Willkommen oder nicht? So empfängt Österreich ausländische Apotheker:innen


von

Astrid Janovsky

Mag. Vanja Drljaca aus Bosnien Herzegowina fühlt sich nun in Wien richtig wohl.privat

Wir werden immer mobiler und Ländergrenzen lösen sich auf. Man sollte meinen, dass es daher ein Leichtes ist, als ausländische Apothekenfachkraft – gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels – in Österreich Fuß zu fassen. TARA24 hat sich umgehört, wie das von den Betroffenen empfunden wird und welche Unterstützung seitens der Apothekerkammer zu erwarten ist.

„….liegst dem Erdteil du inmitten“ heißt es in der zweiten Strophe der österreichischen Bundeshymne. Und weil man hierzulande als „arbeitsfroh und hoffnungsreich“ (3. Strophe) gilt, ist und war die Alpenrepublik schon immer ein begehrter Wohn- und Arbeitsraum.

Herkunftsland spielt entscheidende Rolle

Deshalb zieht es auch gerne Apothekenfachkräfte aus dem Ausland in die heimischen Pillenstuben. Doch wie einfach ist es, hier beruflich Fuß zu fassen?

Die Apothekerkammer weist auf unsere Anfrage darauf hin, dass das Herkunftsland eine entscheidende Rolle für die Anerkennung als Apothekenfachkraft spielt. Für Staatsbürger:innen aus der EU, dem EWR oder der Schweiz ist diese relativ einfach geregelt. Entspricht der jeweilige Ausbildungsnachweis den österreichischen Richtlinien, kann die Anerkennung recht schnell erfolgen. Wurde die Ausbildung jedoch vor dem EU-Beitritt des Herkunftslandes abgeschlossen, ist die Situation schwieriger.

Bei Pharmazeutinnen und Pharmazeuten aus Drittstaaten wird die Ausbildung dann anerkannt, wenn bereits eine Berufsberechtigung in einem anderen EU- oder EWR-Land ausgestellt und dort mindesten drei Jahre als Apotheker:in gearbeitet wurde. Andernfalls muss eine Nostrifikation gefolgt vom Aspirantenjahr durchlaufen werden.

Sprache als Hindernis

Aktuell erhält die Apothekerkammer viele Anfragen von Fachkräften aus der Ukraine. Diese müssen den Weg über die Nostrifikation beschreiten, da die meisten nicht über die drei Berufsjahre in einem EU/EWR-Land verfügen.

Vorraussetzung für alle ausländischen Arbeitskräfte ist das Sprachdiplom auf Level C1. Zusätzlich wird noch eine Sprachprüfung seitens der Kammer durchgeführt.

Der Sprachnachweis kann auch anderweitig erbracht werden, zum Beispiel durch eine Ausbildung im deutschen Sprachraum oder eine Deutsch-Reifeprüfung. Er ist bereits vor Antritt der Aspirantenausbildung einzureichen.

PTAs verdienen weniger

Bei den PKAs sieht die Lage etwas anders aus. Laut Auskunft des Apothekerverbandes ist für PKAs aus Deutschland eine Übernahme ohne weiteren Nachweis möglich (dasselbe gilt übrigens auch für PKAs, die aus Österreich nach Deutschland wechseln möchten). Alle anderen müssen beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit einen Gleichhaltungsantrag stellen. Dies betrifft auch deutsche PTAs. Ohne Gleichhaltung können diese nur in Beschäftigungsgruppe 3 eingestuft werden. Das bedeutet, dass sie weniger Gehalt bekommen als PKAs (Beschäftigungsgruppe 4).

Für nicht-deutschsprachige PKAs und PTAs gilt als Mindestanforderung das Sprachniveau B2.

In letzter Zeit gab es auch in dieser Beschäftigungsgruppe vermehrt Anfragen syrischer und ukrainischer Staatsbürger. „Eine Beschäftigung ukrainischer oder syrischer Arbeitskräfte hängt immer vom Sprachniveau ab. Je besser die deutsche Sprache beherrscht wird, desto erfolgreicher ist die Eingliederung in den österreichischen Arbeitsmarkt. Es gibt Apotheken, wo die Eingliederung funktioniert hat, in vielen Fällen wurde das vorausgesetzte Sprachniveau nicht erreicht“, teilt der Apothekerverband mit.

Keine Anerkennung in Deutschland

Soweit die Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Mag. Christoph Janitsch, Inhaber der Apotheke zur Heiligen Dreifaltigkeit in Pressbaum, hat festgestellt, dass der Arbeitskräfteverkehr zwischen Österreich und Deutschland trotz EU und ohne Sprachbarriere nicht ganz einfach ist. Auf seine freie Aspirantenstelle hatte sich ein junger Pharmazeut aus Hessen beworben. Erst schien alles ganz problemlos, doch dann erhielt der deutsche Nachwuchsapotheker plötzlich die Mitteilung, dass die Anerkennung der österreichischen Ausbildung schwierig werden könnte. „Der junge Kollege war bei unserer Zusage ganz euphorisch“ erzählt Janitsch. „Nach der Rückmeldung seiner Kammer wollte er aber doch auf Nummer sicher gehen und sagte die Stelle bei uns ab.“

Eine weitere schwierige Erfahrung hatte der Apotheker mit einem Bewerber aus Spanien. „Die Arbeitsmöglichkeit in anderen Ländern wird von der EU gewünscht, mit den Kammern ist es dann aber schwierig“, sagt Janitsch. Er rät, die Ausbildung wenn möglich komplett im Heimatland zu absolvieren.

