Warentest warnt vor Melatonin-Präparaten für Kinder


Sandra Piontek

Ein Mädchen liegt im Bett, die Decke bis über die Nase hochgezogen. Seine dunklen langen Haare breiten sich fächerförmig über dem weißen Kopfpolster aus. Mit den Händen hält sie die weiße Bettdecke hochgezogen und hat die Augen offen.
Schlafstörungen sind bei Kindern normal. Statt chemischer Substanzen sollten Eltern auf Einschlafrituale setzen. Luiza/AdobeStock_369047440

Dass Kinder Zeit brauchen, um selbstständig einzuschlafen und in den ersten Lebensjahren häufiger aufwachen, ist normal. Viele Kinder benötigen Einschlafhilfen wie Rituale, Kuscheltiere oder die Nähe der Eltern. Die Werbung verspricht schnelle Erfolge durch die Einnahme von Melatonin – ein Lockruf, dem verzweifelte Eltern gerne folgen. Stiftung Warentest warnt nun vor solchen Präparaten.

Seit Jahren liegen melatoninhaltige Nahrungsergänzungsmittel (NEM) im Trend. Das Problem: Es gibt sie auch für Kinder und das kann fatale Folgen haben. Kinder unter zwei Jahren sollten gar kein Melatonin einnehmen, außer es liegt eine ärztliche Diagnose und Betreuung vor. Kinder ab zwei Jahren können mit ärztlicher Begleitung niedrige Dosen einnehmen. Obwohl strenge Regeln gelten, sind etliche freiverkäufliche Mittel mit Melatonin erhältlich. Stiftung Warentest hat davon vier in Deutschland erhältliche und auf Deutsch beworbene Produkte auf ihren Melatoningehalt untersucht und von einem Gutachter bewerten lassen.

Qualitätsurteil “Gar nicht verwenden”

Qualitätsurteile wurden nicht vergeben, denn das Fazit ist für alle Mittel gleich: Warentest warnt vor jedem dieser Präparate. Konkret heißt es: „Kurzfristig können sie den Schlaf-Wach-Rhythmus von Kindern gehörig durcheinander wirbeln, und die langfristigen Folgen solcher Hormongaben sind nicht ausreichend untersucht.“ Kinder sollten demnach überhaupt keine melatoninhaltigen Nahrungsergänzungsmittel bekommen.

In den Test einbezogen wurde auch das bekannte Produkt ZzzQuil Gute Nacht Kids von Wick. Das Problem: Wie viel Melatonin NEM enthalten dürfen, ist nicht klar geregelt. Laut Herstellerangabe enthält ein Gummi 0,5 Milligramm Melatonin. In der Laboranalyse wurde jedoch ein Gehalt von 0,76 Milligramm festgestellt. Laut Wick können Kinder bei Bedarf aber auch zwei Drops am Tag nehmen.

Albträume, Benommenheit und Kopfschmerzen

Dabei gibt es etliche mögliche Nebenwirkungen wie etwa Albträume, Schläfrigkeit, morgendliche Benommenheit, Gangunsicherheit und verringerte Aufmerksamkeit, aber auch Kopfschmerzen oder ein erhöhter Blutzuckerspiegel. Auch langfristige Folgen sind noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht. Unklar ist, ob Melatonin die hormonelle Entwicklung von Kindern beeinflusst. Klar ist jedoch: „Schon bei einer einmaligen Dosis von 0,5 Milligramm kann sich Melatonin auf die Konzentration des Wachstumshormons im Körper auswirken.“

Die geschmackliche Attraktivität der Gummis verleite leicht zum Naschen und erhöhe die Gefahr einer Überdosierung, so Warentest weiter. Nicht umsonst standen in den USA 2021 knapp fünf Prozent aller Giftnotfälle bei Kindern mit Melatonin im Zusammenhang. Deswegen der dringende Appell: „Diese Mittel sind keine harmlosen Helfer.“ Falls Kinder mehrmals pro Woche länger als 20 Minuten zum Einschlafen brauchen, kann professionelle Hilfe sinnvoll sein. Ansprechpartner sind etwa Kinderarztpraxen, sozialpädiatrische Zentren oder Familienberatungen.

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