Kekse: Goldgelb statt goldbraun


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: mehrere Lebkuchenmänner liegen nebeneinander in verschiedenen bräunungsgraden. Einer ist verkohlt.
Weniger ist mehr: Kekse sollten goldgelb und bei niedriger Temperatur gebacken werden.travnikovstudio/AdobeStock_74613977

Mit Beginn der Adventszeit zieht der Duft von Vanille, Zimt und frisch gebackenen Keksen wieder durch viele Küchen. Doch parallel zur Vorfreude rückt jedes Jahr ein Thema in den Fokus, das vor allem in der Lebensmittelchemie und Toxikologie relevant ist: Acrylamid. Besonders in selbst gebackenen Keksen kann dieser Stoff schneller entstehen, als man denkt.

Gerade in der Weihnachtszeit wird viel gebacken, oft bei hohen Temperaturen und mit klassischen Zutaten wie Mehl, Zucker und Butter. Genau diese Kombination kann jedoch dazu führen, dass Acrylamid entsteht – ein Stoff, der in Tierversuchen Krebs verursacht hat und im Verdacht steht, das Erbgut zu verändern. Entsprechend empfiehlt es sich, in der Küche einige einfache Regeln zu beachten, um die Belastung möglichst gering zu halten.

Was ist Acrylamid?

Acrylamid wurde laut AGES 2002 erstmals in stark erhitzten, stärkehaltigen Lebensmitteln entdeckt. Wird es aufgenommen, wird es im Körper zu Glycidamid umgewandelt – einer Substanz, die laut wissenschaftlichen Erkenntnissen das Erbgut schädigen und Krebs erzeugen kann.

Acrylamid entsteht, wenn Zucker (Glucose, Fructose) und die Aminosäure Asparagin zusammen erhitzt werden ab rund 120 Grad. Dieser Prozess, Teil der sogenannten Maillard-Reaktion, erzeugt zwar das gewünschte Aroma und die typische Bräunung von Keksen, Lebkuchen oder Brot, führt jedoch gleichzeitig zur Bildung unerwünschter Nebenprodukte.

Je stärker gebräunt, desto höher der Acrylamidgehalt.
Oder kurz gesagt: goldgelb statt dunkelbraun.

Wie entsteht Acrylamid beim Keksbacken?

Typische Bedingungen in der Weihnachtsbäckerei begünstigen die Bildung:

  • Temperaturen über 120 Grad
  • niedriger Wassergehalt (trockene Kekse, Knuspriges)
  • Kombination aus Zucker und Getreide
  • lange Backzeiten oder zu starke Bräunung

Lebkuchen, Kekse, Zwieback und Knäckebrot gehören zu jenen Produkten, die laut Untersuchungen der AGES regelmäßig höhere Acrylamidwerte aufweisen. Durchschnittswerte aus Österreich zeigen beispielsweise:

  • Lebkuchen: 292 µg/kg
  • Kekse, Zwieback: 250 µg/kg

Für Erwachsene beträgt die durchschnittliche tägliche Acrylamidaufnahme 0,15 µg/kg Körpergewicht (KG). Personen mit hohem Konsum nehmen 1,57 µg/kg KG/Tag auf. Der größte Anteil an der Gesamtexposition über Lebensmittel entfällt auf Kartoffelchips und Lebkuchen. Ihr relativer Anteil beträgt 27 Prozent für Kartoffelchips und 18 Prozent für Lebkuchen Das heißt nicht, dass diese Lebensmittel „gefährlich“ sind, aber: Die Aufnahme sollte so gering wie möglich bleiben, und durch die Art des Backens lässt sich viel beeinflussen.

Erbgutverändernd und krebsauslösend?

Bei der gesundheitlichen Beurteilung von Acrylamid stehen vor allem dessen potenziell erbgutschädigende und krebserzeugende Effekte im Vordergrund. Tierversuche zeigen, dass Acrylamid nach der oralen Aufnahme nahezu vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen und anschließend überwiegend in der Leber weiterverarbeitet wird. Dabei entsteht unter anderem Glycidamid – ein Stoffwechselprodukt, das deutlich reaktiver ist als Acrylamid selbst und rasch mit zellulären Strukturen wie Proteinen und der DNA interagiert.

Wie backe ich Kekse möglichst acrylamidarm?

1. Temperatur reduzieren

  • Mit Umluft maximal 180 Grad,
  • ohne Umluft maximal 200 Grad.
  • So niedrig wie möglich backen, ohne dass die Konsistenz leidet.

2. Backzeit kurz halten

  • nur so lange im Ofen lassen, bis die Kekse goldgelb sind
  • starke Bräunung vermeiden
  • „Vergolden statt Verkohlen“ gilt als Grundregel

3. Backpapier verwenden

  • verhindert eine zu starke Bräunung von unten

4. Umluft sparsam nutzen

  • Umluft trocknet stärker aus (mehr Acrylamidbildung)

5. Dickere Teigstücke formen

  • dünne Kekse haben mehr Oberfläche (mehr Acrylamid)

6. Rezepturen überdenken

  • Weniger Zucker reduziert das Potenzial zur Acrylamidbildung.
  • Bei Kartoffelprodukten (beispielsweise Bratkartoffeln, Pommes) gilt: nicht im Kühlschrank lagern (fördert Zuckergehalt).

Wie hoch ist das Risiko?

Acrylamid gilt laut WHO-Expertengremium (IARC) für den Menschen als wahrscheinlich krebserregend. Ein Schwellenwert, unter dem Acrylamid unbedenklich wäre, ist derzeit nicht definierbar. Daher gilt das Vorsorgeprinzip: Je weniger, desto besser.

Europaweit existieren keine Höchstwerte für Haushalte, aber seit 2018 sind Lebensmittelbetriebe zur Minimierung verpflichtet. Auch Österreich führt laufend Kontrollen durch; die meisten Produkte liegen innerhalb der Richtwerte.

Weihnachtskekse gehören zur Adventszeit einfach dazu und niemand muss darauf verzichten. Mit ein paar einfachen Maßnahmen lässt sich jedoch die Bildung von Acrylamid deutlich verringern. Goldgelb statt dunkel, kürzere Backzeiten und etwas niedrigere Temperaturen reichen oft schon aus, um das Risiko zu reduzieren, ohne den Geschmack zu verlieren.



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