Ethanol als CMR? Entscheidung vertagt


Annabell Wagner

Symbolbild: eine Frau gibt sich mit der einen Hand Desinfektionsmittel aus einem Pumpspender in die andere Hand
Die Entscheidung zur Neueinstufung von Ethanol als CMR wurde vertagt, daher sind ethanolhaltige Desinfektionsmittel weiter erlaubt.olenachukhil/AdobeStock_252204844

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) beschäftigt sich seit Längerem mit der Frage, ob Ethanol künftig als CMR – kanzerogen, mutagen und reproduktionstoxisch – eingestuft werden soll. Ende November sollte eine Stellungnahme vorliegen, doch bisher konnte keine Einigung erzielt werden. Somit bleibt die Entscheidung offen und Ethanol kann weiter unverändert unter anderem in Desinfektionsmitteln eingesetzt werden.

Letzte Woche sollte das Biozidprodukte-Komitee (BPC) der ECHA das eingeleitete Biozidverfahren zu Ethanol abgeschlossen haben und eine entsprechende Stellungnahme bezüglich der Einstufung von Ethanol in Biozidprodukten wie Desinfektionsmitteln als CMR – krebserregend (carcinogenic), erbgutverändernd (mutagen) und/oder fortpflanzungsgefährdend (reprotoxic) – der Kategorie 1A vorliegen. Doch die Entscheidung wurde vertagt und soll nun erst im kommenden Jahr fallen.

„Das BPC erörterte die Zulassung von Ethanol zur Verwendung in Hand- und allgemeinen Desinfektionsmitteln, konnte jedoch keine Stellungnahme zu den potenziellen Gefahren und Alternativen abgeben“, heißt es von der ECHA. Der Grund: Die Expert:innen konnten keine Einigung erzielen.

Ab Februar 2026 will das Komitee seine Arbeit wieder aufnehmen, mit einer endgültigen Stellungnahme wird jedoch laut der ECHA nicht vor Mai 2026 gerechnet. Erst im Anschluss daran trifft die Europäische Kommission ihre Entscheidung, die dann umgesetzt wird.

Zum Hintergrund: Die Biozidprodukte-Verordnung sieht vor, dass alle in Biozidprodukten verwendeten Wirkstoffe zugelassen werden, bevor wiederum die jeweiligen Produkte zugelassen werden können. Um die Sicherheit und Wirksamkeit der Stoffe zu bewerten, erstellt das BPC wissenschaftlich fundierte Gutachten.

Kein CMR: Desinfektionsmittel mit Ethanol weiter erlaubt

Damit können ethanolhaltige Desinfektionsmittel weiterhin uneingeschränkt eingesetzt werden. Bereits im Vorfeld der ursprünglich für Ende November terminierten Entscheidung zur möglichen Neueinstufung hatten Expert:innen verschiedener EU-Mitgliedsstaaten Alarm geschlagen und vor den damit verbundenen Folgen gewarnt. Unter anderem würden der Einsatz von Ethanol als Wirkstoff in Hand- und Flächendesinfektionsmitteln sowie Produktionsprozesse deutlich eingeschränkt und der Einsatz in Verbrauchsprodukten künftig ausgeschlossen.

Die Kritik am vom BPC eingeleiteten Verfahren: Die bisherige Gefahreneinschätzung basiere vor allem auf Daten zu missbräuchlichem oralen Alkoholkonsum. Im Rahmen einer professionellen Anwendung von Ethanol im Gesundheitsbereich finde eine Exposition jedoch nur über die Haut und in Ausnahmefällen inhalativ statt. Bisher gebe es keine Nachweise, dass eine entsprechende Anwendung von Desinfektionsmitteln und Co. eine CRM-Wirkung habe, wie zahlreiche internationale Organisationen, Verbände und Unternehmen deutlich gemacht haben.

Hinzu kommt, dass es bisher keine alternative Substanz mit ähnlicher nachgewiesener Wirksamkeit, Sicherheit und Verfügbarkeit gebe, was Ethanol unverzichtbar mache.



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