Die Werbeauflagen für Apotheken in Österreich sind streng – aber kein Vergleich zu jenen in Polen. Dort ist nicht nur der Rx-Versandhandel verboten, Apotheken dürfen im Grunde noch nicht einmal für sich und ihre Angebote werben. Ob diese strenge Vorschrift mit EU-Recht vereinbar ist, muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt entscheiden.
Seit 2012 gilt in Polen ein strenges Werbeverbot. Laut § 94a Arzneimittelgesetz (Prawo farmaceutyczne) dürfen Apotheken nicht für sich und ihre Dienstleistungen werben; nur Informationen über die Adresse und die Öffnungszeiten sind erlaubt. Doch selbst dabei kommt es auf den Kontext an: So wurde vor fünf Jahren ein großflächiges Plakat, mit dem eine Apotheke in Warschau auf einem Mehrfamilienhaus auf ihren Standort hinwies, als unzulässige Werbung verboten.
Empfindliche Strafen
Die Strafen können empfindlich sein und bis zu 50.000 Zloty (12.000 Euro) betragen. Ziel ist der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Mehrkonsum; die Verwaltungsgerichte legen die Vorschrift sehr weit aus.
Am 25. Januar 2019 leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungs-verfahren ein und schickte ein Aufforderungsschreiben an die polnische Regierung. Am 3. Juli 2020 folgte eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Weil die Regelung nicht gestrichen wurde, reichte die Brüsseler Behörde schließlich Klage beim EuGH ein.
EU sieht Regelverstoß
Darin macht die Kommission geltend, dass das Verbot gegen die Regelungen des freien Binnenmarktes verstoßen. Konkret seien die Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2000/31 verpflichtet, auch Angehörigen eines reglementierten Berufs die kommerzielle Kommunikation zu erlauben, sofern diese einen Dienst der Informationsgesellschaft darstellen und den berufsrechtlichen Regeln, insbesondere zur Wahrung von Unabhängigkeit, Würde und Ehre des Berufs, des Berufsgeheimnisses und eines lauteren Verhaltens gegenüber Kunden und Berufskollegen, nicht widersprechen.
Hier aber werde jegliche Form elektronischer kommerzieller Kommunikation untersagt, einschließlich der Kommunikation über eine Website, die durch einen in einer Apotheke oder einem Pharmaziegeschäft tätigen Pharmazeuten geschaffen worden sei. Darüber hinaus beschränke das Verbot die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr und gehe gleichzeitig darüber hinaus, was zur Erreichung des Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit in der Republik Polen erforderlich sei.
Polen verschärft Apotheken-Regularien
Ein auf diese Weise formuliertes Verbot erschwere nämlich unter anderem die Tätigkeit von Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten, die beabsichtigten, ihre Dienstleistungen in der Republik Polen zu erbringen (Dienstleistungsverkehr) und auch die Niederlassungsfreiheit.
Der EuGH wird sich damit in der kommenden Woche befassen.
Polen hatte nach der Wende zunächst kaum Regularien für Apotheken, sodass sich Ketten ziemlich schnell ausbreiten konnten. Lediglich eine Grenze von 1 Prozent pro Verwaltungsbezirk wurde für die Betreibergesellschaften gesetzt. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Reregulierungsmaßnahmen verabschiedet, zuletzt wurden sogar eine Bedarfsplanung, ein beschränkter Mehrbesitz von bis zu vier Apotheken sowie ein Fremdbesitzverbot eingeführt.
APOTHEKE ADHOC