Die Zahl der Hitzetage hat sich in Österreich seit 1950 verdreifacht. Besonders drastisch: Der Anstieg erfolgt hierzulande doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt. Vor diesem Hintergrund traten am 26. Juni Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann, Apothekerkammer-Präsidentin Mag. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr und Umweltmediziner Dr. Heinz Fuchsig vor die Presse, um neue Präventionsmaßnahmen und die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Apothekerschaft, Ärzt:innen und Politik zu präsentieren. Den Hitze-Schulterschluss – wie sie es nennen.
Gesundheitsministerin Schumann betonte in ihrem Statement die Dringlichkeit gemeinsamer Maßnahmen angesichts der immer heißer werdenden Sommer: „Wir müssen Hitze als ernstzunehmende Gesundheitsgefahr begreifen. Besonders soziale Ungleichheiten wirken sich bei Hitze stark aus. Es ist unsere Aufgabe, die Gesellschaft insgesamt und insbesondere vulnerable Gruppen zu schützen.“
Besonderen Dank sprach sie dabei Apotheker:innen und Ärzt:innen aus. Weiters meint sie, dass „Apotheken als wohnortnahe Anlaufstellen eine tragende Rolle in der Aufklärung übernehmen.“ Schumann kündigte zudem die Arbeit an einer Hitzeschutzverordnung für Arbeitnehmer:innen an und verwies auf bereits bestehende Maßnahmen wie das Hitzetelefon.
2025: Hitze als Schwerpunktthema
Apothekerkammer-Präsidentin Mursch-Edlmayr rückte die Bedeutung von klarer Information und niederschwelliger Beratung in den Fokus. „Unser Ziel ist es, Menschen fair und gerecht durch die Hitzeperioden zu begleiten.“
Man habe sich daher innerhalb der Gesundheitsberufe zu einem „Hitze-Schulterschluss“ entschlossen und das Jahr 2025 thematisch dem Hitzeschutz gewidmet. Als zentrale Maßnahme stellte Mursch-Edlmayr neue Beratungsleitfäden für Apotheken vor, die derzeit österreichweit verteilt werden. „Wir brauchen ein einheitliches Wording, das wollen wir mit den Beratungsleitlinien schaffen“, erklärt sie.
Weiters rief sie die Bevölkerung dazu auf, stärker das Wissen der Apotheken zu nutzen: „Viele Menschen beziehen Informationen heute ausschließlich aus dem Internet. Umso wichtiger ist es, dass sie in der Apotheke gesichertes, valides Wissen erhalten. Wir wollen die Leute nicht verunsichern, sondern mit unserm Wissen sensibilisieren.“ Konkret gelte es, bei Medikamenten, die etwa die Temperaturregulation beeinflussen – wie Diuretika oder Blutdrucksenker – genau hinzuschauen. „Bitte fragen Sie Ihre Fachleute in der Apotheke, wie Medikamente bei Hitze richtig gelagert und eingenommen werden.“
Österreich: Jeder Dritte hitzevulnerabel
Auch Arbeits- und Umweltmediziner Heinz Fuchsig sprach von einer enormen Gesundheitsgefahr durch Hitze. „Jeder dritte Mensch in Österreich gilt als hitzevulnerabel, insbesondere ältere Personen, Kleinkinder und chronisch Erkrankte.“
Besonders betonte Fuchsig das Risiko für Menschen mit Herz-, Lungen- und Nierenerkrankungen. „An heißen Tagen kann sich die Herzarbeit bei vorerkrankten Menschen sogar verdoppeln. Nierenkranke haben zumeist Probleme mit einer erhöhten Flüssigkeitsaufnahme. Das kann schnell lebensbedrohlich werden und muss beachtet werden.“
Auch junge Menschen seien gefährdet, denn „Interessanterweise ist die Gruppe der 10- bis 19-jährigen Burschen stark anfällig für einen Hitzeschlag. Oft fehlt hier noch das Körpergefühl. Ich appelliere an Schulen und Sportvereine: Verlegt Sporteinheiten an Hitzetagen auf den Vormittag oder streicht sie ganz.“
Fuchsig plädiert für das Einhalten von „Entwärmungspausen“ und rät einen „Hitzeverstand“ zu entwickeln. „Wenn Sie merken, es wird zu viel: raus aus der Sonne, etwas trinken.“ Er hob dabei auch den weniger bekannten Zusatznutzen des Trinkens hervor. „Der Schluckvorgang aktiviert den Nervus vagus. Dieser beruhigt und senkt Aggressionen. Ein Vorteil für alle, denn gerade bei hohen Temperaturen neigen Menschen zu erhöhter Aggression“
Persönliche Strategien gegen die Hitze
Auch persönliche Tipps kamen zur Sprache. Die Apothekerkammer-Präsidentin Mursch-Edlmayr etwa setzt auf ihren Hausverstand: „Ich kleide mich locker, trage Kopfbedeckung und gehe nur früh morgens zum Sport, sofern es die Temperaturen zulassen.“ In ihrem eher ländlichen Zuhause sorgt sie am Abend durch gründliches Lüften für ein angenehmeres Raumklima. „Kleine Dinge machen oft einen großen Unterschied beim Grundkomfort“, erklärt sie.
Fuchsig ergänzt, „Denken Sie daran, nach dem Duschen oder Kochen die Feuchtigkeit aus der Wohnung zu bekommen. Bei höherer Luftfeuchtigkeit fühlt sich Temperatur wärmer für uns an.“
Ministerin Schumann verweist abschließend auf praktische Erfrischungs-möglichkeiten im städtischen Raum, etwa die Nebelduschen, die in Wien verteilt zur Verfügung stehen.