MedSafetyWeek: Nebenwirkungen melden macht Arzneimittel sicherer


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Eine Weiß-rote Kapsel liegt auf einem beipacktest. Man sieht die Nebenwirkungen von sehr häufig bis nicht bekannt aufgelistet.
Bei Fragen zu erwünschten und möglichen unerwünschten Arzneimittel-Nebenwirkungen sind Apotheken oft die erste Anlaufstelle für Menschen. Vermutete Nebenwirkungen müssen von Gesundheitsberufen gemeldet werden.Henry Schmitt/AdobeStock_48769983

Vom 3. bis 9. November 2025 steht die internationale #MedSafetyWeek im Zeichen der Arzneimittelsicherheit. Ziel der Kampagne ist es, auf die Bedeutung der Pharmakovigilanz, das systematische Erfassen und Bewerten von Nebenwirkungen, aufmerksam zu machen. Apotheker:innen sind gesetzlich verpflichtet Verdachtsfälle zu melden. „Underreporting“, das Nicht-Melden von vermuteten Nebenwirkungen, erschwert das frühzeitige Erkennen von Risiken.

Gesundheitsministerium, Apothekerkammer, Ärztekammer, Medizinische Universität Wien, Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) und die AGES unterstützen gemeinsam den sicheren Umgang mit Arzneimitteln.

„Jeder und jede Einzelne kann einen Beitrag leisten – denn jede Meldung kann dazu beitragen, Menschen zu schützen. Die Sicherheit von Medikamenten beginnt bei uns allen“, so Gesundheitsministerin Schumann.

Nur 5 bis 10 Prozent der vermuteten Nebenwirkungen gemeldet

„Bei der AGES prüfen, beobachten und bewerten wir täglich Arzneimittel, um Sicherheit zu erhöhen und Vertrauen zu stärken – vor und nach der Zulassung. Jede Rückmeldung von Patienten, Ärzten und Apotheken hilft, die Arzneimittel-Sicherheit zusätzlich zu verbessern“, so AGES Geschäftsführer Johannes Pleiner-Duxneuner. „Sicherheit entsteht nicht durch Kontrolle allein, sondern durch Zusammenarbeit und Vertrauen. Jede Meldung stärkt das System, das uns schützt.“

In Österreich nutzt die Arzneimittelbehörde BASG die Nebenwirkungsmeldungen, um die Sicherheit von Medikamenten national zu überwachen und auf potenzielle Risiken zu reagieren. Leider zeigen Untersuchungen, dass lediglich 5 bis 10 Prozent aller vermuteten Nebenwirkungen gemeldet werden. „Das bedeutet, dass wir nur die Spitze des Eisberges sehen, und dass es dadurch manchmal länger dauern kann, wichtige Sicherheitsprobleme zu identifizieren. Durch die Sensibilisierung im Rahmen der #MedSafetyWeek möchten wir möglichst viele Menschen darauf aufmerksam machen, dass ihre Meldung wichtig ist“, sagt Günter Waxenecker, Leiter der AGES Medizinmarktaufsicht und Verfahrensleiter des BASG.

Meldungen stärken Evidenz

„Medikamente retten Leben und verbessern die Gesundheit von Millionen Menschen weltweit. Manchmal können sie jedoch auch unbeabsichtigte Wirkungen verursachen“, unterstreicht Markus Zeitlinger von der „Arzneimittelambulanz“ der Medizinischen Universität und des AKH Wien. Sein Team aus Pharmakolog:innen und Pharmazeut:innen befasst sich unter anderem mit Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Arzneimitteln. Diese seien ein großes Thema „wegen der oft parallelen Behandlung von chronischen und akuten Erkrankungen“, so Zeitlinger. Für ihn sei belegt, „jede Meldung einer vermuteten Nebenwirkung stärkt die wissenschaftliche Evidenz und dient dem Wohl aller Patient:innen“.

Meldepflicht von Angehörigen der Gesundheitsberufe

Im Sinne einer zielführenden Pharmakovigilanz ist es wesentlich, dass Meldungen vermuteter Nebenwirkungen bei der zuständigen Behörde einlangen. Daher haben laut § 75 des Arzneimittelgesetztes (AMG): „Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Dentisten, Hebammen [… ], Apotheker [… ] und Drogisten…

  1. vermutete Nebenwirkungen oder
  2. das Ausbleiben der erwarteten Wirksamkeit oder
  3. vermutete Nebenwirkungen beim Menschen oder
  4. nicht ausreichende Wartezeiten

…von Arzneimitteln, die im Inland aufgetreten sind und ihnen auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit bekannt geworden sind, nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 75a unverzüglich dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zu melden.“ Hierzu gibt es ein online Formular.

