Strukturreform bei Vorarlbergs Krankenhäusern


Redaktion

Martina Rüscher hat kurze dunkle Haare und trägt einen schwarzen Blazer und ein weißes T-shirt
Neben der Reform der Krankenhäuser setzt Martina Rüscher auf eine Ausweitung des telemedizinischen Angebots.Land Vorarlberg/fasching.photo

Die Vorarlberger Spitallandschaft steht vor großen strukturellen Veränderungen. Zwar sollen alle sieben Standorte beibehalten werden, inhaltlich werden sie aber in die Regionen Nord und Süd aufgeteilt. „Wir wollen künftig alle wichtigen Fächer ein Mal im Norden und ein Mal im Süden anbieten”, sagte Vorarlbergs Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) im Interview mit der APA-Austria Presse Agentur. Eine „wohnortnahe Spitalsbehandlung” steht nicht mehr im Vordergrund.

Bei der anstehenden Reform gehe es um die Bündelung der Kräfte und Kompetenzen, sagte Rüscher. Angesichts steigender Kosten und klammer öffentlicher Kassen müsse man „härter eingreifen”. Im diesjährigen Landesvoranschlag sind bei einem Gesamtrahmen von 2,6 Mrd. Euro rund 249,1 Mio. Euro zur Finanzierung der Krankenanstalten (Beiträge an den Landesgesundheitsfonds, Entlastungsbeiträge an die Gemeinden) sowie 420,6 Mio. Euro an Personalkosten vorgesehen – der Gesundheitsbereich verschlingt ein Viertel des Landesbudgets. Gegenüber 2024 bedeutet das Mehrkosten von 52,3 Mio. Euro (8,5 Prozent), die Ertragsanteile des Bundes steigen voraussichtlich aber lediglich um 1,8 Prozent. Die neue Struktur soll eine Perspektive über 2030 hinaus bieten. „Jedes Haus wünscht sich einen OP-Roboter. Den können wir uns aber nicht sieben Mal leisten”, so die Gesundheitsreferentin.

Zur Erarbeitung einer neuen Struktur sei man vom Gedanken ausgegangen, wie man die Spitallandschaft heute strukturieren würde, könnte man „bei Null” beginnen, erklärte Rüscher. Ein einziger zentraler Standort in der Mitte des Landes sei aber bei Kosten von 1,8 Mrd. Euro nicht nur nicht leistbar. Er würde vielmehr auch das Kriterium nicht erfüllen, wonach für 90 Prozent der Landesbürger ein Krankenhaus innerhalb einer halben Stunde erreichbar sein muss.

Ganz anderen Weg einschlagen

Deshalb gehe man in Vorarlberg einen anderen Weg: Man denke in den Regionen Nord und Süd und ordne die bestehenden Krankenanstalten zu: Bregenz, Dornbirn, Hohenems dem Norden, Feldkirch und Bludenz dem Süden. Dazu kommen noch das Krankenhaus Maria Ebene in Frastanz (Bez. Feldkirch) für Suchterkrankungen sowie das Krankenhaus Rankweil mit seiner Spezialisierung auf Psychiatrie und Neurologie. Schwieriger sei die strukturelle Neuaufstellung im Norden, so Rüscher. „Zwischen den Häusern Bregenz, Dornbirn und Hohenems gibt es viele Ähnlichkeiten”, stellte die Landesrätin fest. Während sie in Bregenz den Schwerpunkt Orthopädie-Traumatologie sieht, könnte in Dornbirn ein Eltern-Kind-Zentrum entstehen, es könnte aber auch umgekehrt sei. „Einzelne Abteilungen haben eine andere Sichtweise”, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, räumte Rüscher ein.

Widerstand regt sich auch auf kommunaler Ebene. So hat bereits der Bürgermeister der Stadt Bludenz, Simon Tschann (ÖVP), bei Rüscher vorgesprochen – Bludenz möchte unbedingt seine Geburtenabteilung behalten. Viel Redebedarf und zusätzliche Abstimmung erfordert auch der Umstand, dass das Spital in Dornbirn im Eigentum der Stadt und nicht des Landes steht – alle anderen Krankenhäuser (bis auf Maria Ebene) sind Landeskrankenhäuser. „Man ist in Dornbirn sehr bereit”, sagte dazu die Landesrätin. Leichter ginge es aus ihrer Sicht freilich, wenn ein Träger alle Krankenhäuser führen würde, bekannte Rüscher. In naher Zukunft werde sich an den Besitzverhältnissen aber nichts ändern. „Die Gespräche über die neue Struktur laufen, wir werden nicht alle Wünsche und Erwartungen treffen, aber die Versorgungsqualität für die Patienten und stabile Arbeitsplätze sichern”, so die Landesrätin. Im Dezember werde aber der Regionale Strukturplan Gesundheit (RSG) 2030 beschlossen, bis dahin müssten die Dinge klar sein.

1450 als zentrale erste Anlaufstelle

Als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen soll in Vorarlberg künftig die telefonische Gesundheitsberatung 1450 etabliert und auch als Steuerungsinstrument genutzt werden. „Wir werden dazu die 1450 aus dem Roten Kreuz herauslösen und im Rahmen der ‘Gesundheit Vorarlberg GmbH’ betreiben”, kündigte Rüscher an. Die „Gesundheit Vorarlberg GmbH” wiederum ist ein gemeinsames Unternehmen des Landes Vorarlberg (40 Prozent), der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK, 40 Prozent) und der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG, 20 Prozent). Mit der neuen Gesellschaft gelingt es laut Rüscher, die verschiedenen Ebenen – den niedergelassenen und den Spitalsbereich – miteinander zu verschränken und gute Antworten auf die Frage „Wo ist der Patient richtig?” zu finden.

Unter der Hotline 1450 würden in Zukunft nicht nur medizinische Beschwerden abgeklärt, auch telemedizinische Angebote soll es geben. „So kann etwa ein Arzt einen Ausschlag per Videocall begutachten”, erklärte Rüscher anhand eines Beispiels. Ebenso soll 1450 die allererste Anlaufstelle für jene sein, die keinen Hausarzt mehr haben bzw. finden. „Digital vor ambulant vor stationär” heißt der neue Grundsatz, unterstrich Rüscher. Ist eine ärztliche Intervention notwendig, wird über die 1450 auch die Patientenlenkung bis hin zu einer Terminvergabe erfolgen. Ist die 1450 erst einmal gut eingespielt, kann sich Rüscher „eventuell eine Gebühr” vorstellen für jene, die sich nicht an den vorgesehenen Ablauf halten und auf eigene Faust ins Spital gehen. Der Neustart der 1450 werde per 1. Juli 2026 erfolgen.

APA



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