Die Wirkstoffkombination aus Aroxybutynin/Atomoxetin gegen die obstruktive Schlafapnoe befindet sich derzeit in Phase III der klinischen Studien. Für die Zulassung durch Arzneimittelbehörden sind in der Regel zwei groß angelegte Wirksamkeitsstudien notwendig. Bereits kommendes Jahr könnte es in den USA zum ersten Zulassungsantrag für ein als Tablette einnehmbares Medikament kommen. Auch eine zweite große Wirksamkeitsstudie mit mehr als 600 Patienten zeigte eine positive Wirkung.
Derzeit wird eine vielversprechende Wirkstoffkombination gegen die obstruktive Schlafapnoe untersucht. Die nun erschienene LunAIRo-Studie erreichte ihr primäres Ziel und zeigte nach 26 Wochen klinisch bedeutsame und statistisch signifikante Reduktionen der Atemwegsobstruktion. Teilnehmer, die mit AD109 behandelt wurden, erzielten in Woche 26 eine durchschnittliche AHI-Reduktion (Zahl der Atemaussetzer durch Schlafapnoe pro Stunde, Anm.) von 46,8 Prozent gegenüber dem Ausgangswert von minus 6,8 Prozent unter Placebo. „Die AHI-Reduktion blieb bis zum Ende der Studie in der Woche 51 statistisch signifikant”, hieß es vor wenigen Tagen in einer Mitteilung des von Bostoner Wissenschaftern gegründeten Pharmaunternehmens Apnimed. Die häufigsten behandlungsbedingten Nebenwirkungen seien leicht bis mittelschwer gewesen und hätten mit den Erfahrungen aus früheren Studien übereingestimmt. Schwerwiegende Nebenwirkungen seien nicht gemeldet worden.
Weltweit rund eine Milliarde Menschen betroffen
Bei der obstruktiven Schlafapnoe kommt es während des Schlafes häufig zur kurzzeitigen Verlegung der Atemwege durch eine Erschlaffung der Zungenmuskulatur. Die Häufigkeit wird in der wissenschaftlichen Literatur mit rund 30 Prozent bei Männern und mit 13 Prozent bei Frauen angegeben.
Weltweit dürfte rund eine Milliarde Menschen betroffen sein. Bei 80 Prozent fehlt eine entsprechende Diagnose, womit es auch zu keiner Therapie kommt. Übergewicht und Adipositas sind treibende Faktoren. Alkoholkonsum vor dem Schlafengehen verstärkt eine Schlafapnoe. Die Folgen können chronische Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, aber langfristig auch ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten waren bisher eine Maskenbeatmung (CPAP-Beatmung) oder ein sogenannter Zungenschrittmacher. Längst nicht alle Betroffenen konnten sich mit diesen Therapien „anfreunden”.
Wissenschafter der Harvard University in Boston in den USA haben bereits vor einigen Jahren mit der Entwicklung des ersten wirksamen Medikaments gegen obstruktive Schlafapnoe begonnen. Sie gründeten dafür schließlich ein eigenes Unternehmen.
Kombination hemmt Erschlaffung der Zungenmuskulatur
Die „Pille gegen Schlafapnoe” besteht aus zwei Komponenten: 2,5 Milligramm eines Anticholinergikums (Aroxybutynin) und 75 Milligramm des Noradrenalin-Reuptake-Hemmstoffes (Atomoxetin). Anticholinergika, ähnlich Aroxybutynin, sind zur Behandlung von Harninkontinenz zugelassen. Atomoxetin wird in den USA zur Therapie des Hyperaktivitätssyndroms ADHS verwendet. Vor dem Schlafen eingenommen, soll die Wirkstoffkombination (AD109) die Erschlaffung der Zungenmuskulatur hemmen und auch im Schlaf die Nervenaktivität im Rachenraum stützen.
Für die Zulassung durch Arzneimittelbehörden sind in der Regel zwei groß angelegte Wirksamkeitsstudien (Phase III; Wirksamkeit und Nebenwirkungen) notwendig, die ähnliche bis gleiche Ergebnisse bringen sollen. Im Mai dieses Jahres wurden die Ergebnisse der ersten derartigen klinischen Untersuchung bekanntgegeben. TARA24 hat bereits von den ersten Erfolgen berichtet.
In die erste wissenschaftliche Untersuchung waren mehr als 600 Patienten mit leichter bis schwerer obstruktiver Schlafapnoe aufgenommen worden, die mit den herkömmlichen Therapien nicht zurechtkamen oder ungeeignet dafür waren. Es kam demnach zu einer Verringerung des sogenannten Apnoe-Hypapnoe-Index (AHI) als Maßzahl der Schwere der Symptome um fast 56 Prozent. Bei etwas mehr als einem Fünftel der Behandelten nahm die Häufigkeit von Apnoe-Phasen pro Stunde auf weniger als fünf ab. „22,3 Prozent der mit AD109 behandelten Teilnehmer erreichten damit eine vollständige Kontrolle der obstruktiven Schlafapnoe-Erkrankung”, hieß es in einer Aussendung des US-Pharma-Unternehmens. Zusätzlich dazu hätte sich eine signifikant bessere Sauerstoffversorgung mit einer starken Erhöhung der Sauerstoffsättigung im Blut gezeigt.
23 Prozent: Komplette Krankheitskontrolle
Vor wenigen Tagen wurden die ersten Ergebnisse der zweiten Zulassungsstudie für das potenziell erste wirksame Medikament gegen Schlafapnoe bekannt. Die LunAIRo-Studie läuft an 64 Zentren in den USA. An der zwölfmonatigen Untersuchung nehmen 660 Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe, die für eine CPAP (Überdruck-Maskenbeatmung) nicht geeignet sind oder diese nicht tolerieren. Die Probanden hätten randomisiert im Verhältnis eins zu eins entweder einmal täglich 2,5 Milligramm Aroxybutynin/75 Milligramm Atomoxetin oral oder ein Placebo bekommen.
Nach 26 Wochen wurde das Ergebnis zum ersten Mal erfasst. In der Gruppe der Probanden mit dem echten Medikament sei die Häufigkeit von Atemaussetzern etc. um 46,8 Prozent gesunken (Placebo: minus 6,8 Prozent). Bei 23 Prozent der wirklich Behandelten sei eine komplette Krankheitskontrolle erzielt worden. Die Probanden waren Normal- und Übergewichtige und Adipöse. Je ein Drittel hatte eine leichte, eine mittelschwere oder eine schwere obstruktive Schlafapnoe.
Das Unternehmen hat bereits bekanntgegeben, im kommenden Jahr in den USA einen Zulassungsantrag für das Mittel stellen zu wollen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren in der klinischen Untersuchung Mundtrockenheit, Harnverhalten und Schlaflosigkeit.
APA