Neubewertung von Fluorid-Aufnahmemenge


Viktoria Gamsjäger

Auf dem Bild liegt links eine Zahnpastatube mit der Aufschrift "Fluorid Toothpaste", in der Mitte ist ein zahn abgebildet und rechts liegt eine weiße gewachste Zahnseide.
Aufnahmemengen von Fluorid in Speisesalz, Zahnpasten und Trinkwasser wurden durch die EFSA neu bewertet.H Ray/AdobeStock_1497588103

Fluorid ist vor allem als Zusatz in Speisesalz oder in Zahnpasten und Mundspülungen bekannt. Es unterstützt die Remineralisierung des Zahnschmelzes und beugt Karies vor. Neuere Studien weisen jedoch auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Fluoridaufnahme und negativen Effekten auf das Nervensystem von Kindern sowie auf die Schilddrüse hin. Dies führte zu einer erneuten Risikobewertung und Anpassung der Aufnahmemengen durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Fluorid wird in der Medizin vor allem zur Kariesprophylaxe und zur Unterstützung der Knochengesundheit eingesetzt. Es stärkt den Zahnschmelz, macht ihn widerstandsfähiger gegen Säureangriffe und kann die Knochenmineraldichte fördern. Fluoridhaltige Zahnpasten und Mundspülungen sind gängige lokale Anwendungen, während Natriumfluorid systemisch zur Behandlung von Osteoporose eingesetzt werden kann.

Die maximal empfohlenen Tagesdosen variieren je nach Alter: Kinder benötigen geringere Mengen, um Zahnfluorose zu vermeiden, während Erwachsene eine tolerierbare Obergrenze von etwa drei Milligramm Fluorid pro Tag nicht überschreiten sollten – 2005 lag dieser Wert noch bei sieben Milligramm pro Tag.

Studien werfen Fragen auf

Neu veröffentlichte Studien legen nahe, dass eine erhöhte Fluoridaufnahme über Trinkwasser mit Konzentrationen über 1,5 Milligramm pro Liter mit einer Beeinträchtigung der kindlichen Gehirnentwicklung assoziiert sein kann. Einige Studien berichten in diesem Zusammenhang über niedrigere IQ-Werte bei Kindern. Für Konzentrationen unter 1,5 Milligramm pro Liter ist die Datenlage nicht konsistent genug, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ausgehend von einer Trinkwasserkonzentration von 1,5 Milligramm pro Liter wurde für Schwangere ein sicherer Tagesgrenzwert von 3,3 Milligramm Fluorid pro Tag festgelegt. Dieser Wert berücksichtigt alle oralen Aufnahmequellen, schützt den Fötus und wurde auch für andere Erwachsene sowie Kinder über acht Jahre übernommen. Er gilt zudem als schützend gegenüber möglichen negativen Effekten auf Schilddrüsenfunktion und Knochenmineralisierung, die bei höheren Wasserwerten beobachtet wurden.

Für Kinder bis acht Jahre wurde Zahnfluorose als empfindlichster Indikator bewertet. Die tolerierbaren Höchstmengen (UL) liegen bei 1,0 Milligramm Fluorid pro Tag für Säuglinge, 1,6 Milligramm Fluorid pro Tag für Kleinkinder und 2,0 Milligramm Fluorid pro Tag für Kinder von vier bis acht Jahren. Unter der Annahme, dass 100 Prozent des Fluorids aus Zahnpasta verschluckt werden, kann es in dieser Altersgruppe zu leichten Zahnverfärbungen (Fluorosen) kommen – vor allem an Backenzähnen, die sich noch im Wachstum befinden. „Es ist unwahrscheinlich, dass dies geschieht, wenn Kinder die Zahnpasta nach dem Zähneputzen ausspucken“, betont Susanne Hougaard Bennekou, Vorsitzende des EFSA-Ausschusses.

Gesamtfluorid-Exposition in EU: „keine gesundheitlichen Bedenken”

Alle oralen Fluoridquellen – Lebensmittel, Trinkwasser, fluoridiertes Speisesalz und verschluckte Zahnpflegeprodukte – wurden zusammen bewertet. Im Durchschnitt liegen die Aufnahmewerte in der Europäischen Union unterhalb der genannten Grenzwerte. Die EFSA geht daher davon aus, dass keine gesundheitlichen Bedenken für Erwachsene zu erwarten sind. 

Bei den Personen mit der höchsten Fluoridaufnahme (95. Perzentil) kann es zu einer Überschreitung der Grenzwerte kommen – und zwar dann, wenn man für die Berechnung die maximal gemessene Fluoridkonzentration im Trinkwasser annimmt. Dies betrifft alle Altersgruppen außer Jugendliche. In diesen Fällen kommt die EFSA daher zu dem Schluss, dass der derzeitige EU-Grenzwert von 1,5 Milligramm pro Liter möglicherweise nicht in allen Fällen ausreichenden Schutz bietet.

Weitere gesundheitliche Aspekte

  • Nervensystem: Studien deuten auf eine mögliche Verbindung zwischen hoher Fluoridaufnahme (über 1,5 Milligramm pro Liter) und neuroentwicklungsbezogenen Effekten hin, gestützt durch tierexperimentelle Daten. Für niedrigere Konzentrationen fehlen eindeutige Belege.
  • Schilddrüse: Querschnittsstudien zeigen bei höherer Wasserfluoridkonzentration (über 1,5 Milligramm pro Liter) tendenziell erhöhte TSH-Werte, deren biologische Relevanz aber unklar ist.
  • Knochengesundheit: Einige Humanstudien berichten bei einer Aufnahme von etwa drei Milligramm pro Tag über veränderte Knochendichte und ein erhöhtes Frakturrisiko – deutlich unter dem früheren UL von sieben Milligramm pro Tag. Die Daten reichen jedoch nicht für eine exakte Festlegung einer kritischen Schwelle. Unter 1,5 Milligramm pro Liter wurden keine negativen Effekte beobachtet.
  • Krebsrisiko: Es gibt keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Fluoridaufnahme und Knochenkrebs.

Nächste Schritte

Auf Basis der EFSA-Bewertung kann die Europäische Kommission den gesetzlichen Grenzwert für Fluorid im Trinkwasser überprüfen, um den Gesundheitsschutz in der Europäischen Union zu optimieren.



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