Ein Forschungsteam am Ludwig Boltzmann Institut (LBI) für Osteologie hat erstmals entdeckt, dass ein Hormon (FGF23) aus dem Knochen den Energiestoffwechsel im überlasteten Herzen steuert. Die kürzlich veröffentlichten Erkenntnisse erklären neue Zusammenhänge zwischen Knochen, Niere und Herz und eröffnen damit einen neuen Ansatzpunkt für künftige Therapien bei Herzschwäche.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Reinhold Erben am LBI für Osteologie hat einen bislang unbekannten Mechanismus entdeckt, der die Herzgesundheit grundlegend beeinflusst: Das Knochenhormon FGF23 (Fibroblast Growth Factor-23) steuert den Energiestoffwechsel im Herzen. Die Studie, die vor rund sieben Jahren an der Veterinärmedizinischen Universität Wien startete und am LBI für Osteologie weitergeführt wurde, ist nun in npj Metabolic Health and Disease veröffentlich worden. Erstmals konnte gezeigt werden, dass FGF23 im hypertrophen Herzen als zentraler metabolischer Regulator wirkt. Die Erkenntnis liefert einen neuen Erklärungsansatz, warum hohe FGF23-Spiegel, vor allem bei Patient:innen mit Nierenerkrankungen, mit einem drastisch erhöhten Risiko für Herzschwäche und Sterblichkeit verbunden sind, und öffnet die Tür zu möglichen neuen Therapieansätzen.
Weniger Vernarbung, niedriger Blutdruck
Das Forschungsteam am LBI für Osteologie hat untersucht, welche Rolle das Hormon FGF23 bei einem hypertrophen Herzen spielt, und haben dazu die Genaktivität im Herzen gezielt unterdrückt, um das Hormon sozusagen „auszuschalten“. Ein hypertrophes Herz entsteht, wenn der Herzmuskel durch vermehrte Belastung dauerhaft auf Hochtouren arbeiten muss und sich so vergrößert. Das Ergebnis am LBI: Das Herz wird, ohne FGF23, trotz Überlastung weniger geschädigt. Es vernarbt weniger, der Blutdruck ist niedriger und der Herzmuskel verändert seine Energieversorgung. Anstatt hauptsächlich Glukose, also Zucker, zu nutzen, schaltet das Herz vermehrt auf die Fettverbrennung um. Das Hormon, das ursprünglich im Knochen entsteht, wirkt somit wie ein Stoffwechsel-Schalter im überlasteten Herzen. Diese grundlegenden Veränderungen im Energiehaushalt wurden zusätzlich in einer begleitenden Schwestern-Publikation im Kidney International bestätigt.
Ähnlichkeit zu SGLT2-Hemmern
Die neuen Erkenntnisse des LBI für Osteologie eröffnen damit neue therapeutische Perspektiven. Die beobachtete Veränderung im Energiehaushalt des Herzens ähnelt dem Wirkmechanismus von sogenannten SGLT2-Hemmern, einer Medikamentengruppe, die das Herz nachweislich schützt – sowohl bei Herzschwäche als auch bei Diabetes. Obwohl diese Präparate das Risiko für schwere Herzkomplikationen deutlich senken, war bislang weitgehend ungeklärt, warum sie im Herzen so gut wirken. Die neuen Ergebnisse könnten zu einem verbesserten Verständnis dieses Effekts beitragen.
„Unsere Daten zeigen erstmals, dass FGF23 den Energiestoffwechsel im hypertrophen Herzen steuert. Wenn es gelingt, diesen Signalweg gezielt zu blockieren, könnten wir verhindern, dass sich das Herz durch dauerhafte Überlastung verändert und an Kraft verliert“, so Reinhold Erben, Forschungsgruppenleiter am LBI für Osteologie.
Next Step: Signalweg entschlüsseln
Die Forschenden gehen davon aus, dass der molekulare Signalweg von FGF23 im Herzen nun weiter entschlüsselt werden muss, um neue Therapien gegen Herzschwäche und hypertrophe Herzerkrankungen zu entwickeln. Das Projekt unterstreicht die Bedeutung grundlegender, hypothesengetriebener Forschung: „Unerwartete Entdeckungen wie diese können der Ausgangspunkt dringend benötigter medizinischer Innovationen sein“, so Erben abschließend.
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