Einer ehemaligen Apothekenmitarbeiterin wird vorgeworfen, im Zeitraum von 2021 bis 2024 Botox- und Hyaluronsäure-Präparate im Wert von rund 370.000 Euro veruntreut zu haben. Die Anklage lautet auf Untreue nach § 153 Abs. 1 und 3 Strafgesetzbuch (StGB). Im Falle eines Schuldspruchs kann der Angeklagten – aufgrund der hohen Schadenssumme – eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren drohen. Doch auch in der gestrigen Verhandlung wurde angesichts des wiederholten Fernbleibens des geladenen Arztes kein Urteil gefällt.
Angeklagte beteuert Unschuld
Die Angeklagte beteuert weiterhin ihre Unschuld. Bei der letzten Befragung im August erklärte sie, sie habe auf Anweisung ihres damaligen Arbeitgebers gehandelt und „nichts ohne sein Wissen“ getan. Sie verwies auf eine Dreiecksbeziehung zwischen dem Apothekenbesitzer und dem Arzt, an den die Präparate geliefert worden sein sollen.
Die Angeklagte soll, laut damaliger Aussage des Wiener Apothekenbesitzers, die Beauty-Präparate über Direktbestellungen im System geordert und anschließend Lieferscheine entfernt sowie offene Positionen in der Software gelöscht haben.
Zeugin berichtet über Unregelmäßigkeiten
Eine langjährige Mitarbeiterin der Apotheke sagte in ihrer Befragung aus, es habe „öfter ungewöhnliche Fehlbuchungen“ gegeben. Die Zeugin erinnerte sich besonders an einen Vorfall mit Hyaluronsäure-Fillern: „Beim Zubuchen der Ware hat ab und an ein Lieferschein oder ein Arzneimittel gefehlt – das kann passieren. Aber ich erinnere mich an einen Fall, bei dem 20 Stück der Hyaluronsäure-Filler geliefert wurden und im System nicht zugebucht waren. Ich habe meine Kollegin (Anm. der Redaktion: die Angeklagte) gefragt, ob sie vergessen hatte, diese zuzubuchen. Sie bejahte und ich korrigierte dann den Lagerstand, indem ich die Ware im System nachtrug. Das ist mir in Erinnerung geblieben, da es sehr ungewöhnlich ist, dass 20 Stück fehlen. Ein einzelnes Präparat kann einmal vergessen werden, zu liefern, aber bei so einer Menge liegt dann meist ein größeres Problem vor.“
„Ich habe der Kollegin vertraut“
Auf Nachfrage der Richterin, ob sie dies ihrem Arbeitgeber gemeldet habe, antwortete sie: „Nein, ich habe der Kollegin vertraut, dass sie die Ware korrekt übernommen hat und es dieses Mal einfach vergessen wurde. Ich bin auch davon ausgegangen, dass die von ihr bezogenen Produkte ordnungsgemäß mit dem Betrieb verrechnet werden.“ Die Zeugin schilderte weiter, die Angeklagte habe im Zuge der Nachfrage erwähnt, sie bringe die Produkte dem befreundeten Arzt mit und habe „mit einem großen Sackerl die Apotheke verlassen“.
Auch habe sie den Eindruck gehabt, dass die Angeklagte ein freundschaftliches Verhältnis zu dem betreffenden Arzt gepflegt und ihm gelegentlich Präparate „als Freundschaftsdienst“ geliefert habe.
Zudem habe die Angeklagte „viel Ware für ihre Familie bezogen“. Sie wurde deswegen auch von ihrem Arbeitgeber darauf hingewiesen, Privatbestellungen im Rahmen zu halten und „nicht die ganze Großfamilie zu versorgen“.
Suchaktion in der Apotheke
Von der im November 2023 durchgeführten Suchaktion habe die Zeugin nichts mitbekommen, da sie zu diesem Zeitpunkt in Karenz war.
Der Apothekenleiter hatte in seiner Aussage im August berichtet, er habe damals eine Rechnung für eine große Menge Botox erhalten, die er vermeintlich nicht erhalten hatte, da diese im System nicht zugebucht war. Nachdem alle Mitarbeitenden intensiv nach der fehlenden Ware gesucht hätten, habe die Angeklagte die Produkte am nächsten Tag im Kühlschrank gefunden.
Eine weitere Zeugin meinte dazu in ihrer damaligen Aussage im August: „Als sie die Botox-Präparate fand, hatte ich das Gefühl, die Reaktion war aufgesetzt. Es wirkte gespielt.“
„Unser Gehalt gibt diesen Lebensstil nicht her“
Auch der Lebensstil der Angeklagten war erneut Thema der Verhandlung. Die Mitarbeiterin schildert: „Sie hatte viele schöne Kleidungsstücke, teure Handtaschen und Schuhe. Ich habe mir manchmal gedacht: Ich sehe meine Kollegin nie zweimal im gleichen Gewand.“ Auf Nachfrage habe ihr die Angeklagte erklärt, sie habe die Kleidung von ihrer Schwester geborgt. Die Zeugin ergänzte: „Ich bin immer von Fälschungen ausgegangen. Unser Gehalt gibt diesen Lebensstil nicht her. Manche dieser Handtaschen kosten mehrere hundert bis tausend Euro.“
Arzt erneut nicht erschienen
Der Arzt, dem die Präparate laut Anklage vermeintlich geliefert worden sein sollen, erschien erneut nicht zur Verhandlung. Kurz vor der Anhörung ließ er mitteilen, krankheitsbedingt verhindert zu sein.
Da seine Aussage für die Klärung des Tathergangs wesentlich sei, wurde die Verhandlung auf Dezember vertagt und der Arzt erneut geladen.
Weitere Zeugenladungen abgelehnt
Der Verteidiger der Angeklagten beantragte die Ladung zusätzlicher Zeugen: Unter anderem ein Programmierer und der Software-Entwickler des betroffenen Apothekensystems. Sie sollten erklären, warum Softwarefehler möglicherweise zu Fehlbuchungen und falschen Lagerständen geführt haben könnten. Dem Antrag wurde vom Gericht nicht stattgegeben. Für die Angeklagte gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