Demgemäß sieht § 75g AMG vor, dass Angehörige der Gesundheitsberufe vermutete Nebenwirkungen unverzüglich dem BASG zu melden haben. Patient:innen können und sollen gemäß § 75h AMG vermutete Nebenwirkungen ebenfalls dem BASG melden.

Große Verantwortung für Apotheker:innen

Arzneimittel-Sicherheit erfordert Fachwissen sowie stets ein aufmerksames und ständiges Beobachten, um im Bedarfsfall konsequent zu handeln. Die Qualität und auch die Quantität der eingehenden Meldungen sind kritische Erfolgsfaktoren für ein effektives Spontanmeldesystem zur frühzeitigen Identifizierung neuer Risiken. Apotheker:innen und Ärzt:innen tragen bei der Meldung von möglichen Nebenwirkungen große Verantwortung. „Das Spontanmeldesystem ist bei Arzneimitteln von essenzieller Bedeutung. Daher gehört zu einer professionellen persönlichen Arzneimittelberatung in der Apotheke auch ein vertrauensvolles Gespräch mit den Patient:innen nach der Anwendung“, so Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer.

„Gerade die Qualität von Nebenwirkungsmeldungen durch Ärzt:innen ist für eine valide Beurteilung der Kausalität zwischen dem verdächtigten Arzneimittel und der beobachteten Reaktion entscheidend“, ergänzt Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart. Tatsächlich stammen über 80 Prozent der sicherheitsrelevanten Signale, die im EU-Ausschuss für Arzneimittelsicherheit diskutiert werden, aus dem Spontanmeldebereich. „Sie erweisen sich als besonders nützlich und unterstreichen die Bedeutung als Frühwarnsystem“, so Steinhart.

„Underreporting“: Nur 2.000 Meldungen durch Gesundheitsberufe

Im Jahr 2024 sind dem BASG so insgesamt 17.027 Pharmakovigilanz-Meldungen (Erst- und Folgemeldungen) zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Medikationsfehlern gemeldet worden. Davon stammen 12.899 Meldungen von Zulassungsinhabern, 2.364 Meldungen von Patient:innen und 1.996 Meldungen von Angehörigen der Gesundheitsberufe. Die unzureichende Meldung von Arzneimittel-Nebenwirkungen ist weltweit ein Problem. 

Gründe für das „Underreporting“ quer durch alle Gesundheitsberufe könnten nebst Zeitmangel und vermeintlich hohem administrativem Aufwand auch die Ansicht sein, dass das Melden von Nebenwirkungen nicht zielführend erscheint.

Eudravigilance-Datenbank

In Österreich werden alle Meldungen vom BASG gründlich bewertet und geprüft, um die notwendigen und richtigen Schritte zum Schutz der Arzneimittel-Anwender:innen zu setzen. Seit dem Jahr 2018 sind das über 290.000 Nebenwirkungs-Meldungen. Dabei ist es ausreichend, wenn ein Zusammenhang zwischen Arzneimittel und Nebenwirkung als möglich erachtet wird, beispielsweise aufgrund der zeitlichen Nähe oder weil eine andere Ursache nicht erkennbar ist. Nach der Erfassung in der BASG-Nebenwirkungsdatenbank werden alle Verdachtsmeldungen an die Eudravigilance-Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) übermittelt und stehen den europäischen Arzneimittelbehörden zur laufenden Überwachung der Sicherheit aller in der EU zugelassenen Arzneimittel zur Verfügung.

Zehnjähriges Jubiläum: 131 Organisationen in 117 Ländern

Gemeinsam appellieren BMASGPK, ÖÄK, ÖAK, MedUni, AGES und BASG daher, vermutete Nebenwirkungen zu melden, um Arzneimittel für alle sicherer zu machen. Zum zehnjährigen Jubiläum im Jahr 2025 ist die #MedSafetyWeek die bislang größte Aktion dieser Art: 131 Organisationen in 117 Ländern haben sich verpflichtet, die Botschaft der Kampagne in mehr als 62 Sprachen zu verbreiten. Österreich wird durch das BASG als zuständige Partner-Organisation vertreten.

APAMED/ OTS AGES



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