Was könnte eine mögliche FPÖ-geführte Regierung für das Gesundheitswesen bedeuten? TARA24 hat bei ÖGK-Obmann Andreas Huss nachgefragt. Der zeigt sich wenig begeistert und sieht das Scheitern der ÖVP-SPÖ-NEOS-Verhandlungen als „desaströses Vorzeichen“.
Eine Frage bewegt aktuell über die Grenzen hinaus: wie wird es mit Österreichs Regierung weitergehen. Und was passiert, wenn tatsächlich ein FPÖ-Bundeskanzler kommt? Andreas Huss, Obmann der größten Österreichischen Krankenkasse ÖGK, hätte es sich anders gewünscht: „Für unsere niederschwellige und solidarische Gesundheitsversorgung sehe ich besorgniserregenden Zeiten entgegen. In diesen wirtschaftlich angespannten Zeiten wäre gerade für die Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung die Bildung einer politischen Mitte aus ÖVP-SPÖ-NEOS, welche gemeinsam möglicherweise zu gangbaren Kompromissen gefunden hätte, dringend nötig gewesen.“ Als Teil des Verhandlungsteams für den Politikbereich Gesundheit habe er positive Entwicklungen auf Seiten des Gegenüber festgestellt, „um die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu sichern und die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.“ Sowohl bei der Problemanalyse als auch bei den Lösungen zur Finanzierung der Herausforderungen hätte es weitgehende Einigkeit der drei Verhandlungspartner gegeben.
Desaströses Vorzeichen
Der Abbruch der Verhandlungen ist daher laut Huss ein desaströses Vorzeichen für die Zukunft unserer solidarischen Gesundheitsversorgung. „Durch die neuesten Entwicklungen einer möglichen FPÖ geführten Bundesregierung von der in Zukunft die Wirtschaft durch Lohnnebenkostensenkungen und weitere Entlastungen profitieren wird, wird kein Geld vorhanden sein, um die notwendigen Investitionen für die Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Somit befürchte ich eine Wiederholung von bereits in der Vergangenheit getroffenen schwerwiegenden Fehlentscheidungen in der Gesundheitspolitik.“
FPÖ-Fehler in der Vergangenheit
Auch für die Versicherten ortet Huss eine Verschlechterung durch eine blau-schwarze Bundesregierung. Es drohe „ein weiterer Kahlschlag, wie unter der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung 2017-2019“ und damit in Folge eine weitere Verschlechterung der finanziellen Situation der Österreichischen Gesundheitskasse. Laut dem Rechnungshofbericht von 2022 habe die damalige Gesundheitsreform unter der FPÖ Bundesministerin Hartinger-Klein 215 Millionen Euro an Kosten verursacht, statt der versprochenen Einsparungen von einer Milliarde zu bringen. Bis 2028 werde diese Kassenfusion den Versicherten 1,7 Milliarden Euro gekostet haben vermutet der ÖGK-Chef.
Soziale Gerechtigkeit muss in den Vordergrund
„Ich befürchte,“ sagt Huss weiter, „dass die blau-schwarzen Verhandlerinnen und Verhandler die soziale Gesundheitsversorgung und den besten Schutz, unabhängig vom jeweiligen Einkommen, für alle Versicherten nicht auf ihrer Prioritätenliste ganz oben verortet sehen. Mir ist wichtig, dass alle Versicherten in Österreich flächendeckend den gleichen Zugang zu einer modernen medizinischen Versorgung haben.“
Die Arbeitnehmervertreter:innen in der ÖGK hätten bisher immer für eine soziale und gerechte Gesundheitsversorgung, die das Wohlergehen aller Menschen in Österreich verbessern, gekämpft.
Apotheken sollen impfen
Im Kalenderjahr 2025 habe die ÖGK auf Grund der bisher erfolgten Leistungsverbesserungen, des Ausbaus der Versorgung (zB. Im Bereich der Primärversorgungseinrichtungen, der Psychotherapie, der MTD-Berufe, der Hebammen usw.) und vieler Harmonisierungsmaßnahmen einen Abgang von mehr als 800 Millionen Euro zu erwarten. „Die ÖGK benötigt zusätzliche Finanzmittel nicht nur zur Abdeckung dieses Defizits,“ erklärt Huss, „sondern auch zum weiteren erforderlichen Ausbau der Versorgung, wie durch einen bundesweit einheitlichen Ärztegesamtvertrag mit einer einheitlichen Honorierung, durch weitere Primärversorungseinrichtungen, eigener Einrichtungen, selbstständige Facharztambulatorien und durch den Auf- und Ausbau von psychosozialen Versorgungszentren und vieles mehr. Wir gehen von zusätzlichen 900 Mio. Mehrbedarf um die niedergelassene Versorgung mit allen Gesundheitsberufen auszubauen und einheitlichen Gesamtvertrag in Zukunft umsetzen zu können.“ Nur dadurch könne die dringend erforderliche Spitalsentlastung und der Umbau des Systems zu mehr niedergelassenen Versorgung durch alle Gesundheitsberufe realisiert werden. Zudem müsse auch die Ärztelastigkeit in der Versorgung reduziert werden. Huss denkt hier auch an die Apotheken: „Beispielsweise muss Impfen in Apotheken oder die Schaffung von reinen Therapiepraxen ohne Ärzt:innen Teil einer zukünftigen Versorgung sein.
Vor diesen Herausforderungen steht auch eine andere Regierung.“ Der ÖGK-Obmann zieht eine wenig erfreuliche Prognose: „Wenn das nicht ermöglicht wird, drohen Einsparungen und Leistungskürzungen für unsere Versicherten.“