Für das Herz ist Essen in der Nacht offenbar nicht besonders gut. Das hat ein US-Experiment belegt, bei dem Proband:innen über zwei Wochen hinweg Schichtarbeit simulierten. Negative Effekte zeigten sich dabei auf Herzfrequenz- und Entzündungsparameter. Ob Menschen im Rahmen von Schichtarbeit entgegen des normalen Tagesablaufs essen oder in der Nacht den häuslichen Kühlschrank plündern, dürfte letztendlich dasselbe Ergebnis liefern.
Das ist die Schlussfolgerung einer neuen wissenschaftlichen Untersuchung, die vor kurzem in “Nature Communications” erschienen ist. “Schichtarbeit ist auf der ganzen Welt weit verbreitet. In den Industrieländern leisten etwa 15 Prozent der Erwerbstätigen Arbeit in Nachtschicht. Das erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen”, schrieben Sarah Chellappa vom Forschungsprogramm für medizinische Chronobiologie am Brigham and Women’s Hospital in Boston/USA. Die Proband:innen wurden über einen Zeitraum von 24 Jahren beobachtet. Bei jenen, die über einen längeren Zeitraum Nachtarbeit absolvierten, wurde eine höhere Inzidenz von koronaren Herzkrankheit beobachtet. “Wichtig ist, dass dieses erhöhte Risiko nicht vollständig durch Unterschiede im Lebensstil und dem sozioökonomischen Status erklärt werden kann”, so Chellappa.
Schichtarbeit simuliert
Die Wissenschafter:innen testeten an gesunden Testpersonen (sieben Frauen und zwölf Männer im Durchschnittsalter von 26,5 Jahren und mit Normalgewicht) die Auswirkung verschobener zirkadianer Tagesabläufe in einer Versuchsanordnung. “Diese bestand aus einem 14-tägigen zirkadianen Laborprotokoll, um die Auswirkungen simulierter Nachtarbeit mit Essen entweder nachts und tagsüber oder nur tagsüber auf den chronobiologischen Rhythmus der Herz-Kreislauf-Funktion im Vergleich zu simulierter Arbeit am Tag zu testen”, hieß es in der wissenschaftlichen Untersuchung.
Erst mussten alle Probanden 32 Stunden wach bleiben und bekamen jede Stunde einen Snack. Danach wurden typische Nachtschichten simuliert. In dieser Zeit erhielt ein Teil der Testpersonen immer Gelegenheit zum Essen. Das galt auch für die Nacht. Die andere Hälfte der Probanden als Vergleichsgruppe durfte nur am Tag Nahrung zu sich nehmen. Die Schlafdauer war in beiden Gruppen gleich.
Parallel zu dem Experiment liefen umfangreiche medizinische Tests. Die Forscher maßen verschiedene Herz-Kreislauf-Risikofaktoren, darunter Marker des autonomen Nervensystems, den Plasminogenaktivator-Inhibitor 1 (PAI-1; der das Risiko von Blutgerinnseln erhöht) und den Blutdruck.
Nicht die Menge, sondern der Zeitpunkt entscheidet
“Bemerkenswerterweise stiegen diese kardiovaskulären Risikofaktoren nach simulierter Nachtarbeit im Vergleich zum Ausgangswert bei den Teilnehmern, die tagsüber und nachts essen konnten. Bei den Studienteilnehmern, die nur tagsüber aßen, blieben die Risikofaktoren jedoch gleich, obwohl sich Menge und Inhalt der Ernährung der beiden Gruppen nicht unterschied”, schrieb die US-Klinik in einer Aussendung. Den einzigen Unterschied machte der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme aus.
“Unsere Studie hat jeden nur denkbaren Faktor berücksichtigt, der die Ergebnisse beeinflussen könnte. Daher können wir sagen, dass es der Essenszeitpunkt ist, der diese Veränderungen der kardiovaskulären Risikofaktoren verursacht”, sagte Sarah Chellappa.
Erholungsfunktion gestört
So nahm beispielsweise die sogenannte Herzfrequenzvariabilität ab, was auf eine Störung der Erholungsfunktion über das Nervensystem (Parasympathikus) hindeutet. Zusätzlich wurde ein signifikanter Anstieg der Konzentration des PAI-1-Proteins im Blut registriert. Dies wird mit einer vermehrten Gefährdung für die Entstehung von Blutgerinnseln in Venen oder Arterien verbunden.
Die Studie könnte laut den Autoren eine Erklärung für die vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter Schichtarbeitern liefern. Essen in der Nacht hat offenbar negative Effekte.
APA