Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi: Ein Rudeltier zwischen Theorie und Praxis


von

Astrid Janovsky

Fortbildungen sind die große Leidenschafft der Apothekerin.Apothekerkammer/Assam

Gestern die Moderation einer Kammer-Fortbildung, heute ein Gespräch mit Gesundheits-Stakeholdern, morgen ein Kochkurs für die VAAÖ-Mitglieder und dazwischen immer wieder der Einsatz an der Tara: Das Leben von Susanne Ergott-Badawi ist alle andere als eintönig.  Tara24 traf die 1. Obmannstellvertreterin der Österreichischen Apothekerkammer zu einem Gespräch über clevere Fortbildungen, politische Verhandlungen und die Freude am Arbeiten in der Apotheke.

In ihrem Büro ist immer Frühling – zumindest an der Wand. Da hängt nämlich ein in den Blumengärten in Hirschstetten im 21. Wiener Bezirk selbstfotografiertes und künstlerisch bearbeitetes Tulpenbild. „Ich liebe das Schöne,“ sagt die nicht nur standespolitisch engagierte Apothekerin und fügt hinzu: „Und ich teile es gerne mit meinen Kolleginnen und Kollegen“. Der hübsche Hintergrund hat aber auch einen ganz praktischen Zweck: Er dient als Kulisse für die zahlreichen Fortbildungsmoderationen, die die 1. Obmannstellvertreterin der österreichischen Apothekerkammer nicht nur in ihrer Funktion als Vizepräsidentin der Landesgeschäftsstelle Wien moderiert. Fortbildung ist im Leben von Ergott-Badawi generell ein großes Thema, aber dazu kommen wir gleich.

Pharmazeutisch erblich vorbelastet

Vorab gehen wir ein paar Schritte zurück und begleiten die junge Susanne auf ihren ersten Wegen an der Uni. Erst kurz zuvor war sie aus Palästina nach Österreich gezogen. Back to the roots könnte man fast sagen, denn ihre Mutter ist Weinviertlerin. Sie hatte ihren Vater bei dessen Pharmazie-Studium in Wien kennengelernt und war dann mit ihm ins Ausland gegangen. Ergott-Badawi wurde aber in ihrer ganzen Kindheit und Jugend ein starker Österreich-Bezug vermittelt. Und einen starker Apotheken-Bezug. Denn ihr Vater hatte in Palästina eine eigene Apotheke besessen. Der Weg an die Tara war also quasi in die Wiege gelegt worden. „Ich habe mir wirklich gut überlegt, ob ich Pharmazie studieren will, nur weil mein Vater das gemacht hat,“ erinnert sich Ergott-Badawi.

„Was mir aber gefallen hat – und noch immer gefällt – ist die Vielfalt dieses Studiums. Ich liebe Naturwissenschaften.“ In einem „Kammerl zu sitzen“ wäre für die Umtriebige jedoch nicht in Frage gekommen. „Ich brauche das Soziale,“ ergänzt sie mit großer Begeisterung. Medizin stand auch im Raum, aber „ich bin sehr froh, dass ich mich für die Pharmazie entschieden habe. Immer noch.“ Sie lacht.

Die erste Zeit an der Uni war keine einfache gewesen. Denn egal, ob aus dem Ausland oder aus einem österreichischen Bundesland: Wer nicht einer (österreichischen) Apothekersfamilie entstammt, muss erst seinen Platz in der universitären Gemeinschaft finden. Aber schon bald hatte sie sich ein freundschaftliches und vertrauensvolles Netzwerk geknüpft, das sie durch das ganze Studium begleitet.

Praxistaugliches Wissen

An der pharmazeutischen Ausbildung schätzt sie außerdem die Umsetzbarkeit des Wissens in der Praxis. Das versucht sie gerade ihrem Kind schmackhaft zu machen, das beim Lernen des Periodensystems eher nicht so sehr an die Sinnhaftigkeit des sperrigen Stoffes glauben mag. Weniger Überzeugungsarbeit braucht es für die 1. Vizepräsidentin und Wiener Landesgruppenobfrau des VAAÖ, um die Apothekerinnen und Apotheker für Fortbildungen zu motivieren. Erst kürzlich erreichte der APOkongress, bei dem sie den Vorsitz hatte, Teilnehmer-Rekorde.

