DrSmile: Zahnärztin vor dem EuGH


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: Ein Zahn steht neben einem Richterhammer
Sind Zahnschienen aus dem Ausland legal oder nicht?video/ AdobeStock_1380458227

Ein aktueller Fall aus Kärnten beschäftigt derzeit die Gerichte und wirft wichtige Fragen zur Ausübung medizinischer Leistungen über Landesgrenzen hinweg auf. Im Zentrum steht eine Zahnärztin, die Voruntersuchungen für regulierende Zahnschienen durchführt und mit dem deutschen Anbieter „DrSmile“ zusammenarbeitet. Die Zahnärztin selbst wird von der Klinik für ihre unterstützenden Leistungen vergütet, ist aber rechtlich nicht direkte Vertragspartnerin der Behandelten. Die Österreichische Zahnärztekammer sieht darin einen Gesetzesverstoß und klagte. Die Gerichte urteilen bisher uneinheitlich – nun liegt der Fall beim Europäischen Gerichtshof. Ein endgültiges Urteil steht noch aus.

Die betroffene Zahnärztin arbeitet mit einem international agierenden deutschen Anbieter zusammen, der eine internetbasierte Plattform für die Versorgung mit Mundzahnschienen (Alignern) betreibt – bekannt unter dem Namen „DrSmile“. Die Zahnärztin ist in ihrer Ordination für die Anamnese, die Erstberatung und die diagnostischen Vorarbeiten zuständig. Die betroffenen Patient:innen schließen ihren Behandlungsvertrag jedoch nicht mit ihr, sondern mit einem deutschen Unternehmen ab, das wiederum über ein zweites verbundenes Unternehmen die Aligner herstellt. Weitere Behandlungsschritte laufen dann über die App und das Fernmanagement der deutschen Klinik ab. Die Behandelten schicken hierzu regelmäßig Bilder ihrer Zähne an die Klinikpartner, um den Verlauf zu dokumentieren.

Diese Zahnklinik steht in einem Vertrag mit der österreichischen Zahnärztin und
bezahlt sie für die Leistungen, die sie im Rahmen der digitalen Behandlung bei den Patienten erbringt.

Vorwurf: Unlauterer Wettbewerb

Für die Österreichische Zahnärztekammer (ÖZK) ist dieser Ablauf nicht zulässig. Sie sieht in der Zusammenarbeit mit der ausländischen Klinik eine Umgehung des österreichischen Zahnärztegesetzes, das klar regelt: Zahnmedizin darf nur von Personen mit entsprechender Befugnis in Österreich ausgeübt werden – und auch nur in Österreich selbst.

Die Kammer spricht von unlauterem Wettbewerb und will mit einer einstweiligen Verfügung verhindern, dass die Zahnärztin weiterhin in dieser Form tätig ist.
Die Schlüsselfrage ist in diesem Streit: Agiert die Zahnärztin als eigenständig behandelnde Ärztin in Österreich? Oder ist sie lediglich eine Art „verlängerter Arm“ der deutschen Klinik, also eine Erfüllungsgehilfin, die fremde medizinische Leistungen nur vorbereitet und das in einem Land, in dem der Vertragspartner keine Zulassung hat?

Eigenständige Unternehmerin

Die Zahnärztin selbst sieht sich als eigenständige Unternehmerin: Sie führe die Untersuchungen selbst durch, schließe einen eigenen Behandlungsvertrag mit den Behandelten ab, und werde direkt von der deutschen Klinik für ihre Leistungen entlohnt. Auch die Partnerklinik sei rechtlich korrekt in Deutschland zugelassen und betreibe lediglich Telemedizin.

Die ÖZK hingegen sieht genau darin die Grauzone: Denn wenn Diagnose und Verlaufskontrolle über ein ausländisches Unternehmen abgewickelt werden, das in Österreich nicht tätig sein darf, könne die Zusammenarbeit eben nicht rechtmäßig sein.

Mehrere Instanzen, mehrere Rechtsmeinungen

Die rechtliche Auseinandersetzung hat bereits mehrere Instanzen durchlaufen – mit unterschiedlichen Ergebnissen. Das Erstgericht sah in der Zusammenarbeit keine Gesetzesverletzung: Es ging davon aus, dass zwei getrennte Behandlungsverträge vorliegen. Einer zwischen der Zahnärztin und ihren Patient:innen in Österreich, ein weiterer zwischen diesen und der deutschen Partnerklinik. Damit handle die Zahnärztin eigenständig und nicht im Auftrag der ausländischen Einrichtung. Die Klage der Zahnärztekammer wurde abgewiesen.

Anders entschied jedoch das Rekursgericht: Aus seiner Sicht tritt die Zahnärztin als Erfüllungsgehilfin der deutschen Klinik auf. Sie übernehme damit nicht bloß vorbereitende Leistungen, sondern sei Teil einer grenzüberschreitenden Behandlung, die von einem in Österreich nicht zugelassenen Unternehmen ausgeführt werde. Das sei nicht nur ein Verstoß gegen das Zahnärztegesetz, sondern auch ein Fall von unlauterem Wettbewerb.

Gretchenfrage: Getrennte Leistungen oder einheitliche Behandlung?

Nach einer Beschwerde der Zahnärztin liegt der Fall nun beim Obersten Gerichtshof (OGH) – dieser hat das Verfahren aber zunächst ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind seit Mai veröffentlicht und enthalten eine differenzierte Einschätzung: Die Zahnärztin erfülle grundsätzlich alle Voraussetzungen für die von ihr vor Ort erbrachten Leistungen. Entscheidend sei nun, ob die in Österreich durchgeführten Schritte und die anschließende digitale Betreuung durch die Klinik als eine einheitliche Behandlung gelten oder ob es sich um rechtlich klar getrennte Leistungen handelt.

Der Generalanwalt tendiert zur zweiten Sichtweise: Die zahnärztlichen Leistungen der Beklagten seien eigenständig und nicht automatisch Teil der Behandlung durch die deutsche Klinik. Sollte der EuGH dieser Argumentation folgen, könnte das Verfahren für die Zahnärztin positiv enden.

Urteil im Spätsommer erwartet

Mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird im Spätsommer 2025 gerechnet. Danach liegt es wieder am OGH in Wien, final zu beurteilen, ob die Zusammenarbeit rechtlich zulässig war oder ob sie gegen das Zahnärztegesetz verstößt. Für die Zahnärztin gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.



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