Riechen statt essen: Den Hunger wegschnüffeln


Redaktion

Frau steht am Herd und riecht am Kochlöffel.
Wer Nahrung vorab riecht, isst weniger – zumindest gilt das bei Mäusen.nenetus/AdobeStock_217575893

Kein Hunger mehr nach dem Kochen? Wissenschafter scheinen nun den Grund dafür herausgefunden zu haben. Eine Forschungsgruppe des Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung identifizierte ein Netzwerk von Nervenzellen, die für diesen Effekt verantwortlich sein dürften. Durch den Geruch von Nahrung wird eine Verbindung von der Nase zu bestimmten Nervenzellen im Gehirn aktiviert und in Folge ein Sättigungsgefühl ausgelöst.

Bereits frühere Studien gaben einen Hinweis darauf, dass sensorische Maßnahmen das Essverhalten beeinflussen. Der weithin bekannte Pawlowsche Hund ist ein Beispiel dafür. Eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung untersuchte nun den Einfluss von Gerüchen, genauer gesagt Nahrungsgerüchen, auf das Essverhalten von Mäusen. Die Wissenschafter:innen indentifizierten eine direkte Verbindung von der Nase der Mäuse zu bestimmten Nervenzellen im Gehirn. Diese werden durch den Geruch von Nahrung aktiviert und lösen ein Sättigungsgefühl aus.

Die Wissenschafter:innen untersuchten Mithilfe von Gehirnscans, welche Regionen im Gehirn der Mäuse auf Futtergerüche reagieren. Dabei konnten sie eine neue Gruppe von Nervenzellen in dem medialen Septum identifizieren. Die Reaktion auf Essbares findet in zwei Schritten statt: Wenn die Maus Nahrung riecht, werden die Nervenzellen aktiv und erzeugen ein Sättigungsgefühl. Dies geschieht innerhalb weniger Sekunden, da sie direkt mit dem olfaktorischen Bulbus (Riechkolben) verbunden sind. Sobald die Maus zu essen begann, wurden die Nervenzellen im zweiten Schritt gehemmt. Insgesamt aßen die Mäuse weniger, wenn die Nervenzellen vor dem Essen aktiv waren.

Wer kürzer frisst, lebt länger

„Wir glauben, dass dieser Mechanismus den Mäusen in freier Wildbahn dabei hilft, sich vor Raubtieren zu schützen. Indem sie kürzer fressen, verringern sie die Wahrscheinlichkeit, gefangen zu werden“, erklärt Janice Bulk, Erstautorin der Studie.

Was die Entdeckung der Forschenden besonders spannende macht: Bei fettleibigen Mäusen war keine Aktivierung der entsprechenden Gehirnregion durch Essensgeruch messbar. Ebensowenig bei Mäusen, denen der Geruchssinn genommen wurde. Es war bereits bekannt, dass Fettleibigkeit den Geruchssinn beeinträchtigt, was sich auch auf die Aktivität der Nervenzellen im olfaktorischen Bulbus auswirkt. Die neu identifizierte Gruppe von Nervenzellen könnte davon betroffen sein. Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass bei der Behandlung von Übergewicht dem Umgang mit Gerüchen vor dem Essen möglicherweise mehr Bedeutung geschenkt werden sollte.

Auswirkung beim Menschen noch unklar

Das menschliche Gehirn enthält nämlich die gleiche Gruppe von Nervenzellen wie das der Maus – es ist jedoch noch nicht bekannt, ob diese Nervenzellen auch auf Essensgerüche reagieren. Studien anderer Forschungsgruppen haben gezeigt, dass das Riechen bestimmter Gerüche vor einer Mahlzeit den Appetit verringern kann. Im Gegensatz dazu wurde in anderen Studien gezeigt, dass in der gleichen Situation von übergewichtigen Personen deutlich mehr gegessen wird.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, den Geruchssinn bei der Appetitregulierung und der Entstehung von Fettleibigkeit zu berücksichtigen. Unsere Studie zeigt, wie stark unsere täglichen Essgewohnheiten durch den Geruch von Lebensmitteln beeinflusst werden. Da wir herausgefunden haben, dass dieser Signalweg nur bei normalgewichtigen Mäusen den Appetit reduziert, nicht aber bei fettleibigen Mäusen, eröffnet unsere Studie einen neuen Ansatz, um übermäßiges Essen bei Adipositas zu reduzieren“, sagt Sophie Steculorum, Leiterin der Studie und Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung.

MEDWISS.ONLINE/NATURE



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