WHO: Pandemieabkommen fix, Beitragserhöhung geplant


Redaktion

Während in Basel die Fahnen eingerollt werden, trifft sich die Gesundheitswelt in Genf. Teuer könnte auch diese Veranstaltung werden.AdobeStock_508259006/hectorchristiaen

Die WHO trifft sich diese Woche in Genf, um das globale Pandemie-Abkommen zu beschließen. Ebenfalls im Raum steht eine Beitragserhöhung von 20 Prozent, um den Ausfall der USA zu kompensieren.

Eines der zentralen Thema bei der 78. Weltgesundheitsversammlung, die am Montag in Genf begannen, ist das globale Pandemie-Abkommen. Die mehr als 190 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten sich Mitte April nach zähen, gut dreijährigen Verhandlungen darauf geeinigt und wollen die Vereinbarung voraussichtlich am 27. Mai beschließen.

Nach Corona besser vorbereitet sein

Nach der Corona-Krise soll das Abkommen die Welt besser auf künftige Pandemien und Gesundheitskrisen vorbereiten. Ein Überblick über zentrale Punkte der Übereinkunft:

Ziel

Das Abkommen zielt darauf ab, “Pandemien zu verhindern, sich auf sie vorzubereiten und auf sie zu reagieren”. Die Rechte der Mitgliedstaaten sollen dabei in allen Bereichen respektiert werden. Geleitet von den Grundsätzen Gerechtigkeit, Solidarität und Transparenz fordert der Text, dass gesundheitspolitische Entscheidungen basierend auf den “besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen” getroffen werden.

Prävention und Kontrolle

In dem Abkommen werden alle WHO-Mitgliedstaaten aufgerufen, ihre Kapazitäten zur Prävention und Kontrolle von Pandemien auszubauen. Dazu zählt, Infektionskrankheiten und deren Wiederauftreten systematisch zu überwachen, Maßnahmen zur Früherkennung und Begrenzung von Krankheiten zu stärken, Impfkampagnen auszuweiten und biologische Risiken aus Laboren strikt zu kontrollieren. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf möglichen Übertragungswegen von Krankheiten zwischen Tieren und Menschen liegen.

Lokale und nachhaltige Produktion von Gesundheitsprodukten

Eine gerechtere geografische Verteilung von medizinischen Produkten ist ein weiteres Anliegen des Abkommens. Deshalb soll die weltweite Produktion von pandemiebezogenen Gesundheitsprodukten insgesamt gesteigert und lokaler werden. Durch den Ausbau weltweiter Produktionskapazitäten, etwa von Impfstoffen, Medikamenten und Tests, könnte in einem pandemiebedingten Notfall die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage geschlossen werden.

Technologietransfer

Große Uneinigkeit herrschte bis kurz vor Abschluss der Verhandlungen über eine Passage des Abkommens, bei der es um den Technologietransfer für pandemiebezogene Gesundheitsprodukte an Entwicklungsländer geht. Einige Länder – vor allem Produzenten dieser Produkte – lehnten zunächst jede Verpflichtung zur Weitergabe von Wissen und Technologien ab. Die Differenzen konnten jedoch überwunden werden, indem hinzugefügt wurde, dass jeglicher Technologietransfer “in beidseitigem Einverständnis” erfolgen müsse. Der Transfer soll maßgeblich in Zentren der WHO stattfinden.

Weitergabe von Daten zu Krankheitserregern

Kernstück der Vereinbarung ist ein neuer Mechanismus, der die rasche Weitergabe von Daten über Krankheitserreger an Pharmaunternehmen in Kombination mit einem Vorteilsausgleich (PABS) ermöglichen soll. Mit dem neuen Mechanismus soll die Pharmaindustrie bei künftigen Gesundheitskrisen in der Lage sein, möglichst schnell mit der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zu beginnen. Die Teilnahme ist für die Pharmafirmen freiwillig.

Die teilnehmenden Unternehmen müssen der WHO im Gegenzug 20 Prozent ihrer pandemierelevanten Gesundheitsprodukte zur Verfügung stellen, den sogenannten Vorteilsausgleich. Mindestens die Hälfte davon muss als Spende überlassen werden, der Rest zu Vorzugspreisen.

Für die technische Umsetzung dieses Mechanismus soll bei der Weltgesundheitsversammlung eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die die technischen Details aushandelt.

Lieferketten und Logistik

Das Abkommen sieht zudem ein neues weltweites Netzwerk für den Transport und die Verteilung von medizinischen Produkten vor, um in humanitären Krisensituationen einen gerechteren Zugang zu ermöglichen. Dieses Netzwerk von Lieferketten und Logistik (GSCL) wird laut Abkommen von der WHO in Partnerschaft mit relevanten Beteiligten aufgebaut und koordiniert.

Ratifizierung erst 2026

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur technischen Umsetzung des PABS sollen voraussichtlich bei der nächsten Weltgesundheitsversammlung 2026 von den WHO-Mitgliedstaaten abgesegnet werden. Danach kann die Ratifizierung des gesamten Pandemie-Abkommens beginnen. Damit es in Kraft treten kann, muss es von 60 Mitgliedstaaten ratifiziert worden sein.

Die USA waren an der Verhandlung der letzten Details des Pandemie-Abkommens nicht mehr beteiligt. Die Vereinbarung sei dennoch “eine Aufbauspritze für den Multilateralismus, auch wenn es ohne die USA ist”, urteilt ein europäischer Diplomat, der anonym bleiben will.

US-Präsident Donald Trump hatte direkt nach seinem Amtsantritt am 20. Jänner den Austritt seines Landes aus der WHO verfügt. Ihre Beiträge für 2024 und 2025 haben die USA nicht mehr bezahlt, auch die US-Hilfen für andere Gesundheitsprojekte in aller Welt hat Trumps Regierung fast vollständig gestrichen.

Nach US-Ausstieg in den roten Zahlen

Dass der traditionell größte WHO-Beitragszahler USA kein Geld mehr überweist, lässt seine Organisation in die roten Zahlen rutschen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus Ende April. Die WHO müsse daher ihre Aktivitäten verringern und Personal entlassen.

Die UN-Organisation hofft außerdem, dass der Wegfall der US-Gelder von den anderen Mitgliedstaaten teilweise kompensiert wird. Sie sollen nun über den Vorschlag abstimmen, ihre Pflichtbeiträge im Haushaltsjahr 2026/2027 um 20 Prozent anzuheben.

Sollte diese Erhöhung gewährt werden, würden immer noch 1,7 Milliarden Dollar (1,52 Mrd. Euro) im künftigen Budget fehlen – und das, obwohl die WHO dieses schon von den ursprünglich geplanten 5,3 Milliarden Dollar um 21 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar verringern will.

APAMED



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