In der Weihnachtszeit werden in Apotheken nicht nur Arzneimittel nachgefragt, sondern auch klassische Backzutaten: Doch was verbirgt sich hinter Namen wie Hirschhornsalz oder Pottasche und wofür werden diese traditionellen Zutaten eigentlich verwendet? Ein Blick auf altbewährte Backhelfer, die bis heute ihren festen Platz im Apothekensortiment haben.
Hirschhornsalz: das klassische Triebmittel für Weihnachtsgebäck
Hirschhornsalz ist ein traditionelles Backtriebmittel, das vor allem für flaches Weihnachtsgebäck wie Lebkuchen, Biber, Magenbrot oder Spekulatius verwendet wird. Chemisch handelt es sich heute meist um Ammoniumhydrogencarbonat (NH4HCO3), das beim Erhitzen vollständig zerfällt. Ursprünglich entstand Hirschhornsalz durch Pyrolyse (trockene Destillation) von geraspeltem Hirschhorn, woraus sich der Name ableitet.
Beim Backen entstehen dabei Kohlenstoffdioxid, Wasser und Ammoniak. Diese Gase lockern den Teig, ohne feste Rückstände zu hinterlassen. Der charakteristische, stechende Ammoniakgeruch verflüchtigt sich vollständig, allerdings nur bei dünnem Gebäck. Für hohe Kuchen oder Brote ist Hirschhornsalz daher ungeeignet.
Typische Eigenschaften:
- feines, weißes, kristallines Pulver
- gut wasserlöslich, leicht hygroskopisch
- schwach salziger Geschmack, stechender Geruch
Anwendung:
Die übliche Dosierung beträgt 1 Gramm Hirschhornsalz auf 100 Gramm Mehl. Es wird nach Rezept eingesetzt und kann notfalls durch Backpulver ersetzt werden, wobei sich Aroma und Textur leicht verändern können.
Wichtig: Beim Backen sollte gut gelüftet werden, da entweichender Ammoniak die Atemwege reizen kann. Als Reinsubstanz ist Hirschhornsalz gesundheitsschädlich und darf nicht eingenommen werden. Zudem trägt es bei hohen Temperaturen zur Acrylamidbildung in Lebensmitteln bei, weshalb ein maßvoller Einsatz empfohlen wird.
Pottasche: Triebkraft für würzige Klassiker
Pottasche, chemisch Kaliumcarbonat (K2CO3), ist ein weiteres traditionelles Triebmittel der Weihnachtsbäckerei. Sie wurde früher aus Pflanzenasche gewonnen und ist heute als feines, weißes, hygroskopisches Pulver erhältlich.
Im Gegensatz zu Hirschhornsalz wirkt Pottasche erst in Kombination mit Säure. Dabei entsteht Kohlenstoffdioxid, das den Teig auflockert und für Volumen sorgt. Besonders in Lebkuchenrezepten ist diese Eigenschaft seit Jahrhunderten geschätzt.
Eigenschaften und Wirkung:
- gut wasserlöslich
- bildet in Wasser eine alkalische Lösung
- setzt mit Säure Kohlendioxid frei
Anwendungsgebiete:
- klassisches Backtriebmittel für Lebkuchen
- pharmazeutischer Hilfsstoff
- technische Nutzung, etwa in der Seifen- und Glasherstellung
Auch außerhalb der Weihnachtsbäckerei findet Kaliumcarbonat Verwendung, etwa als Bestandteil von Kansui, das für asiatische Nudeln eingesetzt wird.
Lebkuchengewürz: Aroma aus der Apotheke
Lebkuchengewürz ist eine klassische Gewürzmischung, die dem Weihnachtsgebäck seinen unverwechselbaren Duft und Geschmack verleiht. Die Zusammensetzung ist nicht einheitlich und variiert je nach Rezeptur.
Typische Bestandteile sind Arzneidrogen wie:
- Zimt (Cinnamomi cortex)
- Gewürznelken (Caryophylli flos)
- Anis (Anisi fructus)
- Sternanis (Illicii fructus)
- Koriander (Coriandri fructus)
Ergänzend können Piment, Ingwer, Muskatnuss, Kardamom, Pfeffer oder Zitrusschalen enthalten sein.
Verwendung:
Lebkuchengewürz wird für Lebkuchen, Honigkuchen, Magenbrot und Gewürzkuchen eingesetzt. Es kann fertig gemischt bezogen oder aus Einzelgewürzen frisch hergestellt werden. Letzteres ist aromatisch besonders intensiv, jedoch aufwendig.
Bei Überempfindlichkeiten gegen einzelne Bestandteile sollte Zurückhaltung geübt werden. Während der Schwangerschaft gilt für stark gewürztes Weihnachtsgebäck: genießen, aber nicht übermäßig. Weihnachtsgewürze werden manchmal auch zur Einleitung der Wehen verwendet.
Ob Hirschhornsalz, Pottasche oder Lebkuchengewürz viele klassische Weihnachtszutaten haben eine lange Tradition in der Apotheke. Sie verbinden chemisches Wissen, pharmazeutische Qualität und weihnachtliche Backkultur auf besondere Weise. Ein schönes Beispiel dafür, dass Apotheke in der Adventzeit auch ein Stück gelebte Alltagsgeschichte ist
