Die Wirkstoffkombination Aroxybutynin/Atomoxetin könnte künftig Erleichterung für Millionen von Menschen bringen. Bisher ist die Behandlung von Schlafapnoe nur mittels Atemmaske oder Zungenschrittmacher möglich. Der Antrag auf Zulassung ist für kommendes Jahr in Aussicht gestellt.
Schon im kommenden Jahr könnte in den USA die Zulassung des ersten Medikaments gegen Schlafapnoe in Tablettenform beantragt werden. Eine von US-Wissenschaftern entwickelte Wirkstoffkombination verringerte die Häufigkeit von Atemaussetzern stark und führte auch zu einer Verbesserung der Sauerstoffsättigung des Blutes, teilten die Entwickler mit.
“Die positiven Ergebnisse unserer Phase-III-Studie SynAIRgy bringen uns unserer Vision näher, ein einfaches, sicheres und wirksames orales Medikament anzubieten – ein Medikament, das wissenschaftlich fundiert ist und einen bisher nicht gedeckten Behandlungsbedarf von Menschen mit Schlafapnoe behebt”, sagte vor kurzem Larry Miller, Geschäftsführer des von US-Wissenschaftern gegründeten Pharmaunternehmens Apnimed.
30 Prozent aller Männer betroffen
Bei der obstruktiven Schlafapnoe kommt es während des Schlafes häufig zur kurzzeitigen Verlegung der Atemwege durch eine Erschlaffung der Zungenmuskulatur. Die Häufigkeit wird in der wissenschaftlichen Literatur mit rund 30 Prozent bei Männern und mit 13 Prozent bei Frauen angegeben.
Weltweit dürfte rund eine Milliarde Menschen betroffen sein. Bei 80 Prozent fehlt eine entsprechende Diagnose, womit es auch zu keiner Therapie kommt. Übergewicht und Adipositas sind treibende Faktoren. Alkoholkonsum vor dem Schlafengehen verstärkt eine Schlafapnoe. Die Folgen können chronische Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, aber langfristig auch ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten waren bisher eine Maskenbeatmung (CPAP-Beatmung) oder ein sogenannter Zungenschrittmacher. Längst nicht alle Betroffenen konnten sich mit diesen Therapien “anfreunden”.
Kombination bekannter Wirkstoffe
Wissenschafter der Harvard University in Boston in den USA haben bereits vor einigen Jahren mit der Entwicklung des ersten wirksamen Medikaments gegen obstruktive Schlafapnoe begonnen. Sie gründeten dafür schließlich ein eigenes Unternehmen (Apnimed; Cambridge/Massachusetts).
Die “Pille gegen Schlafapnoe” besteht aus zwei Komponenten: 2,5 Milligramm des Anticholinergikums Aroxybutynin (dem R-enantiomer von Oxybutynin) und 75 Milligramm des Noradrenalin-Reuptake-Hemmstoffes Atomoxetin. Anticholinergika, ähnlich Aroxybutynin, sind zur Behandlung von Harninkontinenz zugelassen. Atomoxetin wird in den USA zur Therapie des Hyperaktivitätssyndroms ADHS verwendet. Vor dem Schlafen eingenommen, soll die Wirkstoffkombination (AD109) die Erschlaffung der Zungenmuskulatur hemmen und auch im Schlaf die Nervenaktivität im Rachenraum stützen.
Gute Resultate bei ersten Studien
Jetzt liegen die Ergebnisse der ersten großen Wirksamkeitsstudie für das potenzielle Medikament mit per Zufall ausgewählten Probanden in zwei Gruppen und Verblindung vor. In die wissenschaftliche Untersuchung wurden mehr als 600 Patienten mit leichter bis schwerer obstruktiver Schlafapnoe aufgenommen, die mit den herkömmlichen Therapien nicht zurechtkamen oder ungeeignet dafür waren. Sie erhielten 26 Wochen lang entweder die echten Tabletten oder ein Placebo.
Die Wirkstoffkombination zeigte laut dem Unternehmen ausgesprochen gute Resultate: Es kam zu einer Verringerung des sogenannten Apnoe-Hypapnoe-Index (AHI) als Maßzahl der Schwere der Symptome um fast 56 Prozent. Bei etwas mehr als einem Fünftel der Behandelten nahm die Häufigkeit von Apnoe-Phasen pro Stunde auf weniger als fünf ab. “22,3 Prozent der mit AD109 behandelten Teilnehmer erreichten damit eine vollständige Kontrolle der obstruktiven Schlafapnoe-Erkrankung”, hieß es in einer Aussendung des US-Pharma-Unternehmens. Zusätzlich dazu hätte sich eine signifikant bessere Sauerstoffversorgung mit einer starken Erhöhung der Sauerstoffsättigung im Blut gezeigt.
Das Unternehmen plant, bereits Anfang 2026 einen Zulassungsantrag bei der US-Arzneimittelbehörde FDA zu stellen. Bis dahin sollten auch die Daten aus einer zweiten, derzeit noch laufenden Wirksamkeitsstudie mit dem möglichen Schlafapnoe-Arzneimittel vorliegen.
APA