Jede sechste Infektion weltweit durch antibiotikaresistente Erreger


Redaktion

Symbolbild: Antibiogramm. Auf einer Petrischalge sind Bakterien aufgebracht. Resistente Keime bilden keinen Hof um das aufgebracht Antibiotikum. Sensible Keine sterben ab und bilden einen sichtbaren Hof. Eine Hand mit Gummihandschuh hält das Antibiogramm.
Laut WHO stieg die Resistenz je nach Kombination von Bakterium und Antibiotikum um fünf bis 15 Prozent pro Jahr.Nicolae/ AdobeStock_460260732

Die Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika steigt weltweit rasch an. Jede sechste im Labor bestätigte bakterielle Infektion sei bereits durch antibiotikaresistente Erreger ausgelöst worden, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hat das Problem erstmals in Bezug auf 22 oft gebrauchte Antibiotika quantifiziert, die etwa gegen Infektionen der Harnwege, des Magen-Darm-Trakts oder der Blutbahn oder gegen die sexuell übertragbare Gonorrhoe eingesetzt werden. Ein Blick auf die Zahlen der AGES zeigt besonders hohe Resistenzraten bei einigen Erregern, etwa Salmonella-Stämmen mit Multiresistenzen von über 15 Prozent.

Die WHO betrachtete dabei auch verschiedene Kombinationen von Bakterien und Antibiotika. Das Ergebnis: Von 2018 bis 2023 ist die Resistenz bei mehr als 40 Prozent davon gestiegen und zwar je nach Kombination Bakterium-Antibiotikum um fünf bis 15 Prozent pro Jahr.

In die Studie – die neuesten Zahlen stammen von 2023 – sind rund 23 Millionen Daten aus mehr als 100 Ländern eingeflossen. „Antibiotikaresistenz ist weit verbreitet und bedroht die Zukunft der modernen Medizin“, warnt Yvan Hutin, Direktor der zuständigen WHO-Abteilung.

Die Lage in Österreich

Laut dem aktuellen Resistenzbericht AURES und Daten (2024/25) der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährung (AGES) zeigen sich besonders hohe Resistenzraten bei einigen Erregern, etwa Salmonella-Stämmen mit Multiresistenzen von über 15 Prozent, und einem deutlichen Anstieg der Tetrazyklin-Resistenz (2024: 75,4 Prozent). Bei Erythromycin-Resistenzen gab es leichte Rückgänge nach vorangegangener Stabilität.

  • Corynebacterium diphtheriae: Alle getesteten Stämme waren 2022 gegenüber Penicillin und Amoxicillin sensibel, jedoch zeigten 8,5 Prozent Resistenz gegen Erythromycin und noch höhere Resistenzraten gegen Clindamycin (23,9 Prozent) und Tetracycline (35,2 Prozent). Besorgniserregend ist ein Subcluster mit erhöhten Makrolidresistenzen, der auch in Österreich auftrat.
  • Neisseria gonorrhoeae: Im Jahr 2024 waren alle getesteten Isolate empfindlich gegenüber Ceftriaxon, während die Resistenz gegen Ciprofloxacin bei 63,6 Prozent lag, jedoch mit einem leichten Rückgang. Die High-Level-Resistenz gegen Azithromycin nahm 2024 ab, nach einem früheren Anstieg, und es traten keine MDR-/XDR-Isolate in 2023 und 2024 auf.
  • Salmonellen: Die Resistenzraten gegenüber mehreren Antibiotika, darunter Ampicillin und Tetracyclin, lagen 2022 über 15 Prozent, bedingt durch multiresistente Typhimurium-Stämme. Low-Level Ciprofloxacin-Resistenzen waren mit 20,9 Prozent verbreitet, High-Level-Ciprofloxacin-Resistenzen bleiben jedoch selten.
  • Campylobacter jejuni und Campylobacter coli: Die Resistenz gegenüber Fluorchinolonen stieg bis 2022 auf sehr hohe Werte von etwa 80 Prozent (C. jejuni) und niedrigere Resistenzen für Makrolide wurden weiter beobachtet. Multiresistente Isolate waren mit unter 1,5 Prozent gering vertreten, wobei ein erhöhter Fokus auf die Überwachung von Makrolid- und Carbapenemresistenzen gelegt wird.

Multiresistente Bakterien sind in Österreich zunehmend vertreten, was den Druck auf das Gesundheitssystem erhöht und die Bedeutung eines rationalen Antibiotikaeinsatzes unterstreicht. Die AGES betont die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung und gezielten Maßnahmen zur Reduktion des Antibiotikaverbrauchs in Human- und Veterinärmedizin, um die Ausbreitung von Resistenzen einzudämmen.

Todesfälle durch Antibiotika-Resistenz

Weltweit gibt es große regionale Unterschiede. In Südostasien und im östlichen Mittelmeerraum seien bereits eine von drei gemeldeten Infektionen gegen die untersuchten Antibiotika resistent. Das Problem sei besonders in Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen verbreitet. 2021 sind nach WHO-Angaben 7,7 Millionen Menschen weltweit an einer bakteriellen Infektion gestorben. Gut 1,1 Millionen seien direkt auf Antibiotika-Resistenzen zurückzuführen gewesen.

Betrachtet hat die WHO acht weit verbreitete Bakterien, die etwa Infektionen der Harnwege, des Magen-Darm-Trakts oder der Blutbahn verursachen. Bei mehr als 40 Prozent der E. coli- und 55 Prozent der K. pneumoniae-Bakterien seien die gängigen Antibiotika nicht mehr wirksam. In afrikanischen Ländern seien es manchmal mehr als 70 Prozent. Diese Bakterien könnten auch Sepsis und schließlich Organversagen auslösen, so die WHO. Noch gebe es dagegen andere Antibiotika, die aber teurer seien und in vielen ärmeren Ländern nicht zur Verfügung stünden.

Aufklärung

Es ist wichtig die Patient:innen richtig aufzuklären: Antibiotika helfen nur bei bakteriellen Infektionen, etwa bakteriellen Lungenentzündungen, Blasenentzündungen oder eitrigen Wunden. Dafür muss Verständnis geschaffen werden, denn so kann auch die breite Bevölkerung dazu beitragen, das Problem in den Griff zu bekommen. „Wenn Sie mit Fieber zum Arzt gehen, sollten Sie nicht automatisch erwarten, ein Antibiotikum zu bekommen“, appelliert Hutin an Patient:innen. Die WHO verlangt dringend mehr Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika.

APAMED/ BMASGPK



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