Qual der Wahl – gleicher Impfarm oder Seite wechseln?


Viktoria Gamsjäger

Der bewusste Wechsel der Injektionsseite könnte künftig zur Optimierung eines Impfschutzes beitragen.AdobeStock_74914611 / Africa Studio

Es ist weitgehend bekannt, dass der Abstand zwischen den Impfdosen maßgeblich für den Impferfolg ist. Neuere Daten deuten darauf hin, dass auch die Wahl des Impfarms bei der zweiten Dosis eine bedeutende Rolle spielt. Studien mit COVID-mRNA-Impfstoffen zeigen: Erfolgt die wiederholte Impfung in den gleichen Arm (ipsilateral), kommt es zu einer schnelleren Aktivierung lokaler Immunzellen. Wird die zweite Dosis hingegen in den anderen Arm verabreicht (kontralateral), folgt langfristig eine stärkere Immunantwort.

Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurde der Zusammenhang zwischen der Immunisierung und Wahl der erneuten Injektionsseite genauer betrachtet. In der kürzlich erschienen Studie wurde der Einfluss des Impfarms, ipsilateral oder kontralateral, bei der zweiten Booster-Dosis des BNT-mRNA-Impfstoffs auf die Antikörperantwort untersucht. 

Gleicher Arm: Schnellere Immunantwort

Daten aus dem Mausmodell legen nahe, dass wiederholte Impfungen am selben Arm den bereits zuvor stimulierten Lymphknoten anregen und so die Antikörperantwort diversifizieren. Tatsächlich zeigt die ipsilaterale Impfung eine überlegene frühe Produktion des Corona-Spike-Proteins. Es kommt zu einer schnelleren Mobilisierung der Gedächtnis-B-Zellen im lokalen Lymphknoten. Insgesamt deuten diese Daten darauf hin, dass die Boosterung am selben Arm die Qualität und Quantität der Immunantwort frühzeitig optimiert. 

Gerade in epidemischen Situationen ist sowohl die schnelle Bildung hochwirksamer Antikörper als auch das Wissen über deren Optimierung besonders wichtig. Das übergeordnete Ziel besteht darin, in solchen Situationen möglichst rasch eine Herdenimmunität zu erreichen. 

Eine retrospektive Analyse von über 2,6 Millionen mit BNT162b2 geimpften Personen zeigte, dass rund 88 Prozent eine ipsilaterale Boosterung und der Rest eine kontralaterale Boosterung erhielten. 
Die kurzfristige Wirksamkeit war bei der ipsilateral geboosterten Gruppe im Vergleich zur kontralateral geboosterten Gruppe höher. Hier kam es seltener zu positiven PCR-Tests auf SARS-CoV-2 innerhalb von 38 Tagen nach der zweiten Dosis.

Langzeitbeobachtungen ergaben: Die Vorteile der ipsilateralen Boosterung sind jedoch nach etwa vier Wochen vernachlässigbar, da sich die Unterschiede der Antikörperspiegel langfristig ausgleichen.

„Placement-Effekt“: Armwechsel erhöht Antikörperzahl

Der sogenannte „Placement-Effekt“ scheint insbesondere bei der ersten Booster-Impfung, also der zweiten Impfdosis, eine Rolle zu spielen. In einer Studie mit 947 Personen war ein Armwechsel mit einer höheren Konzentration von Spike-bindenden Antikörpern assoziiert. 

Bei einer kontralateralen Auffrischimpfung kommt es zu einer leichten Verbesserung der Affinitätsreifung und Expansion der B-Zellen. Nach acht Monaten zeigt sich ein deutlicher Langzeitvorteil, der sich auch über ein Jahr nach der Impfung weiter verstärkt. Es wird vermutet, dass nach etwa zwei bis drei Wochen ein Zeitpunkt auftritt, ab dem die kontralaterale Auffrischimpfung der ipsilateralen überlegen ist. Weiters wurden signifikant höhere und breitere Antikörpertiter, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Impfintervall, bei kontralateraler mRNA-Impfung nachgewiesen.

Die Mechanismen, wie die Wahl der Injektionsstelle die humorale Immunität beeinflusst, sind bislang kaum verstanden. Tiermodelle deuten an, dass die Injektionsstelle die Rekrutierung unterschiedlicher B-Zell-Populationen beeinflusst, was langfristig zu einem größeren Gedächtnis-B-Zell-Pool führt.

Fazit: Die ipsilaterale Auffrischimpfung ist wohl mit einer effizienteren Rekrutierung der B-Zell-Nachkommen in sekundäre Keimzentren verbunden. Im Gegensatz dazu korreliert die kontralaterale Auffrischungsimpfung mit einer größeren Beteiligung neu aktivierter naiver B-Zellen.

Eine mRNA-Impfung im gleichen Arm fördert eine schnelle Immunantwort, während ein Armwechsel hingegen langfristig die Antikörpertiter stärkt. Der bewusste Wechsel der Injektionsseite könnte somit zur Optimierung des Impfschutzes beitragen. Die Rolle der Armauswahl bei späteren Impfungen, wie etwa der dritten Dosis, ist derzeit noch wenig erforscht, dürfte aber von geringerer Relevanz sein.



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