierte Studie in Ausarbeitung, die von Prof. Dr. Eidenberger geleitet wird. Über deren genaue Inhalte ist bislang wenig bekannt. Ziel ist es jedoch, die Parameter künftig noch stärker an der tatsächlichen Versorgungsrealität zu orientieren.

TARA24: Gibt es aus Ihrer Sicht noch etwas Wichtiges, was sie den Neugründer:innen mitgeben wollen?

Schmit: Ich empfehle eindringlich, eine detaillierte Standortanalyse und Potenzialbewertung bereits vor Einreichung eines Konzessionsansuchens durchführen zu lassen. In vielen Fällen kann schon eine geringfügige Verschiebung des Standortes – beispielsweise um wenige Meter – gravierende Auswirkungen auf das Ergebnis der Bedarfsprüfung haben.
Das Konzessionsverfahren ist ohnehin mit erheblichem zeitlichem und organisatorischem Aufwand verbunden. Umso wichtiger ist es, durch professionelle Vorbereitung unnötige Fehler zu vermeiden und den Prozess möglichst effizient und risikominimiert zu gestalten.



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