Kosmetische Prozeduren können leicht nicht nur sprichwörtlich ins Auge gehen. Die deutschen Ophthalmolog:innen haben vor kurzem eindringlich vor Wimpernverlängerung, Lidstrich-Tattoo und anderen Eingriffen gewarnt. Es drohen potenziell gefährliche Komplikationen. Neuester Trend: Änderung der Augenfarbe.
„Morgens aufwachen und sofort perfekt geschminkt aussehen? Mit diesem Versprechen werben Anbieter von Permanent-Make-up und Wimpern-Extensions, die einen Boom erleben. Doch Lidstrich-Tattoos und Wimpernverlängerungen sind nicht vollkommen unbedenklich für die Augengesundheit. Ekzeme und Entzündungen, Infektionen, Wimpernverlust und Trockenes Auge zählen zu den unerwünschten Komplikationen, die häufiger auftreten”, schrieb die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG).
Solche kosmetischen Behandlungen, die von Kosmetikstudios und Make-up-Artists angeboten werden, seien keinesfalls unbedenklich. „Sie können zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen, dessen muss man sich bewusst sein”, wurde Elisabeth Messmer, Professorin der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität in München, zitiert.
Ekzeme nach Wimpernverlängerung
Die Angelegenheit beginne schon bei den Wimpernverlängerungen. „Zu den häufigsten akuten Störungen zählt das behandlungsbedürftige allergische Kontaktekzem am Lidrand, meist ausgelöst durch den verwendeten Klebstoff”, berichtete die DOG-Expertin. Auch infektiöse Entzündungen des Lidrands und der Bindehaut würden beobachtet. „Ein langfristiger negativer Effekt ist die Verkalkung der Wimpernbasis sowie der Verlust von eigenen Wimpern durch eine Verletzung am Haarschaft”, so Elisabeth Messmer. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine Hornhauterosion oder eine Infektion der Hornhaut seien allerdings selten.
Anders sieht es bereits beim Lidstrich-Tattoo aus. Wer sich einen Lidstrich als Tattoo stechen lässt, müsse nach der Behandlung mit Schwellungen und Rötungen rechnen. Diese Folgen seien nach Tätowierungen normal und klingen zumeist nach Stunden bis Tagen wieder ab. „Es können aber auch allergische Reaktionen in Form von Ekzemen auftreten oder langwierige Entzündungen”, führte die Münchner Expertin aus. „Auch Infektionen mit Staphylokokken, Streptokokken, Hepatitis und HIV sind (in der wissenschaftlichen Literatur; Anm.) beschrieben, vor allem bei unhygienischem Arbeiten.”
Nachhaltige Störung des Tränenfilms
Untersuchungen zeigten ferner, dass Lidstrich-Tattoos längerfristig die Talgdrüsen des Lidrandes schädigen, die für den öligen Tränenfilm verantwortlich sind, und somit zu einem Trockenen Auge führen können. Tattoos stünden außerdem im Verdacht, Schuppenflechte und Neurodermitis zu verschlechtern. Zu den weiteren vermeidbaren Komplikationen gehörten chemische Verätzungen und mechanische Verletzungen im Bereich des Auges durch die Behandelnden. Auch wenn Tattoo-Farben von vertrauenswürdigen Herstellern und Einmal-Nadeln verwendet würden, die Tinten beruhten oft auf Cadmium, Chrom, Cobalt, Nickel und anderen potenziell bedenklichen Inhaltsstoffen.
Die DOG-Expertin riet jedenfalls von Wimpernverlängerung und Lidstrich-Tattoo ab. Doch das ist noch nicht alles. „Vor drei weiteren kosmetischen Prozeduren an der Binde- und Hornhaut ist aus augenärztlicher Sicht sogar dringend zu warnen”, betonte Elisabeth Messmer. Dazu zähle die sogenannte I-Brite-Prozedur, eine Behandlung, die eine komplette Weißfärbung bei chronisch geröteter Bindehaut verspricht. „I-Brite kann schwerste Komplikationen wie Geschwüre der Horn- und Bindehaut, Ausdünnen der Lederhaut oder eine Schädigung der Augenmuskeln mit Doppeltsehen auslösen”, erläuterte die Expertin.
Keine Eingriffe am Augapfel durchführen!
Ebenso warnte die Ophthalmologin vor Augapfel-Tattoos, bei denen die gesamte weiße Bindehaut farbig tätowiert wird. „Nach dieser Form des Tattoos wurden Verletzungen beschrieben, die zum Augenverlust führten.”
Neuerdings lässt sich sogar der Wunsch erfüllen, die Augenfarbe zu ändern. Das erfolgt mittels „Keratopigmentierung”. Dabei macht der Augenchirurg einen Laserschnitt, klappt die vordere Schicht der Hornhaut um und bringt ringförmig Farbpigmente in die mittlere Hornhautschicht ein. Nach solchen Prozeduren gab es nicht nur Probleme mit der Farbpigmentierung. “Es wurden auch funktionelle und anatomische Probleme berichtet wie störende Lichtempfindlichkeit, Reduktion von Kontrastwahrnehmung, Verlust von Endothelzellen der Hornhaut, Trockenes Auge, Neubildung von Blutgefäßen und behandlungsbedürftige Aussackungen an der Hornhaut”, sagte Elisabeth Messmer.
Inzwischen hätte auch die American Academy of Ophthalmology, der weltweit größte Verband von Augenärztinnen und Augenärzten, vor diesem Verfahren zu kosmetischen Zwecken gewarnt. Von dem kosmetisch bedingten Herumdoktern an den Augen könne nur abgeraten werden.
APA