“Pfizergate”: Rückschlag für von der Leyen


Redaktion

Von der Leyen soll Chatverläufe zum Corona-Impfstoffdeal mit Biontech/Pfizer offenlegen.European Union 2020/Fred MARVAUX

Im Rechtsstreit um Textnachrichten an einen Pharma-Konzernchef hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Niederlage kassiert. Die Kommission habe “keine plausible Erklärung” gegeben, warum sie nicht über die angeforderten Dokumente verfüge, urteilte das Gericht der Europäischen Union am Mittwoch. Den Beschluss, die angefragten Nachrichten nicht herauszugeben, erklärte es für nichtig. Das Urteil in der sogenannten “Pfizergate”-Affäre ist noch nicht rechtskräftig.

Die EU versprach daraufhin “ausführlichere Erläuterungen”. Im Fokus steht ein Deal zwischen der Kommission und dem Impfstoff-Hersteller Biontech/Pfizer aus dem Frühling 2021. Die Parteien einigten sich auf die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff, das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt. Wie die “New York Times” berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla für den Abschluss entscheidend. Dabei sollen sie auch per SMS kommuniziert haben.

Journalistin beantragt SMS-Offenlegung

Eine Journalistin der “New York Times” beantragte daraufhin im Jahr 2022 zusammen mit ihrer Zeitung den Zugang zu sämtlichen Textnachrichten, die von der Leyen und Bourla zwischen dem 1. Jänner 2021 und dem 11. Mai 2022 ausgetauscht hatten. Die Kommission wies dies mit der Begründung ab, in ihrem Besitz befänden sich keine solchen Dokumente. Das fochten die Journalistin und ihre Zeitung vor dem EU-Gericht an.

Die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten soll dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz der EU-Organe befinden, größtmögliche Wirksamkeit verschaffen, teilte das Gericht am Mittwoch in einer Aussendung mit. In der Regel sollten somit alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Die EU-Kommission hätte plausible Erklärungen abgeben müssen, die es der Öffentlichkeit und dem Gericht ermöglichen, zu verstehen, warum diese Dokumente nicht auffindbar seien. “Im vorliegenden Fall beruhen die Antworten der Kommission zu den angeforderten Textnachrichten während des gesamten Verfahrens entweder auf Hypothesen oder auf wechselnden oder ungenauen Informationen”, hieß es.

Irreführung und Intransparenz

Der österreichische Journalist Alexander Fanta hatte die erste diesbezügliche Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Er hatte die Kommission im Jahr 2021 zur Einsichtgewährung in die Chats aufgefordert. Diese wies die Anfrage jedoch ab. Ombudsfrau O’Reilly sprach 2022 von einem Missstand in der Verwaltungstätigkeit und forderte Aufklärung durch die EU-Kommission.

“Das Urteil macht deutlich, dass die Kommission die New York Times in die Irre geführt hat. Das lässt an der Vertrauenswürdigkeit von von der Leyen und ihren Beamten zweifeln”, sagte Fanta von der investigativen Medienplattform “Follow the Money” gegenüber dem Nachrichtenmagazin “profil” (online). “Die Kommission sollte die Chats jetzt offenlegen, um das Vertrauen in ihren Umgang mit dem Thema Transparenz wiederherzustellen”, ergänzte der ehemalige APA-Journalist.

In der Vergangenheit bereits Daten gelöscht

Es ist nicht das erste Mal, dass es Ärger um SMS von der Leyens gibt. In ihrer Zeit als deutsche Verteidigungsministerin wurden die Daten auf einem ihrer Handys gelöscht. Das Verteidigungsministerium in Berlin begründete die Löschung 2019 mit einem “Sicherheitsvorkommnis”. Kritiker monierten, dass dadurch Beweise in der Berateraffäre verloren gegangen seien, in der es um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis zu Freunderlwirtschaft ging.

APAMED



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