Ashwagandha und mögliche Leberschäden – ein kritischer Blick


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Ashwgandha oder auch Schlafbeere ist abgebildet. Ihre Blätter und Wurzel sowie das Pulver aus ihren Wurzeln in einem Glas.
Wiederholt wurde international von Leberschäden in Verbindung mit Ashwagandha berichtet.Kitiphong/AdobeStock_1574580231

Ashwagandha ist eine beliebte Pflanze in Nahrungsergänzungsmitteln, der positive Effekte bei Stressreduktion und Schlafverbesserung zugeschrieben werden. Klinische Studien, meist klein und kurzzeitig, zeigen Hinweise auf Wirksamkeit, besonders bei Dosen von 300 bis 600 mg täglich. Zugleich mehren sich Berichte über unerwünschte Wirkungen, darunter auch Leberschäden. Fachbehörden empfehlen daher besonders bei Risikogruppen wie Schwangeren und Leberkranken Vorsicht. Die Datenlage bleibt zwiespältig, weshalb eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung wichtig ist.

Ashwagandha (Withania somnifera), auch bekannt als Schlafbeere, Winterkirsche oder indischer Ginseng, ist seit langem Bestandteil der ayurvedischen Heilkunst. Als Arzneidroge werden hauptsächlich ihre Wurzeln verwendet und daraus ein Extrakt hergestellt. In Europa und den USA hat der Pflanzenextrakt in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zunehmend Verbreitung gefunden. Anbieter bewerben die Präparate mit Versprechen von Stressabbau, besserem Schlaf oder Leistungssteigerung.

Wissenschaftlich abgesicherte Nachweise für die angepriesenen Effekte fehlen jedoch zumeist. Mehrere Studien zu Ashwagandha sind hinsichtlich Design und Endpunkten valide, jedoch meist kurzzeitig und mit kleinen (60 bis 130 Proband:innen) bis mittleren (1000 Proband:innen) Stichproben. Die Qualität und Standardisierung der Ashwagandha-Präparate variiert. Die Sicherheit bei Langzeitanwendung ist nicht abschließend geklärt.

Übelkeit, Gelbsucht und Hepatitis

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie Fachbehörden in Frankreich, den Niederlanden und Australien haben die aktuelle Datenlage analysiert. Hintergrund sind Fallberichte, in denen nach dem Konsum von Ashwagandha-Präparaten Symptome wie Übelkeit, Gelbsucht, Bauchschmerzen, Juckreiz oder Hepatitis auftraten. In den meisten Fällen besserten sich die Beschwerden nach dem Absetzen innerhalb weniger Wochen. In seltenen, aber schweren Verläufen kam es bis hin zu akutem Leberversagen mit notwendiger Transplantation.

Im Zeitraum von November 2018 bis August 2023 hat beispielsweise das niederländische Zentrum für Pharmakovigilanz „Lareb“ vier Fälle von Ashwagandha-assoziiierter-Hepatotoxizität gemeldet bekommen. Die WHO verzeichnet mit September 2025 in ihrer Datenbank „VigiAccess“ 113 Fallberichte über Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Ashwagandha als aktive Substanz.

Beeinflussung von Cortisol- oder Schilddrüsenhormonen?

Neben möglichen Leberschäden werden auch andere unerwünschte Wirkungen beschrieben: gastrointestinale Beschwerden, Schwindel, Kopfschmerzen oder Hautreaktionen. Außerdem gibt es Hinweise auf Eingriffe in hormonelle Regelkreise, etwa Cortisol- oder Schilddrüsenhormone. Die Schilddrüsenfunktion sollte daher laut Expert:innen bei längerfristiger Einnahme sorgfältig überwacht werden. Besonders anfällig scheinen Personen mit bestehenden Lebererkrankungen zu sein. Für Schwangere, Stillende und Kinder rät das BfR grundsätzlich von einer Einnahme ab.

Wechselwirkungen

Weiters gibt es Hinweise darauf, dass es zu Wechselwirkungen von Ashwagandha-Präparaten mit Arzneimitteln gibt: Etwa bei Antidiabetika, Antihypertensiva oder Immunsuppressiva Cyclosporin, Mycophenolat, Tacrolimus oder Kortikosteroide . Die Kombination von sedativ-hypnotischen Medikamenten mit dem Extrakt könnte zu Schläfrigkeit führen. Daher empfehlen die Expertinnen des BfR, dass bei Einnahme dieser Arzneimittel die Supplementierung mit Schlafbeer-Extrakten nur nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen soll.

Ursache nicht eindeutig

Die Ursachen sind bislang nicht eindeutig geklärt. Vermutet wird, dass die stark variierenden Herstellungsprozesse – unterschiedliche Pflanzenteile und Extraktionsverfahren – den Gehalt aktiver Inhaltsstoffe und damit das Risiko beeinflussen. Nahrungsergänzungsmittel unterliegen zudem keiner verpflichtenden Zulassungsprüfung wie Arzneimittel. Somit liegt die Verantwortung für Sicherheit und Zusammensetzung in erster Linie bei den Herstellern.

Ashwagandha wird oft als harmloses „natürliches Mittel“ dargestellt. Die Datenlage zeigt jedoch, dass potenziell ernsthafte Nebenwirkungen auftreten können und nicht alle versprochenen Effekte mit Nachweisen belegt werden können.

BfR und HMPC bleiben kritisch

Das BfR rät anhand der bisher veröffentlichten Risikobewertungen sowie den international registrierten Fallberichten keine Ashwagandha-haltigen Präparate einzunehmen. Da Daten zur Sicherheit von Ashwagandha für Schwangere, Stillende und Kinder fehlen, wird vor allem diesen Bevölkerungsgruppen von der Einnahme entsprechender Präparate abgeraten.

Auch das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) sieht Ashwagandha aufgrund der bisher begrenzten und uneinheitlichen Datenlage kritisch und betont die Notwendigkeit weiterer qualitativ hochwertiger Studien. Während erste Hinweise auf positive Wirkungen vorliegen, bestehen laut dem HMPC weiterhin Unsicherheiten hinsichtlich der Sicherheit, insbesondere bezüglich möglicher Leberrisiken. 



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