„Neue Fortbildungen zu kreieren macht unheimlich Spaß,“ freut sich Ergott-Badawi und setzt ernst hinzu: „Ich bin den Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar dafür, dass sie mich in eine Position gewählt haben, in der ich für unseren Stand so aktiv mitgestalten kann.“ Ein Projekt hat es ihr besonders angetan: „Es ist schon ein großartiges Gefühl, ein eigenes Universitätsstudium auf die Beine gestellt zu haben, um eine neue Dienstleistung in den Apotheken zu etablieren.“ Die Augen der Pharmazeutin leuchten. Sie war maßgeblich in die Entwicklung des neuen Post-Graduate-Studiengangs „klinische Pharmazie“ an der Uni Wien eingebunden gewesen. „Das taugt mir irrsinnig,“

Mit Begeisterung steht sie auf den größten Vortragsbühnen der Apothekerschaft.Leonardo Ramirez Photography

Die Pharmazeutin schätzt „clevere Fortbildungen“ – jene, die die Brücke vom Wissen in die Praxis schlagen. Medikationsmanagement bzw. Medikationsanalyse liegen ihr sehr am Herzen. „Wir wollen nicht nur Packerl schupfen. Wir wollen unser Wissen umsetzen und Menschen helfen,“ sagt sie mit Überzeugung und setzt sich seit 2017 mit ihrem VAAÖ-Kollegen Mag.pharm. Raimund Podroschko in der ÖAK dafür ein, dass diese pharmazeutische Dienstleistung von den Kassen abgegolten wird. „Corona hat uns leider in den Bemühungen gebremst,“ bedauert sie, „aber jetzt sind wir auf einem guten Weg.“ Die Verhandlungen mit der Sozialversicherung laufen bereits und Ergott-Badawi ist natürlich daran beteiligt.

Zu den pharmazeutischen Dienstleistungen hat sie auch einen sehr speziellen, persönlichen Bezug. „In vielen Ländern der Welt dürfen Apotheker impfen. Sogar in der Apotheke meines Vaters in Palästina war es ganz normal,“ erinnert sie sich an ihre Jugend. „Da sind die Leute einfach reingekommen und der Apotheker hat sie geimpft.“ Deshalb war sie auch eine der Ersten, die sich für das Impfen in der Apotheke ausgesprochen haben. „Ich kann mir das gut vorstellen, denn das Wissen dafür haben wir.“

Schaffung guter Arbeitsbedingungen

Aufgrund ihrer langjährigen beruflichen Erfahrung als angestellte Apothekerin und in der Standespolitik hat sie tiefe Einblicke in die Wünsche und Bedürfnisse der Angestellten: „Die Schaffung von guten Arbeitsbedingungen in der Apotheke für meine Kolleginnen und Kollegen ist mein Hauptanliegen als Angestelltenvertreterin. Das impliziert zukunftsorientierte, moderne Apotheken mit mehr Kompetenzen für Apotheker.“ Die politische Arbeit erfordert viel Geschicklichkeit „und das aufeinander Zugehen und sich auf gemeinsame Ziele zu konzentrieren,“ ergänzt sie.

Weil der politische Einsatz nicht immer einfach ist, schätzt Ergott-Badawi die „klassische Arbeit“ an der Tara. 3/10 verbringt sie jede Woche in der Offizin. „Das ist auch anstrengend,“ lacht die Standesvertreterin, „aber im Vergleich zur politischen Arbeit kann das phasenweise fast schon Erholung sein.“ Die Kombination aus Kammer und Apotheke bezeichnet sie als „bereichernd“. „Das wirft einen ganz neuen Blickwinkel auf die Apothekenarbeit.“

Ergott-Badawi liebt das Kochen – und gibt ihr Wissen gerne an Kolleg:innen weiter.VAAÖ

So richtig entspannen kann Ergott-Badawi mit ihrer Familie, mit Freunden und in der Natur. Außerdem liebt sie das Kochen. Wobei sie auch da nicht ganz die Pharmazeutin abschütteln kann. Denn bereits in ihren ersten Jahren als Apothekerin vertiefte sie sich in die Ayurveda-Lehre und belegte dafür eine Ausbildung in München. Das Wissen um die richtige bzw. genussvolle Ernährung gibt sie noch heute gerne in vom VAAÖ angebotenen Kochkursen an interessierte Kolleginnen und Kollegen weiter.

Während von der Koch-Leidenschaft die ganze Familie (und sogar die Apothekerschaft) profitiert, ist die zweite Freizeitbeschäftigung ganz alleine für das eigene Wohlbefinden gedacht: seit fünf Jahren besucht die gesundheitsbewusste Apothekerin regelmäßig Pilatesstunden. Und ein bisschen Krafttraining muss auch sein. „Für die Fitness,“ lacht sie und fügt hinzu: „Ich brauche die Gruppe. Alleine macht es keinen Spaß. Ich bin ein Rudeltier.“ Da ist sie in der Apothekenwelt genau am richtigen Platz.



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