Innovation im Gesundheitssystem ist als Investition in die Zukunft zu sehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des IPF Institut für Pharma-ökonomische Forschung. Sie zeigt anhand mehrerer Fallbeispiele, dass pharmazeutische Innovationen wie neue Medikamente oder Impfstoffe breiter sowie über mehrere Dimensionen hinweg wirken. Sie steigern somit die Produktivität und die Lebensqualität der Menschen und wirken sich positiv auf die gesamte österreichische Wirtschaft aus.
„Die Gesundheit und die Wirtschaft eines Landes bedingen sich gegenseitig. Eine gesunde Bevölkerung trägt entscheidend zum Wohl eines Sozial- und Wirtschaftssystems bei. Gleichzeitig ist eine leistungsfähige Wirtschaft notwendig, um ein soziales Gesundheitssystem zu finanzieren und aufrechtzuerhalten“, sagt Dr. Evelyn Walter, Geschäftsführerin des IPF Institut für Pharmaökonomische Forschung. „Investitionen in präventive und therapeutische Innovationen sind deshalb Investitionen in Humankapital und von zentraler Bedeutung. Dennoch werden Entscheidungen im Gesundheitswesen hierzulande sehr stark anhand der Ausgaben diskutiert – was dazu führt, dass sie viel zu kurzfristig betrachtet werden.“
Weg von isolierter Betrachtung
Eine umfassende Studie belegt nun nachvollziehbar, dass innovative Therapien für verschiedene Bereiche einen hohen Wert haben: Für Patient:innen in Form von gewonnenen Lebensjahren und Lebensqualität; für das Gesundheitssystem etwa durch reduzierten Therapiebedarf und effizienten Ressourceneinsatz bei Behandlungen; für die Gesellschaft durch den Erhalt der Produktivität und die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit, und für die Volkswirtschaft weil Wertschöpfung und Arbeitsplätze geschaffen sowie klinische Forschung gefördert werden.
„Eine isolierte Betrachtung der Behandlungsausgaben wird dem gesamten Werte- und Nutzenspektrum von Innovationen niemals gerecht“, so Walter. „Auch wenn die Effekte der Innovationen je nach Indikationsbereich durchaus unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.“
Dies wurde anhand von fünf Erkrankungen beispielhaft berechnet:
Melanom (Hautkrebs)
Mit einer Investition von zusätzlich 271 Euro pro Jahr und Patient:in für eine adjuvante immunonkologische Therapie gewinnen Betroffene rund 3,5 Lebensjahre – in weitgehend guter Lebensqualität. Hier kommen vor allem auch makroökonomische Effekte im Bereich Onkologie durch die klinische Forschung, Beschäftigung und Wertschöpfung zum Tragen.
Hämophilie
Mit einer neuartigen Therapie bei Hämophilie (Bluterkrankheit) können Ausgaben in Höhe von fast 3 Mio. Euro pro Jahr im österreichischen Gesundheitssystem und der Gesellschaft eingespart werden. Das entspricht 220.550 Euro pro Patient:in und wirkt sich insbesondere auf niedrigere Krankheitsausgaben aus.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED)
Eine innovative Behandlung von CED könnte rund 50 Mio. Euro Gesamtaufwendungen im Gesundheitssystem und für die österreichische Gesellschaft sparen – bezogen auf alle hier lebenden Patient:innen. Hinzu kommt die höhere Lebensqualität für die Betroffenen.
Gürtelrose (Herpes Zoster)
Bei einer Steigerung der Immunisierung um 10 Prozent durch eine Impfung gegen Gürtelrose könnten für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft Einsparungen in Höhe von 56 Mio. Euro erzielt werden.
Psychische Erkrankungen
Das hypothetische Szenario einer 10-prozentigen Reduktion der Krankheitssymptome von Depression verdeutlicht das immense Wertpotenzial neuer, effizienter Behandlungsoptionen, insbesondere in Therapiebereichen mit dringendem Innovationsbedarf. Dies könnte zu Einsparungen im Gesundheitssystem und der Gesellschaft von bis zu 100 Mio. Euro pro Jahr führen.
Perspektivwechsel zu langfristigen Strategien
„Die positiven Auswirkungen von Innovationen mögen nicht immer sofort erkennbar sein, weil sie sich meist mittel- bis langfristig einstellen“, betont Jens Weidner, Leiter einer Arbeitsgruppe im Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI), das die Untersuchung in Auftrag gegeben hat. „Doch sie sind ausgeprägt und nachhaltig, wie die Studie unangreifbar belegt. Vor diesem Hintergrund treten wir für einen Perspektivenwechsel ein – vom kurzfristigen Fokus auf die Kosten hin zu einer langfristigen Strategie, die Ausgaben für Gesundheit als Investition betrachtet. Denn Gesundheit lohnt sich. Nicht nur für die Betroffenen, ihre Angehörigen und die Gesellschaft, sondern auch wirtschaftlich“, ist Weidner überzeugt.