EuGH: Kein Bio-Siegel für Arzneitees


von

Patrick Hollstein

Auf Arzneimittel dürfen keine “unnötigen” Aufdrucke sagt der EuGH.AdobeStock_44410510/ferkelraggae

Oftmals wird in der Apotheke gefragt, ob der Arzneitee auch Bio sei. Ein diesbezügliches Gütesiegel darf aber nicht auf die Packung, hat nun der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshof bestätigt. Klagsgegenstand war Arzneitee von Salus.

Der „Salus Arzneitee Salbeiblätter“ ist mit dem offiziellen EU-Logo für ökologische Produkte versehen. Auch für den Tee „Frauenmantelkraut“ wolle der Hersteller das Signé verwenden; für den „Bio Nerven-Beruhigungstee“ sollte auf der Verpackung außerdem ein firmeneigenes Bio-Logo aufgebracht werden.

Strenge Regelung für Arzneimittel

Der Konkurrent Astrid Twardy war gegen die Angaben nach § 10 Abs. 1 Satz 5 Arzneimittelgesetz (AMG) vorgegangen. Demnach sind Informationen, die nicht zu den Pflichtangaben gehören, nur zulässig, sofern sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patient:innen wichtig sind und den vorgeschriebenen Inhalten der Fachinformation nicht widersprechen.

Für Salus endete vor dem EuGH ein bereits 13 Jahre dauernder Kampf. Laut Generalanwalt kann ein „traditionelles pflanzliches Arzneimittel“ im Sinne der Richtlinie 2001/83 nicht gleichzeitig als „traditionelle pflanzliche Zubereitung auf pflanzlicher Basis“ im Sinne der Verordnung 2018/848 eingestuft werden; nur für Letztere ist aber die Verwendung des EU-Logos vorgesehen.

Biosiegel keine obligatorische Angabe

„Arzneimittel sind nicht wie andere Erzeugnisse. Sie werden nicht auf die gleiche Art und Weise verkauft und konsumiert wie Erzeugnisse aus ökologischem/biologischem Anbau. Arzneimittel werden auf spezifische Art und Weise verwendet, und ihre Verwendung unterliegt besonderen Vorsichtsmaßnahmen hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit“, so der Generalanwalt. Dieser Grundsatz gelte aber für alle Arzneimittel, einschließlich traditioneller pflanzlicher Arzneimittel, unabhängig davon, ob sie aus ökologischem/biologischem Anbau stammten oder nicht.

Ein Biosiegel gehöre nicht zu den obligatorischen Angaben; die Information über die Herkunft sei für die richtige Verabreichung des Arzneimittels nicht notwendig. Vor allem aber könnte ihre Anbringung auf der Umhüllung „eine angeblich bessere Qualität des Erzeugnisses suggerieren oder andeuten und auf diese Weise zu einem Irrtum über seine therapeutischen Eigenschaften verleiten oder entgegen den Bestimmungen […] der Werbung dienen“.

Therapeutisch relevanten Informationen müssen erkennbar bleiben

All dies könne zu Verwirrung führen: „Der Patient wird mit einem Übermaß an Informationen und den verschiedensten Angaben konfrontiert, unter denen er nur schwer diejenigen, die in therapeutischer Hinsicht relevant sind, von denjenigen, die keine Auswirkungen auf seine Gesundheit haben, unterscheiden kann.“

Aus zwei weiteren Gründen könne es zu einer Irreführung des Patienten kommen: „Es besteht die Gefahr der Gleichsetzung von Arzneimitteln mit ökologischen/biologischen Konsumgütern, die im Allgemeinen mit diesen Informationen gekennzeichnet sind, und die Gefahr der Annahme einer höheren therapeutischen Wirksamkeit der Zubereitung. Insoweit darf nicht vergessen werden, dass der Kauf eines traditionellen pflanzlichen Arzneimittels ohne Verschreibung möglich ist (und in der Regel auch erfolgt), das heißt ohne vorherige Intervention eines Angehörigen der Gesundheitsberufe.“

Siegel als Werbemittel

Aufgabe des zuständigen Oberlandesgerichts (der Firmensitz von Salus ist im Bayrischen Brückmühl) sei nun die Klärung der Frage, ob das Biosiegel oder entsprechende Elemente einen Werbecharakter haben. Dies sei dann zu bejahen, wenn

  • sie nicht in medizinischer Hinsicht wichtig sind: „Sie beruhen in einem solchen Fall kaum auf einem nicht wirtschaftlichen Interesse des Herstellers, wie dem bestmöglichen Schutz des Patienten vor den Risiken der Selbstmedikation.“
  • das Arzneimittel nicht verschreibungspflichtig ist: „In einem solchen Fall richten sich die Informationen an den Patienten und erreichen ihn, ohne dass ein Angehöriger der Gesundheitsberufe beteiligt ist, und können den Patienten so direkt zu einer Kaufentscheidung veranlassen.“
  • sie nicht mit den vorgesehenen Angaben übereinstimmen
  • sie für die Öffentlichkeit leicht zugänglich sind: „Jeder, der das Erzeugnis in die Hand nimmt, wird die Angaben sofort finden, ohne dass er besondere Nachforschungen anstellen muss.“

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