Maisgriffel unter Beobachtung: Monographie-Entwurf veröffentlicht


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Ein Teeglas mit Maisgriffeln steht auf einem Tisch. Daneben liegen Maiskolben in einem Korb und eine Schale mit Maisgriffeln.
Die Monographie der Maydis stigma befindet sich derzeit im Entwurfsstadium. Stock Arza/ AdobeStock_1485475381

Maisgriffel (Maydis stigma) werden in der Volksmedizin schon lange als mildes Diuretikum bei Harnwegsbeschwerden verwendet. Eine offizielle Monographie gab es bisher noch nicht, 2023 stufte jedoch das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) die Maisgriffel als „prioritäres Thema“ ein. Seit Oktober 2025 gibt es nun einen Entwurf der EU Herbal Monographie und einen Aufruf zur Konsultation. Eine angenommene Monographie würde künftig die anerkannten Anwendungsgebiete, Dosierungen und Sicherheitsaspekte dieser Pflanze europaweit harmonisieren.

Bei Maydis stigma handelt es sich um die sogenannten Maisgriffel der weiblichen Blüten. Die fadenförmigen, braun-goldenen Griffel der Maispflanze (Zea mays) werden im Englischen als maize silk bezeichnet. Im Deutschen finden sich auch Bezeichnungen wie Maishaare oder Welschkornhaare, die sich auf ihr charakteristisches Aussehen beziehen. Das pflanzliche Material der Droge stammt häufig aus Österreich oder südosteuropäischen Ländern.

Zu den Inhaltsstoffen zählen polyphenolische Verbindungen mit Gerbstoffcharakter, lipophile Substanzen wie HexacosansäureSitosterol und Stigmasterol, außerdem Flavonoide wie Rutin und Isorhamnetin. Die Droge enthält zudem Mineralstoffe, insbesondere einen hohen Anteil an Kalium (etwa 15 Prozent) sowie Natrium.

Mildes Diuretikum

In der Volksmedizin werden Maisgriffel traditionell als mildes Diuretikum eingesetzt – unter anderem aufgrund ihres hohen Kaliumgehalts. Darüber hinaus finden sie Anwendung bei Harnwegsbeschwerden (z. B. Blasenentzündung), zur Unterstützung der Gewichtsreduktion sowie bei Rheuma und Gicht. In Tierstudien gab es Hinweise auf eine antidiabetische Wirkung.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) spielt die Verwendung von Maydis stigma bei den genannten Indikationen ebenfalls eine bedeutende Rolle. Berichte aus der Ethnobotanik deuten zudem darauf hin, dass die Griffel von indigenen Bevölkerungsgruppen in Peru gelegentlich als inhalatives Rauschmittel verwendet wurden. Die Wirkung beruht möglicherweise auf Alkaloiden unbekannter Natur.

Eine Bewertung durch das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) oder die European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) lag bislang nicht vor. Derzeit existiert keine Kommissions-E-Monographie zu Maydis stigma.

2023: HMPC-Inventarliste

Mit März 2023 kam Bewegung rund um den Mais: Das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) der EMA nahm Maydis stigma in die HMPC-Inventarliste auf. Damit wurde der pflanzliche Bestandteil offiziell in den Arbeitsplan aufgenommen. Wenige Monate später schon stufte das HMPC Maydis stigma als prioritäres Thema ein. Ein Hinweis darauf, dass ein Bedarf an wissenschaftlicher Bewertung und möglicher Monographierung gesehen wurde.

Im Rahmen eines „Call for data“ bat das HMPC bis September 2023 um die Einreichung wissenschaftlicher Literatur und Erfahrungsberichte zu Wirksamkeit und Sicherheit von Maydis stigma. Ziel war es, eine belastbare Datengrundlage für die Erstellung einer EU Herbal Monographie zu schaffen.

Monographie-Entwurf

Auf Grundlage der eingegangenen Informationen und der ausgewerteten Daten erstellte im September 2025 das HMPC einen Entwurf der Monographie sowie einen Entwurf des Assessments Reports. Diese Dokumente wurden intern angenommen und für die öffentliche Konsultation vorbereitet.

Anfang Oktober 2025 veröffentlichte das HMPC nun den Entwurf der EU Herbal Monographie, den zugehörigen Entwurfs-Assessmentsbericht sowie die Literaturliste zur öffentlichen Konsultation auf der EMA-Website.
Der Konsultationszeitraum läuft bis 15. Januar 2026. In dieser Zeit können wissenschaftliche Institutionen, Fachgesellschaften und andere Stakeholder Stellungnahmen abgeben.

Dosierungsvorschläge für Jugendliche, Erwachsene und ältere Personen laut HMPC:

  • Kräutertee, Aufguss (Infus):
    vier bis acht Gramm der geschnittenen Droge werden mit 200 Milliliter kochendem Wasser übergossen und als Kräuteraufguss zubereitet.
    • Einnahme: 3-mal täglich, entsprechend einer Tagesdosis von zwölf bis 24 Gramm
    • Die Anwendung wird nicht empfohlen, da keine ausreichenden Daten zur Unbedenklichkeit und Wirksamkeit vorliegen

Die Dauer der Anwendung ist auf zwei Wochen beschränkt. Sollten die Beschwerden länger anhalten, sollte eine Ärztin bzw. ein Arzt oder eine entsprechend qualifizierte medizinische Fachkraft aufgesucht werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Die Anwendung bei Kindern unter zwölf Jahren ist aufgrund fehlender ausreichender Daten nicht belegt. Sollten sich Harnwegsbeschwerden verschlimmern oder Symptome wie Fieber, Dysurie, Krämpfe oder Blut im Urin auftreten, ist eine Ärztin bzw. ein Arzt zu konsultieren. Da während der Anwendung eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr erforderlich ist, sollte das Präparat nicht verwendet werden, wenn eine Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme medizinisch angezeigt ist (z. B. bei schwerer Herz- oder Niereninsuffizienz). Als Kontraindikation gilt eine Allergie gegen die enthaltenen Stoffe.

Bedeutung des Geschehens

Die Monographie befindet sich im Entwurfsstadium („D = Draft under discussion“). Sie ist somit noch nicht angenommen und nicht aktiv. Erst nach Auswertung der Konsultationsbeiträge und formeller Verabschiedung durch das HMPC wird sie als „adopted“ veröffentlicht und erhält den Status einer gültigen EU Herbal Monographie. Mit der Veröffentlichung des Entwurfs wurde ein wichtiger Zwischenschritt in der europäischen Bewertung von Maydis stigma erreicht.

Eine angenommene EU Herbal Monographie würde künftig die anerkannten Anwendungsgebiete, Dosierungen und Sicherheitsaspekte dieser Pflanze europaweit harmonisieren. Dadurch könnten Zulassungs- oder Registrierungsverfahren für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die Maydis stigma enthalten, erleichtert werden. Solange sich die Monographie jedoch im Entwurfsstatus befindet, gelten die Angaben nicht als behördlich bestätigt



Newsletter

Bleiben Sie stets informiert!