Gelber Tomatenextrakt: Hautschutz zum Schlucken?


Viktoria Gamsjäger

Symbolbild: eine dicke gelbe Tomate hängt am Strauch
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Gelber Tomatenextrakt wird als „ingestible skincare“ (verzehrbare Hautpflege) mit hautschützender Wirkung durch Lycopin und Carotinoide vermarktet. Die EFSA bewertet im Novel-Food-Verfahren jedoch nur die Sicherheit und lehnte den Extrakt 2023 zunächst ab. Nach Anpassungen der Zusammensetzung wurde er 2025 für Erwachsene als „sicher“ zugelassen. Kritische Stellen wie die Verbraucherzentrale sehen weiterhin keine belastbaren Wirksamkeitsnachweise.

Gelber Tomatenextrakt wird mittels superkritischer CO2-Extraktion aus dem Fruchtfleisch reifer, gelber Tomaten gewonnen (Lycopersicon esculentum Mill.). Enthalten sind unter anderem Beta-Carotin bis zu 0,5 Prozent, Zeta-Carotin bis zu fünf Prozent und weniger als 0,4 Prozent Lycopin. Weiters sind Carotinoide wie Phytoen (PE) und Phytofluen (PF), deren Anteil zusammen bis zu etwa zehn Prozent betragen kann, Bestandteil. Erhältlich ist der gelbe Tomaten-Extrakt laut Hersteller in Form von Pulver, Oleoresin und flüssigen Emulsionen.

Hautschutz zum Essen

Vom Hersteller wird der Spezial-Extrakt als „ingestible skincare“ (verzehrbare Hautpflege) beworben: Also als Nahrungsergänzung mit hautschützenden Eigenschaften. Es ist von einer Unterstützung der Kollagenstruktur, einer Stärkung der Barrierefunktion, einem „inneren Hautschutz-Reservoir“ und einer Reduktion von oxidativem Stress die Rede. Diese Aussagen fußen auf präklinischen Untersuchungen und einzelnen kleineren klinischen Studien auf der Website der Firma.

Novel Food

Dieser konzentrierte Spezialextrakt (Lumenato) des Herstellers Lycored gilt aufgrund seines neuartigen Carotinoidprofils und der superkritischen CO2-Extraktion als Neuheit im Sinne der Novel-Food-Regelung. Daher musste ein Sicherheitsbewertungs– und Zulassungsverfahren bei der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vollständig durchlaufen werden.

Die EFSA bewertet in ihrem Verfahren primär die Sicherheit und nicht die Wirksamkeit des Novel Foods. Für den gelben Tomatenextrakt bzw. die Handelsform „Lumenato“ existiert kein genehmigter Health Claim, weshalb jede gesundheitsbezogene Werbung auf einem Produkt-Label separat die Regeln der Health‑Claims‑Verordnung erfüllen müsste.

2023: „Sicherheit nicht nachgewiesen“

In der ersten wissenschaftlichen Bewertung des EFSA-NDA-Panels im März 2023 konnte die Sicherheit nicht bestätigt werden. Ausschlaggebend waren unter anderem das Risiko einer Überschreitung der zulässigen Tagesaufnahme (ADI) für Lycopin, unzureichende Daten zu Phytoen und Phytofluen sowie der ursprünglich geplante Einsatz in Getränken und Riegeln, auch für Personen unter 15 Jahren.

Der Antragsteller passte das Produkt daraufhin an: Die Zusammensetzung wurde geändert, insbesondere durch eine deutliche Begrenzung des Lycopin-Gehalts, und die Zielgruppe wurde auf Erwachsene beschränkt. Die maximale Tagesdosis im Rahmen der beantragten Verwendung wurde auf 100 mg festgesetzt. Auch die Menge der Carotinoide PF/PE wurde von 22 auf rund zehn Prozent reduziert.

2025: Positive Sicherheitsbewertung

Nach diesen Änderungen veröffentlichte die EFSA eine überarbeitete Bewertung, die im Mai 2025 publiziert wurde. Unter den neuen Spezifikationen und ausschließlich für Nahrungsergänzungsmittel für Erwachsene stuft das Gremium den gelben Tomatenextrakt als sicher ein. Das Inverkehrbringen im EU-Binnenmarkt ist ab 30. November erlaubt.

Frage der Wirksamkeit

Während die Sicherheitsbewertung damit abgeschlossen ist, bleibt die Frage nach der tatsächlichen Wirksamkeit noch offen. Die deutsche Verbraucherzentrale rät in einem Schreiben (Stand 01/25) von lycopinhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln ab, da belastbare Langzeitdaten fehlen und die gesundheitsbezogenen Versprechen – etwa für Haut, Herz, Augen, Prostata oder gegen oxidativen Stress – wissenschaftlich nicht ausreichend belegt seien.

Positive epidemiologische Hinweise zur Rolle von Tomaten in der Ernährung ließen sich nach Ansicht der Verbraucherzentrale nicht auf einen isolierten Spezialextrakt übertragen. Eine Ausnahme bildet lediglich ein bestimmtes wasserlösliches Tomatenkonzentrat, für das ein Health Claim zur Unterstützung der normalen Blutplättchenaggregation zugelassen wurde. Hersteller würden deshalb oft weitere bioaktive Stoffe wie Vitamin E oder C ergänzen, um zulässige gesundheitsbezogene Angaben machen zu können, heißt es weiter. Wissenschaftler vermuten, dass der natürliche Tomatenextrakt einen besseren Schutz als isoliertes Lycopin alleine bietet. Grund dafür dürfte der synergistische Effekte der verschiedenen Inhaltsstoffe sein.

Eine Metaanalyse von 119 prospektiven Studien untersuchte den Zusammenhang zwischen der Lycopin-Aufnahme und einem Krebsrisiko. Dabei zeigte sich, dass Menschen mit höheren Lycopinwerten im Blut oder einer lycopinreichen Ernährung ein geringeres Risiko hatten, an Krebs zu erkranken oder daran zu sterben. Besonders für Prostatakrebs fanden die Forschenden einen klaren inversen, linearen Zusammenhang zwischen der aufgenommenen Lycopinmenge und dem Erkrankungsrisiko. Insgesamt deutet die Analyse darauf hin, dass eine höhere Lycopinzufuhr möglicherweise mit einem gewissen Schutzeffekt verbunden ist.

Einzelne Studien deuten auf positive Effekte von gelbem Tomatenextrakt hinsichtlich Hautbarriere, Elastizität und UV-Schutz hin. Gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass weitere Daten für eine eindeutige Wirkung – insbesondere im Hinblick auf klinisch relevante Effekte – notwendig sind. Größere, unabhängige und langfristigere Studien sind wünschenswert.



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