Wütend oder doch nur durstig?


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Eine Junge Frau hält ein Wasserglas vor sich hin. Sie steht dahinter und ist verschwommen.
Stimmungsänderungen wie Wut oder Müdigkeit können, gerade bei jungen Frauen, ein Anzeichen für einen Flüssigkeitsmangel sein.Krakenimages.com/AdobeStock_214015022

Schon ein geringer Flüssigkeitsmangel kann bei jungen Frauen überraschend deutliche Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden haben. Eine Studie zeigt, dass bereits 1,4 Prozent Dehydration deutliche Konsequenzen hat. Besonders Wut, Müdigkeit und Kopfschmerzen nehmen zu – lange bevor sich die kognitive Leistungsfähigkeit verändert.

Die Studie ist als randomisiertes, placebokontrolliertes Crossover-Design mit 25 gesunden Frauen im Alter von 23 Jahren aufgebaut. Jede Teilnehmerin absolvierte drei achtstündige Experimente: Dehydration durch intermittierende moderate Bewegung ohne Diuretikum (DN), Dehydration mit Diuretikum (Furosemid 40 mg, DD) und Euhydration (EU) mit Flüssigkeitsersatz. Dehydration wurde ohne Hyperthermie durch 40-minütige Treadmill-Walks in einer Umgebung von 27,6 C induziert. Die Bedingungen lagen 28 Tage auseinander, um den Menstruationszyklus zu kontrollieren. Kognitive Tests zu Reaktionszeit, Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und logischem Denken sowie Stimmungsfragebögen (POMS), Symptomskalen (VAS) und physiologische Messungen (beispielsweise Osmolalität, Kerntemperatur) wurden dreimal in Ruhe und während der Übungen durchgeführt.

Verglichen wurden jeweils die Ergebnisse jener Versuchstage, an denen mindestens ein Prozent Körpergewichtsverlust erreicht wurde. Im Durchschnitt betrug der Flüssigkeitsverlust 1,4 Prozent der Körpermasse. Die Serum-Osmolalität stieg dabei signifikant an (P = 0,006), was den Flüssigkeitsmangel physiologisch bestätigt.

Flüssigkeitsmangel zeigt sich zuerst in der Stimmung

Die Studie macht deutlich, dass Stimmungsschwankungen der sensibelste Marker für Dehydration sind. Schon bei geringem Flüssigkeitsdefizit stieg die Gereiztheit mit acht Prozent messbar an (P = 0,04). Gleichzeitig nahmen Müdigkeit mit 17 Prozent und das Gefühl eines inneren „Absinkens“ der Energie deutlich zu (P = 0,003), während das Aktivitäts- und Tatkraftniveau spürbar um rund zwölf Prozent abnahm (P = 0,03). Insgesamt verschlechterte sich die gesamte Stimmungslage um nahezu zwanzig Prozent (P = 0,01).

Kopfschmerzen verdoppelt

Parallel dazu veränderte sich auch das Belastungsempfinden deutlich. Aufgaben wurden als spürbar schwieriger wahrgenommen (P = 0,004), die Konzentration fiel den Frauen schwerer (P = 0,01), und Kopfschmerzen verdoppelten sich signifikant (P = 0,05). Die Betroffenen berichteten übereinstimmend, dass sich alles „anstrengender“ oder „mühsamer“ anfühlte selbst, wenn objektiv keine höhere Leistung gefragt war.

Die kognitiven Testergebnisse blieben hingegen größtenteils stabil. Aufmerksamkeit, Reaktionsgeschwindigkeit, Arbeitsgedächtnis und logisches Denken zeigten keine deutlichen Einbußen. Lediglich in einem Parameter, nämlich der Fehleranfälligkeit im Aufmerksamkeitstest, kam es zu einer kleinen, aber signifikanten Zunahme der Fehlalarme (P = 0,02). Die Reaktionsgeschwindigkeit funktionierte also weiterhin gut, doch subjektiv fühlten sich die Teilnehmerinnen eingeschränkt. Die Konzentrationsschwierigkeiten nahmen allgemein um rund 45 Prozent zu.

Physiologisch zeigte sich der Flüssigkeitsmangel ebenfalls klar: Nach körperlicher Belastung waren Herzfrequenz und Körperkerntemperatur erhöht (beide P < 0,001). Auch die erhöhte Serum-Osmolalität (P = 0,006) bestätigte den reduzierten Hydrationsstatus.

Warnsignal für Durst

Bereits ein Flüssigkeitsverlust von knapp über 1 Prozent des Körpergewichts reicht aus, um die Stimmung deutlich zu verschlechtern, Gereiztheit zu verstärken, Müdigkeit zu fördern und Kopfschmerzen zu begünstigen. Auch die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, fühlt sich erschwert an, und alltägliche Aufgaben wirken unverhältnismäßig belastend. Die objektive kognitive Leistung bleibt zwar weitgehend stabil, aber das emotionale Gleichgewicht reagiert extrem empfindlich auf sogar milden Flüssigkeitsmangel.

Diese Ergebnisse sind besonders relevant für junge Frauen im Alltag, beim Sport, an warmen Tagen oder während hormoneller Schwankungen wie dem prämenstruellen Syndrom. Auch stressige Situationen können die Wahrnehmung des Flüssigkeitsmangels weiter verstärken. Oft steckt hinter Gereiztheit also kein emotionales Problem, sondern schlicht ein zu geringer Flüssigkeitskonsum. Die Studienautor:innen empfehlen zudem, die Auswirkungen von Dehydration auf die kognitive Leistungsfähigkeit auch bei jungen Männern sowie bei Risikogruppen wie Kindern, älteren Personen und Menschen mit Diabetes oder nach einem Schlaganfall zu untersuchen, da diese Erkrankungen häufig mit Flüssigkeitsmangel einhergehen.



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