Eine aktuelle Querschnittsstudie zu den Ernährungsgewohnheiten von Patient:innen unter einer GLP-1-Rezeptor-Agonisten-Therapie zeigt, dass zwar ausreichend B-Vitamine und bestimmte Mineralstoffe aufgenommen werden, jedoch die empfohlene Zufuhr vieler lebenswichtiger Nährstoffe, Ballaststoffe und Proteine deutlich unterschritten wird. Für diese Patientengruppe wird eine gezielte Ernährungsberatung daher als sinnvoll erachtet.
Glucagon-like Peptid-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1RA) haben die medikamentöse Therapie der Adipositas deutlich vorangebracht und werden in den Medien oft als sogenannte „Abnehmspritzen“ bezeichnet. Sie wirken unter anderem, indem sie das Hungergefühl und die Sättigung beeinflussen. Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen können nicht nur die Nahrungsaufnahme reduzieren, sondern auch die Verwertung und Zufuhr essenzieller Mineralstoffe beeinträchtigen – insbesondere, wenn über längere Zeit nur einseitig oder unzureichend gegessen wird. Bislang ist jedoch nur wenig darüber bekannt, welchen Einfluss diese Medikamente auf die Aufnahme von Nährstoffen haben.
Ziel einer US-amerikanischen Studie war es, die Nährstoffzufuhr unter Verwendung eines GLP-1RA mit den Referenzwerten der Dietary Reference Intakes (DRI) zu vergleichen. Es wurde eine Querschnittsstudie mit Personen durchgeführt, die seit mindestens einem Monat einen GLP-1RA einnahmen. Die Teilnehmer:innen füllten einen Onlinefragebogen aus und führten ein 3-tägiges Ernährungstagebuch. Die Wissenschaftler berechneten mit Hilfe statistischer Methoden durchschnittliche Nährstoffzufuhren der Teilnehmer:innen. Die Mittelwerte wurden mit den DRI-Referenzwerten verglichen. Die selbstberichteten MyPlate-Portionen (Angaben zum Nahrungsmittelverzehr) wurden mit den tatsächlichen Aufzeichnungen aus dem Ernährungstagebuch verglichen.
Unzureichende Aufnahmemenge
Im Rahmen der Untersuchung wurden 69 Studienteilnehmer:innen befragt. Im Vergleich zu den DRI-Referenzwerten wiesen die Studienteilnehmenden ausreichende Zufuhrmengen bei B-Vitaminen, Kupfer, Phosphor, Selen und Zink auf.
Unzureichende Aufnahmemengen wurden bei folgenden Nährstoffen festgestellt:
- Ballaststoffe: 14,5 g (95 Prozent Konfidenzintervall, KI: 12 – 17)
- Kalzium: 863 mg (95 Prozent KI: 756 – 970)
- Eisen: 12,1 mg (95 Prozent Konfidenzintervall, KI: 11 – 13)
- Magnesium: 266 mg (95 Prozent KI: 236 – 297)
- Kalium: 2186 mg (95 Prozent KI: 1 969 – 2 402)
- Cholin: 305 mg (95 Prozent KI: 268 – 342)
- Vitamin A: 560 µg RAE (95 Prozent KI: 469 – 651)
- Vitamin C: 51 mg (95 Prozent KI: 41 – 61)
- Vitamin D: 4 µg (95 Prozent KI: 3 – 5)
- Vitamin E: 9,6 mg (95 Prozent KI: 8 – 11)
Obst-, Gemüse- und Proteinzufuhr zu niedrig
Alle Werte waren mit p <0,00156 statistisch signifikant. Zudem überschritten die Teilnehmenden die empfohlene Kalorienaufnahme aus Fett (39,9 Prozent; 95 Prozent KI: 38 – 42) und gesättigten Fettsäuren (26 g; 95 Prozent KI: 26 – 26), ebenfalls p <0,00156. Die empfohlenen Portionen der MyPlate-Richtlinien (Obst, Gemüse, Getreide, Milchprodukte) wurden nicht erreicht (p <0,01). Der Proteinanteil am Gesamtenergiebedarf lag im akzeptablen Bereich (AMDR), aber in Bezug auf g/kg Körpergewicht pro Tag war die Proteinzufuhr signifikant zu niedrig.
Die Studienergebnisse zeigen, dass Patient:innen unter einer GLP-1RA-Therapie zentrale US-amerikanische Empfehlungen zur Nährstoffaufnahme nicht erreichen – insbesondere im Hinblick auf Ballaststoffe, Eiweiß sowie bestimmte Vitamine und Mineralstoffe. Angesichts des erhöhten Nährstoffbedarfs während einer Gewichtsreduktion empfehlen die Autor:innen eine individuell abgestimmte Ernährungsberatung, um potenziellen gesundheitlichen Risiken vorzubeugen. Für fundierte Empfehlungen seien künftig größere Studien notwendig, die diese ersten Erkenntnisse untermauern und gezielte Ernährungskonzepte ermöglichen.
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