Und dann muss man selbst aktiv werden, denn offizielle Schulungsprogramme für ausländische Arbeitskräfte werden von der Apothekerkammer nicht angeboten. Janitsch hat seinen Mitarbeiter in den Aspirantenkurs „eingeschleust“. Das ging, weil zufällig ein Platz frei war.

Netzwerk Austrian Young Pharmacists

Unterstützung kann man auch bei der Jugendorganisation des VAAÖ, die Austrian Young Pharmacists (AYP), bekommen. Mag. Rene Gerstbauer steht den „neu-österreichischen“ Pharmazeutinnen als 24/7 Tutor zur Verfügung. „Die Kolleg:innen können sich bei mir per Mail oder Telefon rund um die Uhr melden. Ohne Spaß!“ versichert der ambitionierte Apotheker. Er und seine AYPs bieten Hilfestellung bei allen Fragen rund um das Aspirantenjahr. Auch Prüfungs-Simulationen werden durchgeführt. „Freilich gibt es bei Bedarf auch Einzelsitzungen. Wichtig ist mir hierbei vor allem, dass der erlernte Stoff gut verstanden in der Praxis rational eingesetzt werden kann.“

Von Tschechien nach Poysdorf

Wie erleben Betroffene selbst den Start in den österreichischen Arbeitsmarkt?

Dr. Karla Zwitkovits musste lange nach einer Stelle suchen

Dr.in Karla Zwitkovits kam 2007 für ihr Doktoratsstudium nach Wien. 2009 hatte die Tschechin nicht nur die Promotion, sondern auch die Nostrifizierung in der Tasche. „Ich musste damals detailliert den kompletten Stundenplan des Studiums übersetzen lassen“ erinnert sich Zwitkovits.

Die Stellensuche lief für die junge Apothekerin schwierig, obwohl zu der Zeit Fachkräfte gesucht wurden. „Ich hatte mein Praxisjahr in Tschechien absolviert, aber alle wollten Erfahrung in einer österreichischen Apotheke.“ Vier Monate lang erhielt sie nur Absagen. „Ich hatte sogar angeboten, zwei Monate gratis zu arbeiten, aber alle wollten nur jemanden, den sie sofort an die Tara stellen konnten.“ Bei der Apothekerkammer war man zwar freundlich, aber wenig hilfreich. Von der Gehaltskasse erhielt sie den Rat „probieren, probieren, probieren“. Also erweiterte sie ihren Suchradius. In Poysdorf (NÖ) wurde sie schließlich mit offenen Armen empfangen. Dort war man froh, dass sich in der relativ abgelegenen Apotheke eine so hochqualifizierte Apothekerin beworben hatte.

Was sich Zwitkovits rückblickend gewünscht hätte? „Die Möglichkeit für ein Praktikum. Die erste Frage war stets: Wie lange haben Sie schon in Österreich gearbeitet? Und dann kam immer gleich: Dankeschön – Wiedersehen.“

„Dabei,“ will die Tschechin zukünftige Arbeitgeber ermutigen „lernen die meisten Pharmazeuten sehr schnell. Nach einer Woche an der Tara geht das selbstständige Arbeiten schon sehr gut.“

Von Bosnien-Herzegowina nach Wien

Anders erging es Mag. Vanja Drljaca. Sie kam 2016 aus Bosnien-Herzegowina.

Im Gepäck hatte sie zehn Semester Studium und 5 Jahre Praktikum in der Apotheke. Aufgrund der Herkunft aus einem Drittstaat musste sie ihre Ausbildung nostrifizieren lassen.

Drljaca erinnert sich an ihre Anfänge: „Über das AMS und deren Arbeitstrainings-Programm kam ich für ein dreimonatiges Praktikum in die Vita Apotheke, wo ich bis heute immer noch arbeite. In der Vita Apotheke habe ich die Unterstützung, Verständnis und die nötige Zeit bekommen, die deutsche Sprache zu festigen und die Alltagsroutine in einer österreichische Apotheke zu lernen.“

Im Unterschied zu ihrer bosnischen Heimat wurde das Aspirantenjahr in Österreich nicht nur bezahlt, sie konnte es auch auf zwei Jahre ausdehnen – was ihr als Mutter eines kleinen Sohnes zu der Zeit besonders entgegenkam. Auch Kollektivvertrag, Arbeitsrecht und die Aufteilung in Zehntel-Dienste schätzt die Bosnierin an ihrer neuen Heimat. „Bei mir zu Hause kann man als Pharmazeut nur 40 Stunden arbeiten.“ erklärt sie.

Würde Sie heute beim Start in Österreich etwas anders machen? „Vielleicht früher nach Österreich kommen oder auch nicht,“ lacht sie. „Ich habe in meiner Heimat sehr gute Arbeitserfahrungen, theoretisches und praktisches Wissen erlangt.“ Sie hätte es schön gefunden, wenn ihre Arbeitszeiten aus Bosnien berücksichtigt worden wären, da sich die Apothekensysteme nur wenig voneinander unterscheiden.

Drljacas Tipp an Kolleg:innen, die gerade neu nach Österreich gekommen sind: „Wie bei allem im Leben sind das wichtigste der Wille, der Fleiß und die Beharrlichkeit, um seine Ziele zu verwirklichen. Erst die Meldung beim AMS und der Besuch des Arbeitstrainings haben mich in die Arbeitswelt eingegliedert. Durch mein 12-wöchiges Praktikum konnte ich mein Können und meinen Arbeitsstil zeigen und bekam somit einen Aspirantenplatz in derselben Apotheke, wo ich aktuell noch immer arbeite.“ Und zum Schluss ergänzt sie noch: „Ich wünsche allen Kollegen/innen, die vorhaben, nach Österreich arbeiten zu kommen, viel Erfolg und Glück!“



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