Interesse an Onlineshopping lässt nach


Redaktion

Eine digitale Verkaufsoberfläche wird auf ein Supermarktregal projiziert.
Wo Vertrauen im Spiel ist, wird lieber stationär geshoppt. Trotzdem kaufen 21 Prozent ihre Gesundheitsprodukte im Netz.Amron/AdobeStock_1347804060

Eine Studie zeigt einen Rückgang von Onlineshopping zumindest in Wien. Nachwievor erfreuen sich das digitale Einkaufen großer Beliebtheit. Die Wiener Wirtschaftskammer kritisiert ungleiche Bedingungen für heimische Anbieter und Großversender etwa aus China. Die Stärken des stationären Handels: Beratung, Vertrauen und Einkaufserlebnis.

Nach Jahren starken Wachstums verliert der Online-Handel zumindest in Wien an Tempo. Zwar bestellen weiterhin rund 1 Million Wienerinnen und Wiener im Alter von 16 bis 74 Jahren regelmäßig im Internet. Doch der Anteil der Online-Käufer ist von 74 Prozent im Jahr 2023 auf aktuell 68 Prozent zurückgegangen – und liegt damit wieder auf dem Niveau von 2022, wie eine Studie des Instituts für Österreichs Wirtschaft im Auftrag der Wirtschaftskammer belegt.

„Digitales Kaufverhalten normalisiert sich”

Bei den Ausgaben zeigt sich ein ähnliches Bild: Im letzten Jahr gaben die Wienerinnen und Wiener 1,96 Milliarden Euro im Online-Handel aus, deutlich unter dem Pandemie-Höchststand von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2021. Auch gegenüber 2023 (2,0 Milliarden Euro) ergibt sich ein Rückgang. „Das digitale Kaufverhalten normalisiert sich nach dem Corona-Boom. Wiens Online-Ausgaben im Einzelhandel sind 2024 so niedrig wie zuletzt vor vier Jahren“, so Margarete Gumprecht, Obfrau der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien.

Bemerkbar wird das auch beim Online-Anteil an den gesamten Einzelhandelsausgaben, der von 10,9 Prozent (2023) auf 10,4 Prozent (2024) zurückgegangen ist und damit klar unter dem Spitzenwert von 13,6 Prozent während der Corona-Zeit liegt. „Der Online-Anteil der gesamten Einzelhandelsausgaben liegt bei 10,4 Prozent, das heißt aber auch, dass die restlichen Anteile auf den stationären Einzelhandel fallen“, sagt Gumprecht.

Beziehung zum Kunden aufbauen

Die Wiener Handelsobfrau ist überzeugt, dass das Einkaufen vor Ort bedeutend bleibt: „Der Online-Handel ist gekommen, um zu bleiben. Doch der stationäre Handel bleibt stark – vor allem dort, wo Beratung, Vertrauen und ein persönliches Einkaufserlebnis gefragt sind. Lokale Händler schaffen Erlebnisse und bauen Beziehungen auf, die weit über den bloßen Kauf hinausgehen und vom Online-Handel nicht ersetzt werden können. Die Menschen schätzen das persönliche Beratungsgespräch, möchten Produkte berühren, sehen oder riechen und sich direkt vor Ort von der Qualität überzeugen.“

Die Zukunft des Einkaufens ist hybrid, also in der Offline- und Online-Welt. Für Handelsbetriebe bedeutet das, die beiden Welten immer mehr zu verknüpfen: „Kunden entscheiden situativ, wo sie einkaufen – je nachdem, was einfacher und bequemer ist. Mal online, mal vor Ort. Umso wichtiger ist es für Händler, Produkte und Services auf allen Kanälen verfügbar zu machen. Angebote, die das Einkaufserlebnis verbessern, sind ebenso gefragt wie digitale Services wie Click & Collect oder virtuelle Beratung.

Jede:r Fünfte kauft Medikamente online

Besonders stark ist der Online-Kanal bei klar definierten Produktgruppen: Rund 45 Prozent der Wiener kaufen Kleidung, Schuhe und Accessoires online. 22 Prozent bestellen Möbel oder Gartenartikel beziehungsweise Bücher und Zeitungen. Produkte wie Kosmetik, Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel erreichen jeweils 21 Prozent Online-Kaufanteil. Lebensmittel inklusive Kochboxen werden von 19 Prozent der Befragten online geordert.

Der Online-Handel sei per se nicht das Problem, so Gumprecht: „Wichtig ist, dass bei Händlern gekauft wird, die Fairplay betreiben und möglichst auch regional oder national sind. Problematisch ist, dass nach wie vor zwei Drittel der Umsätze ins Ausland fließen – das hat unmittelbare Folgen für den Wiener Handel und die Arbeitsplätze hier.“

Begeisterung für asiatische Plattformen

Der Anteil der Online-Ausgaben, die auf ausländische Anbieter entfallen, liegt bei 65 Prozent – nur 35 Prozent verbleiben bei heimischen Online-Händlern. Amazon dominiert weiterhin (57 Prozent), immer mehr kaufen jedoch auch bei zumindest einer asiatischen Online-Plattform (42 Prozent). Im Detail bestellen bereits 31 Prozent der Wienerinnen und Wiener bei Temu, 20 Prozent bei Shein, weitere 13 Prozent bei AliExpress und 10 Prozent bei Wish. Insbesondere bei günstigen Lifestyle-Produkten, Dekoartikeln und Haushaltshelfern gewinnen diese Plattformen an Bedeutung.

„Immer mehr Bestellungen erfolgen direkt und wettbewerbsverzerrend aus China. Während heimische Händler zahlreiche Auflagen, Standards und Kontrollen erfüllen müssen, gelten für Anbieter wie Temu oder Shein andere Spielregeln“, kritisiert Gumprecht. „Es fehlt an einheitlichen Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer.“ Besonders problematisch sei der Wettbewerbsnachteil durch die EU-Zollfreigrenze von 150 Euro – ein Vorteil, von dem insbesondere Plattformen wie Temu und Shein profitieren. „Diese Grenze gehört dringend und umgehend abgeschafft“, so die klare Forderung. Darüber hinaus spricht sich die Wiener Handelsobfrau für wirksame Maßnahmen zur Marktüberwachung, einheitliche Produktsicherheitsstandards und verpflichtende Berichtspflichten für ausländische Online-Marktplätze aus.

APA



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